Gitarre und Musiklehre, U. Meyer

Teile der Gitarre - vorne

Grundsätzlich besteht eine Gitarre aus Korpus, Hals und Kopf. Der Korpus verstärkt den Klang, über den Hals laufen die Saiten, am Kopf ist die Mechanik zum Stimmen angebracht.

Kopf

Herz oder Pik

Der Kopf (1, siehe Bild unten) gehört zu den Teilen, an denen sich der Gitarrenbauer austoben kann: bei teuren Instrumenten manchmal mit durchbrochener Arbeit, vielen Randeinlagen und mit Emblemen verziert, die nicht immer den Charme der Herzchen auf Renaissancelauten haben...

Die Mechanik (2) sollte leicht und präzise laufen. Beim Saitenwechseln ist die Gelegenheit, ein bisschen Öl auf Schnecke und Zahnrad zu geben. Mechaniken können je nach Ausführung wenige Euro oder mit Kugellagern ausgestattet viele hundert Euro kosten. Die Abstände der Bohrlöcher sind genormt - wenn man die Mechanik austauschen möchte, geht das in der Regel problemlos.

Die Welle der Mechanik (3), wichtig für das Aufziehen der Saiten. Die Wellen auf Konzertgitarren mögen auf Dauer keine Stahlsaiten.

Hals

Der Hals verbindet Korpus und Kopf. Er besteht aus gut abgelagertem Holz oder aus mehreren verleimten Holzschichten, damit er sich nicht verzieht. Besonders bei E-Gitarren und E-Bässen ist ein verstellbarer Stahlstab eingebaut, mit dem man die Halsneigung korrigieren kann.

Die Saiten laufen über den Sattel (4), der bei einer ordentlichen Gitarre unter den Saiten klemmt. Dadurch kann man ihn austauschen, als Ganzes niedriger feilen oder etwas unterlegen, um ihn zu erhöhen. Die Saitenlage der einzelnen Saiten wird natürlich durch feilen eingestellt. Um eine schön bequeme, aber nicht zu niedrige Saitenlage zu bekommen, muss sich der Gitarrenbauer Zeit nehmen und genau arbeiten - ein wichtiges Detail!

Gitarre vorne

Der Zwischenraum (5) zwischen zwei Bundstäben heißt "Bund". Man greift möglichst dicht am gemeinten Bundstab; wenn man den Finger auf den Bundstab setzt entsteht ein etwas abgedämpfter Ton.

Die Bundstäbchen (6) haben ihren Namen daher, dass auf Lauten, Gamben, Vihuelen und frühen Gitarren Stücke von Darmsaiten um den Hals gebunden wurden.

Bund aus Darm

Bünde sollten an der richtigen Stelle sitzen, ordentlich eingeschlagen sein, und an den Enden versäubert werden, da Holz bei Trockenheit "schwindet", und man sich dann an überstehenden Bundenden kratzt.
Sie nutzen ab - besonders auf E-Gitarren und Westerngitarren - immer eine Gewissensfrage, wenn man nach dem Zustand bei einer Online-Auktion fragt... Eine E-Gitarre neu zu bebunden kostet eher über 150 Euro.

Das Griffbrett (7) - meistens aus Ebenholz oder Palisander, in der Billigversion gefärbt. Wenn man auf heimische Hölzer setzt, sollte besonders hartes Holz gewählt werden.

Korpus

Der Korpus besteht aus Decke, Zargen und Boden. Hier wird der Klang verstärkt, entscheidend sind also Holzart und Beleistung von Decke und Boden.

Die Decke (8) gehört klanglich zu den wichtigsten Teilen der Gitarre, wobei die Beleistung und Ausarbeitung der Holzstärken, also das Können des Gitarrenbauers den Ausschlag geben.
Angeblich spielen sich Decken aus Fichte mehr ein als solche aus Zeder, und massive Decken sind natürlich höherwertiger als Decken aus Schichtholz.

Das verbindende Holz (9) zwischen Decke und Boden heißt Zarge - wie bei der Tür. Auch die Zargen können massiv oder aus Schicht- oder Sperrholz gefertigt sein.

Das Schalloch lässt den Ton aus dem Korpus - das wurde in der "Sendung mit der Maus" mal mittels Zigarettenrauch an einem Kontrabass demonstriert.
Im Schalloch sieht man den Zettel (10), auf dem Hersteller und Modell stehen. Wenn eine Gitarre keinen Zettel hat, ist das kein gutes Zeichen. Wenn sie aus Fernost kommt, aber einen spanisch klingenden Namen auf dem Zettel präsentiert, ist das Verkaufsstrategie.

Die Rosette (11) ist um das Schalloch herum eingelegt - oder als Abziehbild aufgeklebt.

Die Stegeinlage (12) aus Plastik, Knochen oder Elfenbein ist das andere Teil, über das man die Saitenlage ein wenig beeinflussen kann. Sie ist auf der Bass-Seite etwas höher, weil die Basssaiten weiter ausschwingen. Dadurch ist der Weg etwas größer, wenn man eine Basssaite auf das Griffbrett herunter drückt. Durch diesen weiteren Weg bei den tiefen Saiten erhöht sich die Spannung bei gegriffenen Tönen, wodurch dann der Ton zu hoch würde. Um diesen Fehler zu kompensieren ist die Stegeinlage immer etwas schräg im Steg eingesetzt, so dass die tiefen Saiten minimal länger sind als die hohen. Wenn man eine Gitarre für Linkshänder umrüsten will, muss man eine neue Nut für die Stegeinlage fräsen.

Die Möglichkeit, die Saitenlage an der Stegeinlage zu korrigieren ist aber nicht besonders groß: wenn man die Saiten am 12. Bund gerne einen Millimeter höher hätte, muss sie 2 mm höher sein. Das ist enorm viel! Die Saitenlage ist ein komplexer Zusammenhang der Ebene, die durch Hals, Griffbrett und die Decke gebildet wird, sowie Sattel, Steg und Stegeinlage. Wenn da etwas grundsätzlich nicht stimmt, hat man ein Problem!

Der tatsächliche Auflagepunkt der Saite auf der Stegeinlage ist auch noch wichtig: die Oberfläche muss nach hinten, zur Befestigung der Saiten am Steg hin leicht abfallen, damit die Saiten vorne, zum Sattel hin aufliegen. Ist das umgekehrt, was bei pauschal angefertigten Stegeinlagen oder wenn man ein Instrument auf links umstellt schon mal vorkommen kann, hat man gerne diesen leicht singenden Ton, der bei einer Sitar gewünscht ist.

Die Stegeinlage sollte gut in die Nut passen, die in den Steg gefräst ist. Wenn man sie tatsächlich mal herausnehmen möchte, freut man sich, wenn sie nicht so stramm sitzt, dass man einen Schraubenzieher und Hammer zum vorsichtigen Herausklopfen braucht, und dann auch noch mit Angstschweiss auf der Stirn mit Kraft und Zange ziehen muss!

Die Länge der "leeren Saite" zwischen Stegeinlage und Sattel nennt man die Mensur.
Mensur
Da bei Gitarren Begriffe wie "dreiviertel Gitarre" nicht wie bei Streichinstrumenten standardisiert sind, nimmt man die Mensurlänge als entscheidenden Anhaltspunkt für die Größe einer Gitarre.

Der Steg (13) ist auf die Decke aufgeleimt und überträgt die Schwingungen der Saiten. Unglücklicherweise ziehen die Saiten Tag und Nacht an ihm, und versuchen ihn mit ihren vereinten knapp 40 Kilo Zug von der Decke zu ziehen. Ab und zu mal schauen, ob er noch fest sitzt ist ratsam...

Teile der Gitarre - hinten

Rückseite der Gitarre

Knopf der Mechanik (1) - man sollte wissen, welcher zu welcher Saite gehört.

Der Hals (2) ist ein statisch besonders wichtiger Teil der Gitarre. Wenn das Holz nicht gut abgelagert ist, kann er sich verziehen. Er wird häufig gesperrt, also aus mehreren Schichten zusammengeleimt. Dann sieht man einen oder zwei Streifen aus anderem Holz auf der Rückseite.
Bei Western- und E-Gitarren wird ein Stahlstab oder truss-rod eingebaut, mit dem man die Halsneigung nachstellen kann.

Der Halsfuß (3) ist mit dem Hals verleimt und eine Stelle, die man immer anschauen sollte, wenn die Gitarre mal umgefallen ist.
Die Verbindung von Hals und Kopf ist bei Stürzen auch besonders gefährdet.

"Zarge" (4) heißt die Verbindung zwischen Decke und Boden.

Randeinlagen (5) an Decke und Boden sind mehr oder weniger aufwändig gestaltet.

Der Boden (6) wird meist aus zwei symmetrischen Teilen zusammen gesetzt, aus ähnlichem Holz wie die Zarge, und an den Rändern beider, wie auch der Decke, legt der Gitarrenbauer mehr oder weniger aufwändige Randeinlagen ein, die er allerdings selten selber macht. Auch der Boden ist bei teureren Gitarren aus Massivholz, und gerne aus besonders dekorativen Holzsorten.

Die Oberfläche der Gitarre wird lackiert, oder zumindest gewachst, jedenfalls wird das Holz nicht "roh" gelassen.
Die Lackierung ist prägend für das "Gesicht" eines Instrumentes und kann sehr unterschiedlich ausfallen.

Die Oberflächenbehandlung kann eine aufwändige Schellackpolitur oder ein Öllack sein, oder ein moderner Mehr-Komponentenlack, dessen Dose Totenköpfe und mit dem Bauch nach oben schwimmende Fische zieren, der UV-Filter enthält, sodass die Gitarre die Farbe möglichst wenig ändert statt natürlich nachzudunkeln, und oft schön hart und dick ist.

gesperrter Hals

Mit Ebenholz gesperrter Hals.

So ein Industrielack lässt sich spritzen und hervorragend auf Hochglanz bringen, und befriedigt damit am einfachsten die modernen ästhetischen Sehgewohnheiten, die vom Äußeren von Oberklasselimousinen und Hi-Tech-Geräten geprägt sind.

Bei einer traditionelleren Lackierung ist vor allem das Porenfüllen eine wichtige Vorarbeit, sonst wird es nichts mit dem Hochglanz.

Eine gut aussehende Alternative ist eine matte Lackierung. Dass solche Oberflächen immer Poren haben und nicht wirklich hundertprozentig glatt sind, merkt man, wenn man eine Gitarrenstütze mit Saugnäpfen anbringen will - die hält dann nur mit Hilfe einer Folie.

Die Lackierung ist ein Qualitätsmerkmal, das im Ernstfall einer Schellack - Handpolitur wirklich viel Geld kosten muss, weil man dafür sehr viel Zeit braucht. Die durch moderne Lacke gesetzten Standards sind nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal, weil sie mit einfach Mitteln zu erreichen, aber nicht besonders umweltfreundlich sind.

Eine Macke in einem modernen Lack ist zwar auszubessern, aber solche Prozeduren sind schnell eine Kostenfrage. Öllacke oder Schellack lassen sich "aufpolieren". Das ist zwar auch nicht umsonst, aber machbar, und so sehen jahrhunderte alte Geigen immer noch ganz hübsch aus!

Teile der Gitarre - innen

Teile innen

Das Griffbrett (1).

Hier sieht man die Imbusschraube (2) am Ende des Stahlstabes, mit dem man die Halskurve nachjustieren kann.

Um die Zargen mit Boden und Decke zu verbinden, werden sogenannte "Reifchen" (3) eingeleimt.

Der Oberklotz (4), ein dickeres Holzstück, das der Stabilisierung der Verbindung von Decke, Boden, Zargen und Hals dient.

Der Boden (5).

Balken (6) zur Stabilisierung von Boden und Decke. Die Beleistung der Decke ist besonders wichtig für den Klang. Hier gibt es bestimmte Grundmuster und "Schulen" und mehr oder weniger offene Geheimnisse. Selbst wenn man eine Meistergitarre bis in diese Details hinein genau kopiert, kommt nicht unbedingt dasselbe heraus wie beim wirklich begabten Gitarrenbauer.