Wechsel zur E - Gitarre
Kann man von der Konzertgitarre zur E-Gitarre wechseln? Aber klar! Die Saiten sind gleich
gestimmt, die Töne sind gleich - kein Problem! Die Anschlagstechnik ist anders: Auf der
E-Gitarre schlägt man die Saiten meist mit dem Plektrum (Plectron, Plec, Pick) an. Mit Plektrum
zu spielen ist aber genauso lernbar, wie einen Geigenbogen zu benutzen. Auch ich als Lehrer
mache den Wechsel gerne mit - ob auf Dauer oder nur für eine "Schnupperphase". Und ich bin auch
völlig unerschrocken, wenn jemand mit der Stromgitarre beginnen möchte, ohne vorher "normale"
Gitarre gespielt zu haben. Vorkenntnisse schaden zwar nicht, aber wenn man genau weiß, was man
will...
Größe und Haltung
E-Gitarrenschüler sollten für mich eine gewisse Körpergröße haben, da
E-Gitarren schwer sind und bevorzugt im Stehen gespielt werden. Inzwischen - 2021 - bekommt man
durchaus kleinere E-Gitarren mit Mensuren von knapp 58cm (Fender) oder 56,4cm (Ibanez). Das ist
ermutigend, ist doch eine "Standardsituation", dass es in der Schule eine Band für die
Unterstufenschüler gibt, aber nur große Gitarren und E-Gitarren vorhanden sind. Shortscale-Bässe
sind auch eher selten.
Im Stehen zu spielen muss natürlich kein Dogma sein. Aber die meisten Korpusformen von
E-Gitarren sind im Vergleich zu Konzertgitarren viel kleiner und schmaler, sodass sie, auf einem
Bein gehalten, immer irgendwie sehr weit unten sind. Das ist meiner Ansicht nach ungünstig für
beide Hände. Man sitzt dann gerne zusammengekrümmt auf einem Stuhl, knickt die Handgelenke ab
und wird hoffentlich nicht Dauerkunde beim Orthopäden, wenn man stundenlang übt.
Musikstile, Rhythmus, Mitmusiker
Mit der E-Gitarre tummelt man sich in den verschiedenen Stilrichtungen der Popmusik. Diese Musik
ist nicht oder nur zum Teil aufgeschrieben. Wenn sie genau notiert ist, sollte man auf große
Komplexität gefasst sein! Man braucht viel Fantasie, Kreativität, Willen zum Auswendiglernen und
Vorstellungsvermögen.
Man muss früher als bei klassischer Musik seinen
musikalischen Freischwimmer machen. Es ist nicht so einfach, vernünftiges
Unterrichtsmaterial zu finden - auch wenn der Markt mit Lehrwerken für Stromgitarre geradezu
überschwemmt wird.
Rhythmische Sicherheit ist besonders wichtig in der Popmusik. Wenn jemand von
seinem Lehrer für klassische Gitarre genervt ist, weil der darauf besteht, dass die halben Noten
länger sind als die Viertel, sollte er nicht erwarten, dass dies bei Rockmusik leichter wird!
E-Gitarre ist ein Band - Instrument. Das Ziel sollte also sein, so gut zu
werden, dass man in eine Gruppe irgendeiner Art einsteigen kann.
Wenn man Rhythmusgitarrist werden will, braucht man "nur" Akkorde spielen zu lernen. Für das
Improvisieren toller Soli braucht man ein gutes Pfund Grundlagen, Mut, etwas Hang zur
Selbstdarstellung, musiktheoretisches Wissen schadet nicht, und viel Fleiß. Der künftige
Leadgitarrist sollte absolut schwindelfrei sein was das Spiel in den höheren Lagen angeht.
Viele Gitarristen entdecken übrigens nach einem Ausflug in die weite Welt der elektrisch
verstärkten Musik den großen Charme der Konzertgitarre noch mal neu. Man muss
nicht ständig einen neuen Schlagzeuger suchen, der das Tempo hält, stolpert nicht dauernd über
Kabel und darf den Stecker wieder löten, und man kann alleine ein komplettes Stück mit Melodie
und Bass und allem spielen - ein Vorzug, den die Gitarre ja mit Tasteninstrumenten teilt,
während Streicher und Bläser ständig nach fähigen Begleitern suchen...
Tipps zur Anschaffung einer E-Gitarre
Pflicht für den künftigen Stromgitarristen ist, sich erst mal über die vielen verschiedenen
Typen von E-Gitarren und ihre Eigenschaften zu informieren. Kriterien, die Entscheidungen
verlangen sind:
- Unterschiedliche Mensurlängen bei Fender und Gibson - Modellen und deren
Kopien.
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Wenn man nicht so große Hände hat, kann es angenehm sein, eine Gitarre zu spielen, die
eine 3 cm kürzere Mensur hat. Andererseits sind Akkorde in hohen Lagen auf Gibson-Modellen
manchmal ganz schön heikel: wohin mit den ganzen Fingern!
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- Modelle mit Mensuren um 55-58cm.
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Als Kind ist eine normal große Stromgitarre vielleicht nicht die beste Idee - man findet
inzwischen ordentliche kleinere Gitarren von Ibanez und Fender.
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- Unterschiedliche Korpusformen und deren Vor- und Nachteile / ist die Gitarre bequem
zu halten?
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Um ein banales Beispiel zu geben: Eine ES 335 hat einen ziemlich großen Korpus, und der
Steg ist recht weit vom unteren Rand entfernt. Dadurch ist die Greifhand deutlich weiter
vom Körper weg als z.B. bei einer Strat oder Paula. Das ist natürlich kein Grund, die
Gitarre nicht zu lieben, aber ein Kriterium beim Vergleichen.
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- Wie schwer ist die Gitarre?
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Lieblingsthema der Gitarrenphilosophen! Schweres Holz wird immer gleichgesetzt mit viel
Sustain (die Töne klingen lange)! Kann schon möglich sein, aber ich würde einwenden: alte
Saiten, billige, kleine Verstärker, noch nicht ausgereifte Greiftechnik und fehlendes
Vibrato sorgen für kurzes Sustain. Aber der Anfänger hat wirklich einen Klotz am Hals!
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- Ist das Instrument gut ausbalanciert oder ist es kopflastig?
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Vielleicht Geschmackssache. Ich mag Gitarren nicht, bei denen ich immer das Gefühl habe,
den Kopf (der Gitarre) hoch halten zu müssen, weil er, wenn man das Instrument mal
freihändig hängen hat sofort gen Erdmittelpunkt sinkt. Da muss für mich der Korpus schon
schwer genug, bzw. die Gurtpins entsprechend angebracht sein.
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- Wie anfällig ist der Korpus für Rückkopplungen?
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Hohle Gitarren (Jazzgitarren etc.) sind rückkopplungsanfällig. Dafür wurde die
Brettgitarre ja erfunden: richtig laut spielen zu können, ohne dass es pfeift. Wenn man
also immer ganz verzerrt und ganz laut spielen will, ist eine Gitarre mit Resonanzraum
nicht gut.
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- Erreicht man die hohen Lagen gut?
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Zwei Gitarren sehen sehr ähnlich aus, aber bei der einen ist der Cutaway so geschnitten,
dass man nicht an die hohen Bünde kommt, und bei der andere geht es. Oder es geht für
Jemanden mit schlankeren Händen...
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- Wie viele Bünde hat der Hals?
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Die Firma Fender hat eine Zeit lang die Stratocaster mit 21 Bünden gebaut; die meisten
Strats haben aber 22 Bünde, wie auch viele Gibson Modelle wie die Les Paul oder die SG.
Bekannte Soli, die man irgendwann mal nachspielen will, gehen gerne bis zum 22. Bund hoch
(mit Ganzton-Bending erreicht man dann das hohe e) - dann ist man mit einem Nachbau der
21-Bund-Gitarre nicht gut bedient. Moderne Strats haben gerne 24 Bünde. Das führt
nicht nur dazu, dass man höhere Töne spielen kann, sondern der Halstonabnehmer ist dadurch
weiter am Steg, und dadurch wird dessen Klang etwas weniger weich...
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- Welche Tonabnehmer mit welchen Klangeigenschaften sind eingebaut?
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Single Coils oder Humbucker - hier muss man wirklich überlegen, was man will. Hat man nur
die einen, ist der fette Sound der Humbucker kaum zu erreichen, und hat man nur die
anderen, klingt es nie so fein wie bei Mark Knopfler... Probieren und Hören ist angesagt!
Wenn man Humbucker hat, die man splitten kann (auf Single Coil umschalten) kommt
garantiert jemand und sagt "zuviel komplizierte Technik ist auch nicht gut...".
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- Welches Tremolosystem hat die Gitarre, oder hat sie eine feste Brücke?
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Ein schlechtes Tremolo ist keine Freude, ein Floyd-Rose - Tremolo die sehr radikale
Lösung, die einem zwar fast grenzenlose Freiheit bei wilden Klangexperimenten erlaubt,
andererseits ein Umstimmen der Gitarre zu einem Halbstunden-Job macht. Kein Tremolo ist
auch fein... dies ist eines der Themen, bei denen man schnell zu dem Schluss kommt "eine
E-Gitarre ist eigentlich nicht genug"...
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Identifizieren und Ausprobieren
Man sollte sich gründlich Gedanken darüber machen, mit welcher Gitarre man sich am ehesten
identifizieren kann, dabei aber daran denken, dass man für die neonpinke
Schönheit irgendwann einen Käufer findet muss, wenn man sich wegen einer anderen von ihr trennen
möchte und das Geld braucht...
Beim Begutachten im Musikgeschäft sollte man nicht vergessen, dass man die Gitarre eventuell
meistens im Stehen spielen will. Wie gut das Instrument ausbalanciert ist kann man nicht
beurteilen, wenn man auf einem Schlagzeughocker zusammengekrümmt zu verhindern versucht, dass
die Gute vom Oberschenkel rutscht. Ob die Mitarbeiter sich darauf einlassen,
probehalber einen Gurt an der Gitarre zu befestigen ist doch ein schönes
Kriterium für Kundenfreundlichkeit...
Nachbauten der Klassiker
Die Gitarren der etablierten Hersteller kosten Geld, aber es gibt ja Firmen, die
gute Nachbauten für weniger anbieten. Ich formuliere mal vorsichtig so: während
man sich über eine richtig billige E-Gitarre nach kurzer Zeit ärgern dürfte, kann man im
Mittelklassebereich durchaus ein sehr brauchbares Instrument erwerben.
Hoffen wir mal,
dass die Instrumente, die im Herzen der USA angefertigt werden aus besseren Materialien und
sorgfältiger gemacht sind als die lizensierten Nachbauten. Ich habe jedenfalls z.B. schon
deutliche Unterschiede in der Stärke des Kontaktblechs in der Steckerbuchse gesehen. Bei einer
Kopie aus Korea war es ungefähr doppelt so dick wie bei einer Kopie einer chinesischen
Tochterfirma, das dann beim Nachbiegen (um den Wackelkontakt zu beheben) auch prompt brach.
Gute Gebrauchte
Eine gute Gebrauchte kann für den Einstieg und darüber hinaus ausreichend sein.
E-Gitarren haben meist einen hohen Preisverfall, was den Käufer freut. Die Gitarre sollte
natürlich funktionieren! Wenn die Regler für Lautstärke und Ton knacken und rascheln heißt das
meist nur, dass sie lange nicht benutzt wurden und gerne ein bisschen Kontaktspray und Bewegung
hätten.
Unbedingt achten sollte man auf den Zustand der Bünde! Wenn diese schon
ordentliche Dellen haben und man die Gitarre bald bebunden lassen muss, ist man locker 150 Euro
los.
Unter deckendem Hochglanzlack (schwarz ist am unverfänglichsten) kann sich alles
mögliche an Holz verbergen, Massivholz, aber auch Sperrholz oder Tischlerplatte welcher Güte
auch immer. Über die Qualität und den Einfluss auf Klangfarbe und Sustain kann man viel
philosophieren, aber auch so etwas Banales wie die Schrauben für die Gurtpins sollten möglichst
lange sicheren Halt finden... Hier kann man nur hoffen, dass mehr investierte Euros für mehr
Lebensdauer und Spielfreude stehen.
Zubehör, Verstärker
Ein stabiler Gurt ist eine wichtige Investition, aber ebenso wichtig ist die
Befestigung an der Gitarre. Wenn die Gurtpins ungünstig positioniert sind und die "Knopflöcher"
des Gurtes zu weit, kann die Gitarre beim ersten auf - der - Stelle - Hüpfen schnell mal am
Boden landen. Straplocks sind eine Erfindung, die für mehr Sicherheit sorgen. Die Position der
Gurtpins ist natürlich auch Geschmackssache. Eine Paula hängt eben fast waagerecht, wenn man die
Gurtpins so nimmt, wie sie sind (ich persönlich mag dann nicht darauf spielen).
Ein ordentliches Kabel kostet leider auch Geld. Man kann für das gute alte
6-Meter-Kabel 4, aber auch über 30 Euro ausgeben. Das eine bekommt einen Wackelkontakt, wenn man
es streng anguckt, das andere hält etwas mehr aus und transportiert mehr Klang und weniger
Nebengeräusche.
Ein guter kleiner Übeverstärker ist fein für den Einstieg, aber auch hier gibt
es große Qualitätsunterschiede, die man nur durch Probieren und Anhören herausfinden kann. Und
wenn man dann etwas gelernt hat und die erste Probe mit Schlagzeug und allem angesagt ist hört
man schnell, dass man die Gitarre nicht hört. Aber dann ist man vielleicht schon so weit, dass
man weiß "ich will das wirklich und gebe jetzt auch das Geld aus für einen ordentlichen Amp"
oder... eben nicht.
Starterpacks
Sogenannte Starterpacks oder Gitarrensets sind mit Vorsicht zu genießen. Man
bekommt für wenig Geld eine Gitarre, die nicht wirklich toll ist (Klang, Verarbeitung,
Saitenlage, Mechaniken und Stimmstabilität etc.), einen Verstärker, der nicht wirklich klingt,
ein Kabel, das nicht viel aushält, diverse Plecs und eine Tasche, die erstaunlich schnell ein
Loch hat, wo der untere Gurtpin drückt. Und wie immer gilt: man sollte die Grenze zwischen
"wenig Geld ausgeben" und "zu wenig Geld ausgeben" beachten, denn letzteres ist manchmal eine
echte Fehlinvestition.
Informationen zum Saitenaufziehen auf E-Gitarren gibt es auf der Seite der Firma
Rockinger. Auf dieser Seite finden sich sehr nützliche Tipps zum Einstellen des Halses und zur
Bundreinheit der Gitarre, die von vielen Faktoren abhängt: von der richtigen Position der
Bundstäbchen, der korrekten Einstellung der Saitenreiter auf dem Steg, einem ordentlichen Sattel
und Saiten, die in sich stimmen.
Westerngitarre
Westerngitarren sind toll - wenn man sie mag. Ich verrate gleich mal zu Anfang, dass sie nicht
so mein Ding sind.
Der größte Unterschied zur Konzertgitarre sind die Stahlsaiten. Sie sorgen für den völlig
anderen Klang, silbrig, wenn man so will ein wenig Richtung Cembalo, aber eben nicht so warm wie
eine spanische Gitarre.
Da die Stahlsaiten eine höhere Saitenspannung haben, ist der Korpus einer
Western anders gebaut als bei der klassischen Gitarre. Er muss, genauso wie der Hals, sehr viel
mehr aushalten. Deshalb sollte man auf eine Konzertgitarre nie Stahlsaiten aufziehen!
Der Hals und der Korpus verziehen sich, Steg, Sattel und Mechanik werden angeknuspert, und die
Befestigung der Saiten ist ziemlich anders und auf Konzertgitarren eher
zerstörerisch!
Der Hals
einer Western ist denn auch meistens durch einen
Stahlstab verstärkt.
Man kann auf eine Western Saiten für Konzertgitarre aufziehen, ohne viel kaputt zu machen, wobei
man am Steg tricksen muss, die Rillen im Sattel zu schmal und die Saitenlage sehr niedrig sein
werden, und es wird wahrscheinlich fade klingen, aber anders herum bitte nicht - es sind zwei
verschiedene Instrumententypen!
Korpusformen
Westerngitarren haben oft einen sehr großen Korpus. Die heißen dann "Jumbo" oder "Dreadnought"
(nach einer großen Kriegsschiffklasse!), sind wirklich groß, und haben deshalb den Steg
an einer sehr anderen Stelle als eine Konzertgitarre, viel weiter vom Korpusrand entfernt. Diese
Bauformen haben fast immer am Übergang zwischen Korpus und Griffbrett den vierzehnten Bund. Das
ganze Ding ist also größer und länger als eine klassische Gitarre.
Eine Parlourgitarre (das Wort bedeutet "Salon" oder "Empfangszimmer") ist für kleinere Räume
gedacht und hat einen eher zierlichen Korpus. Ich nehme an, dass die ersten Westerngitarren, die
ja von europäischen Gitarrenbauern in den USA gemacht wurden, sich von der Korpusform noch sehr
an den gewohnten Gitarren anlehnten.
Und es gibt natürlich Westerngitarren mit Cutaway, damit man schön hoch spielen kann.
Lackierung
Westerngitarren sehen manchmal so aus, wie sie eigentlich aussehen, oft sind sie aber farbig
überlackiert, sodass man das Holz nicht sieht.
Sunburst heißt das Design, wenn die Farbe
von dunkel nach hellbraun oder rot übergeht, blau oder wie auch immer gebeiztes Holz ist schön,
wenn man das schön findet, und hinter deckendem Lack in weiß, schwarz oder rosa kann man jedes
Holz verstecken.
Da unterschiedliche Oberflächenbehandlungen bei Western schon seit längerem akzeptiert sind,
gibt es auch Decken aus Holzarten, die man nicht unbedingt als Tonholz erster Wahl betrachten
würde.
Hals
Der Hals ist mit 14 Bünden bis zum Korpusrand meist länger, mit einem Stahlstab verstärkt, und
fast immer deutlich schmaler als auf Konzertgitarren, was das Greifen sehr
komplexer polyphoner Musik nicht einfacher macht - aber dafür ist diese Art Gitarren ja auch
nicht gedacht.
Haltung
Da viele Western einen riesigen Korpus haben, werden sie meistens auf dem rechten Oberschenkel
abgelegt und damit in einer Haltung gespielt, die ich für die Konzertgitarre nicht
empfehle. Ich bitte dabei zu
bedenken: die klassische Haltung, zu der ich rate und die ich selber
nutze, funktioniert auch acht Stunden am Tag
ohne Notarzt.
Aber was soll man machen, wenn die Kiste so groß ist, dass man sich die
Oberschenkel auskugelt? Man macht halt den Rücken krumm, hält den Gitarrenhals waagerecht,
knickt das linke Handgelenk ab und macht öfter eine Pause.
Da man in den Medien mehr so gehaltene Westerngitarren sieht als die klassische Haltung, fragen
die Schüler immer wieder "Warum muss ich denn mit Fußbank spielen?". Wenn man das Gefühl hat,
einer Minderheit anzugehören, fühlt man sich eben schnell uncool.
Die beste Alternative scheint mir das Spielen im
Stehen mit Gurt zu sein, wobei man
natürlich auch im Sitzen einen Gurt statt Fußbank oder Gitarrenstütze verwenden kann. Es ist
nicht ganz so stabil wie eine zwischen den Beinen platzierte Gitarre, aber es geht!
Der großartige Ed Sheeran spielt übrigens eine Western mit 58,5cm Mensur - also so etwas wie
eine dreiviertel Gitarre. Das ist
definitiv eine Parlour, sicher bequem zu halten und zu greifen, und der Mann spielt seine
Konzerte im Stehen...
Saiten
Wenn man im Netz über C.F. Martin recherchiert, der aus Deutschland in die USA auswanderte und
dort die für Westerngitarren berühmte gleichnamige Firma in den 1830er Jahren gründete, findet
man die Information, dass die Gitarren ursprünglich für Darmsaiten konstruiert waren, den
Spielern aber zu leise waren und deshalb mit Mandolinsaiten bespannt wurden. Da die
Gitarrendecken die höhere Spannung nicht gut aushielten, entwickelte Martin eine andere
Bebalkung, das X-Bracing.
Der Lautenbauer Renatus Lechner meint, dass der Umstieg auf Stahlsaiten auch damit zusammen
gehangen haben könnte, dass Darmsaiten in ausreichender Qualität in den Weiten des wilden
Westens schlecht erhältlich waren, während die Stahlindustrie munter produzierte, schon wegen
der Eisenbahnen, die über den Kontinent gebaut wurden.
Jedenfalls wurden in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts Gitarren mit großem Korpus,
neuartiger Deckenkonstruktion und Stahlsaiten erfunden. In der Renaissance gab es ja auch schon
Cistern, Bandoren und Orphareons, die Chitarra battente und auch Chitarronen, die mit
Metalsaiten bezogen wurden.
Verstärken und Bendings
Stahlsaiten haben noch eine weitere positive Eigenschaft: man kann sie mit elektromagnetischen
Tonabnehmern wie eine E-Gitarre verstärken; der Klang ist natürlicher als mit
einem Piezo abgenommene Kunststoffsaiten. Daran dachte um 1830 natürlich noch niemand.
Eine wichtige Spieltechnik funktioniert auf Westerngitarren so wie auf E-Gitarren: wenn man die
Saite beim Greifen quer über den Bundstab schiebt oder zieht, erhöht sich der Ton deutlich. Bei
Konzertgitarren passiert dabei nicht viel, es wird ein bisschen unsauber, aber ein
Ganzton-Bending bekommt man nicht hin.
Harte Saiten auf Western oder E-Gitarre machen das
Bending zwar mühsam, aber man braucht dafür weniger weit zu ziehen, da das Saitenmaterial ja
wenig flexibel ist, der Effekt also direkt da ist.
Die Saitenspannung auf Westerngitarren ist in der Regel auch deutlich höher als auf E-Gitarren,
wobei man auf Jazzgitarren ebenfalls ziemlich dicke Saiten aufzieht. Das hat zwei Konsequenzen
für den Spieler: es ist kein Zuckerschlecken, die Saiten herunterzudrücken, und die Tonerzeugung
ist nicht so einfach. Wegen der höheren Spannung kann man die Saitenlage niedriger machen als
auf einer Gitarre, die für Kunststoffsaiten gedacht ist. Das Problem mit dem Anschlag aber
bleibt.
Tonerzeugung
Wie man die Saiten anschlägt hängt ganz klar davon ab, was für Musik man macht. Wenn man singt
und dazu Akkorde spielt, schlägt man die Western gerne mit einem Pektrum an.
Die Anschlagstechniken, die man für klassische Musik braucht, nutzt man auf der Western
eigentlich nicht (obwohl Fantasien aus der Renaissance toll klingen). Jedenfalls ist das wegen
der Härte der Saiten sehr mühevoll, und die Fingernägel werden sehr schnell abgeraspelt. Das ist
der Hauptgrund, weshalb Westerngitarren nie meine große Liebe wurden.
Für die Fingerstyle genannte Spielweise setzen sich manche Gitarristen
künstliche Fingernägel aus Plastik oder Metall auf die Finger und vor allem den
Daumen, die härter als das natürliche Material sind, und eben auch unnatürlicher. Ich muss
zugeben, dass ich das noch nie ernsthaft probiert habe, weil es mich graust.
Musik
Was spielt man auf der Western? Natürlich Folk, Country, Blues, Akkorde, und eben
Fingerstyle-Stücke. YouTube ist voll von Bearbeitungen der neuesten Hits in diesem Stil, und wer
es toll findet, solche Versionen nachzuspielen, findet Material ohne Ende, wobei man gleich dazu
sagen sollte: vieles von dem, was man da sieht, ist auf sehr hohem Niveau angesiedelt.
Wenn
man nach Noten für diese Musik sucht, ist fast immer eine
Tabulatur dabei. Warum? Die Herausgeber
dieser Musik gehen anscheinend davon aus, dass die Kunden häufig keine Noten lesen können.
Da vor dem hohen Niveau das bescheidene Lernen steht, muss man also vorher erst mal
Anfängerstückchen üben, und dafür wird von den meisten Leuten, auch von Gitarristen, die selbst
exzellent Western spielen, doch eher die normale Konzertgitarre mit den weicheren
Kunststoffsaiten empfohlen.
Western oder E-Gitarre?
Kann eine Western die E-Gitarre ersetzen und umgekehrt? Ich fürchte, wenn man sich ein bisschen
in die Materie eingearbeitet hat, merkt man immer mehr: eine Westerngitarre, auch eine mit
Tonabnehmer, macht nicht das, was eine E-Gitarre charakterisiert. Eine Strat ist ja auch keine
Paula, geschweige denn eine Jazzgitarre oder eine zwölfsaitige Rickenbacker. Die Dinger haben
oberflächlich betrachtet zwar ähnliche Eigenschaften, sind aber doch sehr verschieden. Es gibt
viel zu entdecken!
Singen und Gitarrespielen
Es geht wirklich! Es gibt einige Instrumente, bei denen man spielen und gleichzeitig singen
kann, und die Gitarre steht hier ganz vorne, neben dem Klavier.
Viele Gitarrenschüler möchten Akkorde spielen lernen, unglücklicherweise ist singen aber total
uncool! Was tun?
Trotzdem singen! Heimlich! Im stillen Kämmerlein! Gitarrespielen und dabei singen macht Spaß,
ist extrem Intelligenz fördernd, weil man ja die Liedstrophen oder die Akkorde auswendig lernen
oder nach Gehör
begleiten muss, und fördert das Rhythmusgefühl sehr stark. Außerdem - hier werden mir sicher
alle Gesangslehrer beipflichten - ist singen einfach gut für das gesamte Befinden, hebt
unweigerlich die Stimmung und vertreibt Depressionen. Nicht zufällig ist "Bernd das Brot" auch
Leadsänger einer Art Rockband!
Man kann vielen unbefangenen Menschen durch Singen (mit Gitarrenbegleitung) eine große Freude
bereiten! Erwachsene und Jugendliche sind natürlich immer befangen, zieren sich, "können nicht
singen" und was nicht alles - sobald man mit "normalen Kindern" zu tun hat, mit ihnen ein Lied
singt und kein Brimborium darum macht kann man den Spaß am Singen wieder entdecken und
weitergeben. Als - ich glaube noch während meines ersten Schuljahres - eine neue Lehrerin kam,
die Gitarre spielte und mit uns sang, war mein Herz jedenfalls an Gitarre und Lehrerin verloren!
Wie man auf die richtigen Akkorde zum Begleiten kommt (wenn man nicht seinen Lehrer oder die
Suchmaschine fragen will) habe ich für
Dur und
Moll
an den verlinkten Stellen zu beschreiben versucht.
"Ich kann nicht singen!"
Wenn die Sprache aufs Singen kommt, sagen viele Menschen spornstreichs, dass sie es nicht
können. Was mit dieser Aussage gemeint ist, bleibt nebulös... Kommt nur ein Gekrächze? Sind alle
oder die meisten Töne schief? Kann der Aussagende im Prinzip sehr wohl sauber singen, hat aber
eine dünne Stimme, die nicht besonders toll klingt?
Ich werde jetzt nicht behaupten, dass jeder Mensch singen kann. Klar geht das irgendwie, aber
mancher trifft wirklich die Töne nicht. Von dem sagt man dann nicht, er könne singen, denn das
impliziert irgendwie immer, dass jemand gut oder ziemlich schön singt.
Man sollte sich aber immer fragen, warum jemand behauptet, nicht singen zu können! Es gibt einen
wichtigen Faktor bei der Sache, der bei
nicht sing-gewohnten Menschen zu deutlich schlechteren Ergebnissen führt als
nötig. Das ist die Sache mit der Stimmlage.
Stimmumfang
Grob teilt man Singstimmen in vier Abteilungen ein:
Sopran, Alt, Tenor und Bass. Im Grunde sind das nur zwei: Sopran heißt die hohe
Frauenstimme, ihr entspricht bei den Männern der Tenor, nur eine Oktave tiefer, und was bei den
Männern der tiefe Bassist ist, ist bei den Damen der Alt.
Daneben gibt es noch Mezzosopran
("mezzo" heißt halb, was bedeutet, dass die Sängerin nicht so schrecklich hoch singen kann) oder
Bariton (Männer wie ich, die nicht so richtig tief können). Solche Menschen haben in der Oper
als Solisten bestimmte Rollen, und als arme Chorsänger viel zu leiden...
Um langsam zum
Kern der Sache zu kommen: Wenn jemand, der nicht viel Übung im Singen hat
(gerne jemand durchaus musikalisches) seine Gitarre nimmt und einen Song nachsingen möchte,
dieser aber wirklich außerhalb des eigenen Stimmumfangs liegt, singt der gute Mensch gerne
erstens falsch, und zweitens überraschend oft "eine halbe Oktave" zu hoch oder tief, und dann
aber halbwegs richtig. Man braucht ein bisschen, um diese Beobachtung zu machen (der Sänger darf
nicht nach vier Tönen abbrechen), aber es passiert wirklich, dass jemand ein Lied in C-Dur
spielt, und (sofort oder ab einer Stelle, wo's deutlich höher oder tiefer wird) in F-Dur eine
Quarte höher oder eine Quinte tiefer singt. Ungefähr. Natürlich stören ihn die falschen Akkorde,
er fühlt sich unwohl, singt deswegen noch schiefer, aber im Prinzip...
Ein wirklich unmusikalischer Mensch würde vielleicht fertig bringen, in
As oder Fis, also in einer Tonart zu singen, die
mit den Gitarrenakkorden gar nichts zu tun hat, aber F-Dur und C-Dur haben ja bis auf einen Ton
das gleiche Tonmaterial, also klingt relativ viel einigermaßen passend, obwohl es natürlich zur
Begleitung dennoch total falsch ist.
Was tun?
Man muss das Lied
der eigenen Stimmlage anpassen! Dazu muss man erst mal herausfinden, wie hoch
und tief man singen kann, und man sollte wissen: wenn man sich ein bisschen
einsingt, erreicht man in der Höhe den einen oder anderen Ton, bei dem man
sonst ganz schnell heiser wird, wenn man ihn forciert.
Fast alle weiblichen Popstars sind Altistinnen, männliche Rockmusiker sind fast ausschließlich
Tenöre. Bei Udo Lindenberg heißt es "Und Paul sang wie ein Mädchen, das kam unheimlich an" - bei
"Help" von den Beatles geht es bis zum hohen
cis.
Links: Die Stimmlagen - Achtung: der Tenor im unteren System ist im Violinschlüssel mit
"8" darunter geschrieben.
Unten einige Songbeispiele: "Complicated" von Avril Lavigne passt in die Altstimme, "A
thousand miles" von Vanessa Carlton ebenso, mit etwas geringerem Umfang. "Dreamer" von Ozzy
Osburne spielt man am besten in G und platziert den Kapo auf den
ersten Bund, dann ist man als Tenor unterwegs, und "More than words" ist im Tonumfang ganz am
Schluss schon extrem hoch - die Band heißt ja auch "Extreme"... Man spielt es natürlich in
G, stimmt die Gitarre aber einen Halbton tiefer, dann ist man in
Ges-Dur.
"Wild World" von Cat Stevens wird von ihm selber in C-Dur gespielt - mit dem Tonumfang kommt
endlich mal ein Bariton gut zurecht, während die Version der Band Mr. Big in F-Dur dann wieder
einen jugendlichen Heldentenor verlangt.
Als letztes Beispiel "Father and Son" von Cat Stevens, bei dem in den Strophen des
Vaters ein Bass klagt, während der Sohn den Generationenkonflikt im Tenorbereich betreibt.
Transponieren mit Kapo
Also, man ist Sopran oder Tenor und möchte "Complicated" von Avril Lavigne singen. Im Original
in F-Dur, die Gesangsstimme geht vom
f über eine Oktavsexte zum hohen d - das ist
Standardumfang eines Chor - Altes. Als Sopran oder Tenor schafft man das aber nicht!
Als
erste Maßnahme holt man seinen
Kapo und klemmt ihn
versuchsweise auf den 5. Bund. Dann steht das Lied in B-Dur, und man kann eine Quarte höher oder
eine Quinte tiefer singen. Wenn das zu viel oder zu wenig ist - Kapo bundweise versetzen, bis
man sich einigermaßen wohl fühlt.
Und jetzt muss man jemandem vorsingen und fragen, ob's
denn so besser ist.
Tonumfang von Kinderliedern
Manche Popstars haben einen großen Stimmumfang und nutzen den entsprechend aus. Wenn man da
nicht mithalten kann, sollte man vielleicht etwas anderes wählen. Umgekehrt ist es kein Zufall,
dass viele "echte" Kinderlieder einen relativ kleinen Tonumfang haben. Den "Kuckuck", der in
fünf Tönen aus dem Wald ruft, kann ein Sopran in C-Dur singen (das ist eher tief oder sehr
hoch), für ein Kind mit Altstimme (selten) ist es in C ziemlich bequem
in der Mittellage.
Wenn man mit Kindern singt, muss man sich
als Erwachsener an ihre Stimmen anpassen, nicht umgekehrt. Die nette Erzieherin
mit der sonoren Altstimme, die Lieder mit der Gitarre begleiten kann muss sich halt in die
höheren Regionen hinaufquälen, denn die Kinder können nicht tiefer als sie können, das ist ja
eine Frage der Kehlkopfgröße. Und wenn Kinder in Kindergarten und Grundschule ständig die
Erfahrung machen, dass sie schief singen,
weil sie gezwungen werden, zu tief zu singen, dann sagen sie halt später im
Gitarrenunterricht, wenn die Rede auf Akkorde und Liedbegleitung kommt
"Ich kann nicht singen" - obwohl das gar nicht stimmt!