Halbtonschritte und Größe
Oben habe ich als Beispiel aufgeführt, dass es sehr verschiedene Quinten gibt. Um ein Intervall richtig benennen zu können, muss man zu jedem noch seine genaue Größe in Halbtonschritten kennen. Um sie zu ermitteln, muss man die Halbtonschritte abzählen, die zwischen den Tönen liegen.
Wie man dies richtig macht wird hier also besprochen, nachdem erklärt wurde, wie man
die
Intervallnamen
abzählt, aber bevor die
Intervallarten "rein, groß,
klein, vermindert und übermäßig" ordentlich vorgestellt werden.
Diese Abfolge ist
vielleicht nicht gut, aber ich finde die Technik zu beherrschen zunächst wichtiger.
Regel für die Halbtonschritte
Hierbei zählt man den ersten Ton nicht mit, weil man Schritte zählt!
Beispiel 1:
c - g: Zähle
von c nach
cis (1. Schritt), nach d (2. Schritt), nach
dis (3), nach e (4), nach
f (5), nach fis (6), nach
g (7).
Die Quinte c - g hat also sieben
Halbtonschritte.
Beispiel 2:
c - gis: Zähle
von c nach
cis (1), nach d (2), nach
dis (3), nach e (4), nach
f (5), nach fis (6), nach
g (7), nach gis (8).
Die Quinte
c - gis umfasst acht Halbtonschritte, ist also größer und wird auch
nicht einfach nur "Quinte", sondern "übermäßige Quinte" heißen.
Regel für Namen und Halbtonschritte zusammengefasst
Es ist wichtig, dieses Konzept der Interrvalllehre zu verstehen und akzeptieren:
Wenn man nach dem Namen eines Intervalls sucht, zählt man den Ausgangspunkt mit, denn es gibt ja die Prime.
Wenn man die genaue Größe eines Intervalls sucht, zählt man den Ausgangspunkt nicht mit, denn man muss für den Schritt, der den Wert "eins" hat, den Ausgangspunkt verlassen!
Eine Prime hat den Abstand null Halbtonschritte, weil man eben nirgendwo hin schreitet. Ein Kind ist erst ein Jahr alt, wenn es den Tag des ersten Geburtstags erreicht hat. Ein 10-Kilometerlauf ist erst zuende, wenn man den zehnten Kilometerstein passiert hat.
Zwei Rechnungen gleichzeitig
Wenn man ein Intervall ausrechnet oder bildet, führt man also eigentlich
immer zwei Rechnungen durch: man fragt sich zuerst: "Wie heißt überhaupt die Sexte über
Ton X?", und danach "Wie heißt die übermäßige Sexte?". Oder:
"Was ist
c-ais für ein Intervall?" Antwort: "Irgend eine Sexte." Zweite Frage:
"Wie groß ist die Sexte genau in Halbtonschritten?"
Fehler vermeiden
Die Intervalle c-ais und c-b haben verschiedene Auflösungen.
Man darf nie den Fehler machen, Töne einfach "umzutaufen"! Wer das Intervall c-ais (eine übermäßige Sexte!) untersuchen soll, und als erstes sagt "Das ist ja dasselbe wie c-b, also eine Septe", macht einen Fehler. Die Intervalle c-ais und c-b sind NICHT dasselbe!
Mir fällt kein Beispiel ein, mit dem man diesen Fehler vergleichend darstellen könnte, Musik ist
ja schließlich eine besondere Kunst. Tatsache ist: man hört zwei Töne, die eine physikalische
Frequenz haben, und sagt: "Ich höre zwei Töne".
Da aber davor oder danach andere Töne erklingen, stellt man einen Zusammenhang her und
interpretiert ihn. Mal hört man dann c-ais, ein anderes Mal
c-b, weil das Intervall sich in eine bestimmte Richtung auflöst. Wenn es
sich nicht um absolut atonale Musik handelt, kann man immer ein "richtiges Ergebnis" hören, und
wenn man die Töne nicht nur hört, sondern die Noten sieht, gibt es sowieso nur eine Lösung, denn
c-ais ist eine Sexte, Ende der Diskussion!
Umgedeutete Intervalle
Manchmal wird ein Intervall vom Komponisten
umgedeutet, das heißt er schreibt zunächst c-b,
ändert dann den harmonischen Kontext und nennt den oberen Ton
ais. Das passiert in
Modulationen, ändert aber gar nichts
an dem bisher gesagten, denn erst hieß das Intervall c-b und war eine
Septime, dann heißt es im neuen Zusammenhang c-ais, ist eine Sexte und
leitet etwas Neues ein.
Die Sexte und die Septime sind aber immer noch nicht dasselbe!
Fehler in Noten
Es kann natürlich passieren, dass ein Komponist und/oder ein Herausgeber von Noten Fehler (oder
Flüchtigkeitsfehler) macht, oder sagen wir vorsichtiger: etwas schreibt, worüber man anderer
Meinung sein könnte.
Wer den Akkord Fis7, also fis-ais-cis-e mit der großen Terz
ais schreibt, das ais aber als
b notiert, weil er meint, diese Note sei geläufiger und deshalb
entspannter zu lesen, ärgert Menschen, die den Dominantseptakkord als solchen erkennen und
wissen, dass er ein ais enthält, und kein b.
Rechtschreibfehler werden halt von Menschen bemerkt, die richtig schreiben können, und
Intervalle sind echt schwierig!