Saiten aufziehen: generelle Tipps
Wann und warum man sein Instrument neu besaiten sollte, obwohl alle Saiten noch aus einem Stück bestehen steht hier...
Wie man Saiten aufzieht, und welche Fehler man vermeiden sollte, versuche ich unten in Wort und Bild zu beschreiben. Das ist nicht einfach, aber erstens kann man es lernen, und zweitens sind ordentlich aufgezogene Saiten wichtig für die Stimmstabilität. Es lohnt, sich Mühe zu geben!
Was ich vermeiden würde:
- Wenn man oben auf der Mechanik die Saiten einfach durchsteckt und dann fein säuberlich parallel aufspult, geben besonders die glatten Plastiksaiten wochenlang nach. Siehe Bild 7 - 11.
- Wenn man unten am Steg die "letzte Überschneidung" nicht hinter die Stegkante legt, kann die Saite am Steg auch nachgeben und sich schlimmstenfalls "aus der Schlinge ziehen". Siehe Bild 2 - 4.
- Manche Leute stopfen die Saiten an Steg und Mechanik zweimal durch die Löcher und weben die Saitenenden am Steg durch die Schlaufen der anderen Saiten (Bild 5). Der nächste, der die Saiten wechselt, braucht viel Zeit, Pinzetten und Zangen - mir gefällt das nicht so gut.
- Man spult die Saiten so auf, dass sie oben über die Walze der Mechanik laufen, weil es sonst Knicke und Scheuerstellen gibt, die das Leben der Saiten verkürzen und das Stimmen erschweren. Siehe Bild 13.
Einige Tipps:
- Wenn die Wirbel sich nur schwer bewegen lassen, ist das Saitenaufziehen die Chance, einen Tropfen Nähmaschinenöl oder Silikonöl auf Schnecke und Zahnrad zu geben. Da man viel zu drehen hat, wird das Öl gründlich verteilt.
- Ich ziehe fast immer die Saiten eine nach der anderen auf. Dann ist das Stimmen leichter. Nur wenn ich vorhabe, meine Gitarre zu reinigen, nehme ich alle Saiten herunter.
- Oben auf der Walze ein bisschen Saite aufspulen und ein paar Zentimeter überstehen lassen sieht vielleicht nicht super ordentlich aus. Aber meistens reißen Saiten an der Stegeinlage, oder die Leihgitarre geht an einen Linkshänder... dann freut man sich über ein paar Zentimeter "Reserve" und kann die Saite noch einmal verwenden.
- Wenn die Saiten drauf sind, sollte man sie ein bisschen "kneifen", damit sie schneller die Stimmung halten.
Befestigung am Steg
Sicherheit: damit die Saiten halten
Eine mysteriöse Macke, die man häufiger sieht...
Das Ende der Plastiksaiten, das am Steg landet, halte ich an eine Flamme, schmelze es so an und mache einen Knoten. (Bild rechts und Bild 6) Plastiksaiten sind glatt und ziehen sich schlimmstenfalls ganz aus der Befestigung.
Die typische Macke im Bild unterhalb der e-Saite liegt nach Auskunft eines Fachmannes daran, dass kein Knoten gemacht wurde. Mit Pech zieht sich die Saite aus der Schlinge, flutscht dann mit Tempo ganz heraus und knallt auf die Decke.
Die Basssaiten brauchen keine Knoten am Steg. Sie haben häufig ein Ende, das "lückenhaft" (in Bild 4 die dickste Saite) umsponnen ist. Dieser Teil legt sich leichter um die engen Kurven im Steg und hält sich gut an sich selbst fest. Man sollte aber darauf achten, dass auf der Stegeinlage schon die "richtige" Umspinnung liegt.
Los geht's
Die Saite wird durch die Bohrung im Steg vom Griffbrett her über die Stegeinlage Richtung Korpusende geführt. Vor dem Steg lässt man ca. 3 - 4 cm überstehen (Bild 1). Dieses Ende, das ich bei den Plastiksaiten noch mit dem Knoten versehe, wird zwischen Steg und Stegeinlage unter der Saite durchgeführt (Bild 2), dann umschlingt man die Saite damit noch ein oder zwei Mal.
Überschneidung hinter der Kante
Man sollte darauf achten, dass die letzte Überschneidung (wichtig!) hinter der Stegkante zu liegen kommt (Bild 3 und 4). Wenn diese letzte Überschneidung oben auf dem Saitenhalter liegt, wird sich die Saite lange verstimmen, weil sie viel Platz zum Nachgeben hat.
Saitenenden abschneiden
Bitte die Saitenenden nicht so lang lassen, dass sie auf der Decke liegen! Sonst darf man sich über Surrgeräusche nicht wundern. Die Saitenenden unter den Schlingen der Nachbarsaiten zu verweben (Bild 5) ist auch nicht toll, das merkt man spätestens, wenn man eine einzelne Saite austauschen muss!
Wer hier die d-Saite wechseln muss, hat viel Spaß!
Der Vorsichtige: Knoten und angeschmolzene Saitenenden!
Befestigung am Kopf
Oben am Kopf führt man die Saite durch die Bohrung in der Walze, holt einige Zentimeter wieder nach vorne (Bild 7) und umschlingt diese mit der Saite (Bild 8). Dann fängt man an aufzuspulen.
Zu stramm - zu locker?
Wenn die Saite schon ziemlich stramm ist, bevor man mit dem Aufspulen beginnt, kann der folgende Schritt, das Überqueren "der ersten Runde" (Bild 10) schwierig werden. Wenn man andererseits die Saite sehr locker läßt, muss man sehr viel kurbeln und bekommt sehr viele "Runden", die immer näher an die Holzwange des Kopfes rücken. Bis die Saite ihre Tonhöhe erreicht, ihre Spannung von null auf fünf oder sechs Kilopond gebracht ist, muss man ganz schön arbeiten (da freut man sich über eine Saitenkurbel (Bild 12)). Zuviel aufgespulte Saite ist nicht gut und die Stimmung hält nicht so schnell.
Spulrichtung
Bei A, d, g und h - Saite spule ich zuerst nach außen (Bild 9), dann lege ich die Saite über das bereits Aufgespulte und spule innen den Rest auf (Bild 10). Das gibt zusätzlichen Halt!
Bei den E-Saiten mache ich es umgekehrt. Dabei achte ich darauf, dass die Saite sich nicht in die Holzwange drücken kann (Bild 11). Dann kann nämlich die Saite schnell durchscheuern, oder im Extremfall das Holz gesprengt werden.
Also: erst in die "falsche" Richtung spulen, dann wechseln und zum Schluss möglichst gerade auf die Rille im Sattel zulaufen lassen, dann reagiert die Saite auch am präzisesten beim Stimmen.
Saitenkurbel, Freund und Helfer...
Richtig herum aufspulen
Die Diskantsaiten sind von unten aufgespult - die g-Saite scheuert an der mittleren Walze, die h-Saite an der e-Saitenwalze, und die e-Saite scheuert an der Holzkante. Wer stimmen will dreht garantiert erst in die falsche Richtung...
Man spult so, dass die Saite oben über die Walze läuft - sonst (Bild 13) gibt es scharfe Knicke und Scheuerstellen, und es irritiert beim Stimmen!
Kontrolle am Steg
Kurz bevor die Saite "Spannung" bekommt, schaue ich noch mal nach der "letzten Überschneidung" am Steg (siehe oben und die Bilder 4 und 6)!
Etwas zu viel aufspulen
Man kann natürlich oben möglichst wenig aufspulen und kurz abschneiden, dann hat man weniger Arbeit. Allerdings reißen Saiten wenn, dann meist am Steg, und dann freut man sich, wenn oben noch die entscheidenden fünf Zentimeter vorhanden sind. Eine neue Saite ist zwar besser, aber - so kann man die Saite noch mal aufziehen.
Stimmstabilität - Saiten kneifen
Wenn die Saiten drauf sind, merkt man bald, dass sich die Gitarre ständig verstimmt. Es gibt viele Kurven und Schlingen, in denen sich die Saiten recken und strecken.
Um diesen wochenlangen Spaß abzukürzen, nimmt man Saite für Saite zwischen Daumen und Zeigefinger, und "kneift" die Saite ein wenig, indem man die Saite entlang fährt und dabei immer vorsichtig dehnt (Bild 14), und wenn ich möchte, dass meine Gitarre in zwei Tagen zuverlässig stimmt, mache ich das viele Male. Das tut zwar ein bisschen an den Fingern weh, lohnt aber die Mühe.
Kurven und Schlingen
In Bild 15 kann man sehen, dass sich besonders die Bässe nicht gleich an alle Ecken anschmiegen. Die E-Saite sieht schon gut aus, aber die Schlinge der A-Saite ist noch sehr breit. Das gibt sich natürlich, wenn man die Saite hochstimmt und kneift, trotzdem drücke ich hier auch die Schlinge ein bisschen zusammen und versuche, das "sich setzen" etwas zu beschleunigen.
Über das Stimmen der Gitarre kann man an anderer Stelle lesen, Stimmtöne erklingen hier.
Vielleicht zieht man die ersten Male die Saiten kurz vor der nächsten Gitarrenstunde auf, damit der Lehrer nachkontrollieren kann. Aber auf alle Fälle sollte man seine Gitarre selber besaiten können!
Stege mit zwölf Löchern
Neben den "normalen" Saitenhaltern mit je einem Loch pro Saite gibt es solche mit zwölf Löchern. Ich weiß nicht, ob ich die Befestigung hier einfacher finden soll - wegen der jahrzehntelangen Übung mit der konventionellen Methode beherrsche ich diese im Schlaf. Natürlich gibt es Stege, die so gemacht sind, dass es schwierig ist, die "letzte Überschneidung" wirklich hinter die Kante zu legen, aber das kann bei der 12-Loch-Methode auch hakelig sein.
Bei der Doppelloch-Befestigung hält die Saite die Stimmung vielleicht schneller? Trotzdem ist auch hier das Dehnen der Saiten hilfreich.
In Bild 16 sieht man die zwei Löcher für die d-Saite. Man schiebt die
Saite vom Griffbrett her durch das von dort aus gesehen linke Loch; in
Bild 17 ist sie allerdings noch nicht weit genug geschoben.
In
Bild 18 habe ich das etwas längere Saitenende wieder auf die
Griffbrettseite geholt und bin dabei, es in das zweite Loch einzufädeln.
In Bild 19 ist die Saite durchgeschoben, das vordere Ende versuche ich dann ein bisschen zu biegen, damit es - in Bild 20 zu sehen - unter die Schlaufe geschoben werden kann. Wenn die Saite dann etwas Spannung bekommt, wird das Saitenende unter der Schlaufe festgehalten, siehe Bild 21.
Auch diese Befestigungsmethode ist eine ziemliche Fummelei, Saitenenden sind widerspenstig, je nach Beleuchtung, Sehschärfe und Holzfarbe (gerne dunkel, wie die Löcher) muss man etwas herumturnen um etwas zu sehen - aber diese Stege sind sehr elegant.
Man sollte die Kunststoffsaiten, besonders die hohe e-Saite, aber wirklich gut mit Knoten und Anschmelzpunkt absichern, damit man nicht diese schöne Holzverletzung bekommt, die ich oben fotografiert habe.
E-Gitarren und Linkshändergitarren
Das Saitenaufziehen auf E-Gitarren oder Westerngitarren ist ein durchaus anderer Job, da Stahlsaiten ein völlig anderes Material sind. Eine Beschreibung dazu und vielem mehr gibt es auf der gut gemachten und informativen Seite der Firma Rockinger.
Man sollte aber nie Stahlsaiten auf eine Konzertgitarre aufziehen!
Wenn man eine Gitarre für einen Linkshänder umbesaiten muss, tauscht man die Saiten gegeneinander aus: die 6. Saite kommt dahin wo die erste war und umgekehrt, die 5. Saite an den Platz der zweiten und so weiter. Dabei gibt es an Steg und Sattel aber auch einiges zu beachten!