Unterrichtsmaterial
Wenn man Gitarre spielen lernt und dabei Noten benutzt, geht man meist den Weg über eine
Gitarrenschule und unterschiedliche Unterrichtsliteratur hin zur "richtigen"
Literatur. Zu den pädagogischen Heften habe ich als Lehrer immer eine spezielle
Beziehung; manche Sachen finde ich vorwiegend gut, zu anderen gibt es eine Hassliebe. Fast in
jedem Büchlein gibt es Stücke, die "nicht gut funktionieren". Deutlich schwieriger als die
anderen, von merkwürdigem Humor - vielleicht kann der Mensch, der das Buch verfasst hat damit
guten Unterricht machen...
Alle Gitarrenschüler möchten gerne
aktuelle Hits
spielen! Das ist ein Problem!
Komponisten von Hits haben beim Schreiben nicht die riesige Gemeinde von Instrumentalschülern im
Kopf, sondern die noch größere von potentiellen Musikhörern und Käufern! Also nehmen sie auf
bestimmte Dinge keine Rücksicht:
-
einfache Lieder kommen mit
wenigen
Begleitharmonien aus, was bedeutet, dass man sie in bestimmten Tonarten (D-Dur, A-Dur)
klangvoll zweistimmig mit leeren Bässen setzen kann. Leere Basssaiten haben wir drei - sobald
mehr Harmonien drin sind, braucht man gegriffene Bässe, und damit ist das Stück für Anfänger
tabu!
-
viele Hits sind umfangreich, haben diverse Wiederholungen, Strophe, Refrain,
Bridge - die vier bis fünf Minuten langen Stücke von Robbie Williams sind auch nichts für
Anfänger.
-
Gesangsstücke haben nicht nur bei Bach rezitativische Elemente: In Rap, Hip-Hop und Verwandtem
wird ja der Sprechgesang gepflegt, und so etwas möchte man ja nicht wirklich
auf einem Instrument üben. Aber auch viele "normale" Songs sind melodisch oft erstaunlich
eintönig und eher rhythmisch geprägt. Wenn man den Rhythmus konsequent
vereinfacht, kommt oft
eine Melodie auf Kinderlied-Niveau heraus. Das springt einen manchmal an, wenn man bei einer
Casting-Show einen nicht so gesangsstarken Kandidaten hört: "Mensch, die Strophe besteht ja
fast nur aus drei Tönen! Ist mir bei Rihanna nie aufgefallen...". Solche Stücke will im Ernst
niemand auf einem Instrument üben - das ist mühsam und langweilig!
-
Schließlich: Hits von noch lebenden Künstlern / Autoren sind deshalb nicht in Gitarrenschulen
und Anfängerheften zu finden, weil die Urheber Rechte haben, und man für
große Einfälle Geld bekommt. Wenn McCartney im Radio läuft, erhält er dafür
Dollars - Beethoven nicht mal mehr Taler! Bach hebt das Niveau der Gitarrenschule, aber nicht
den Preis.
Also sind die Hefte, mit denen sich der strebsame Gitarrist auf den Weg macht, voll mit
Volksliedern, Folksongs, Spirituals, "Freude, schöner Götterfunken" und Stücken, die der
Verfasser "im Stile von" geschrieben hat. Und dabei sind richtig tolle Sachen, die den Eleven
wirklich vom Fleck bringen! Es gibt viel gute Unterrichtsliteratur, die dazu führt, dass der
Mensch, der sie
durcharbeitet unversehens
Gitarre spielen lernt.
Es geht also weiter mit Heften, die nach der Gitarrenschule sinnvoll zu nutzen sind, und dann
habe ich eine Reihe Leib- und Magenhefte, die ich für besonders nahrhaft halte und deshalb gerne
benutze. Daneben gibt es für mich aber noch Bücher, die mir besonders am Herzen liegen, weil sie
die Musik früherer Epochen enthalten.
Einfache weiterführende Hefte
Nach dem gewissenhaften Durcharbeiten der Gitarrenschule, dem Beherrschen der Töne in den
unteren Lagen des Griffbrettes inklusive fis und
ges gibt es viele Hefte auf dem Markt, die einen weiterführen. Dabei
gibt es einfachere und anspruchsvollere Sachen.
Joep Wanders
Joep Wanders ist ein holländischer Autor vieler weiterführender Hefte, die Schüler recht
behutsam begleiten. Er nutzt Folkstücke, spanisch Anmutendes und auch Rock und Blues, schreibt
sehr eingängig und formal sehr übersichtlich: Wiederholungen, auch ausgeschriebene, machen die
Stücke einfacher und schulen das Formgefühl. Natürlich bleibt auch er aktuelle Hits schuldig:
der neueste Ed Sheeran ist erstens nach dem Heft erschienen, und zweitens darf man den ja nicht
einfach so verwursten.
Grundsätzlich gibt es innerhalb der Hefte immer eine relativ flach ansteigende
"Schwierigkeitskurve", es wird viel in Tonarten gearbeitet, die leere Basssaiten nutzbar machen,
gegriffene Bässe werden behutsam eingestreut. Aber es gibt auch mehrstimmige Stellen, es wird
mal (auf den oberen Saiten) in die Lage gerutscht, und Flageoletttöne kommen vor. Nutzt man nach
einem Heft das nächste und dann wieder das nächste, bekommen die Schüler selten einen größeren
Schock: es geht eher friedlich voran.
In den Heften Go for Guitar 1 & 2 und La Guitarra Española kommen
häufig ähnliche Verbindungen mit gegriffenen Bässen, sodass Standard-Fingersätze gut eingeübt
werden - das hilft auf dem Weg.
Thierry Tisserand
Von Thierry Tisserand kenne ich vor allem die Serie "Comme des chansons", deren
Stücke schon im ersten Heft viel beunruhigender sind: auch hier findet das meiste in den unteren
Lagen statt, das Idiom ist Folk, Blues, Jazz und Verwandtes, aber Tisserand streut immer wieder
"gitarrentypische" Dinge ein, Akkorde, die in höhere Lagen verschoben
werden, höhere Töne auf
tieferen Saiten, Dinge halt, bei denen man erst mal stutzt und sagt "Wie soll das denn gehen?!",
weil so etwas noch nie vorkam und man also etwas radikal Neues lernen muss.
Außerdem
begegnet einem zum Beispiel mal die Vorzeichnung von G-Moll, aber das Stück ist so geschickt
geschrieben, dass man konstatieren muss: wenn man es begriffen hat, ist es sehr gut spielbar,
und die eher unvertraute Tonart geht doch gut! Bei Tisserand kommt also Ungewohntes, und man
darf denken.
Maria Linnemann
Auch die pädagogische Literatur von Maria Linnemann ist unbequemer. Das Heft
"Leichte Folklorestücke" sieht zunächst brav aus, kommt aber bald mit
unterschiedlichen Techniken, Picking, Abzügen und Aufschlägen, eingestreuten Akkorden, und der
Folgeband ist definitiv schwieriger. Auch bei ihr werden Griffe in die Lage verschoben, es gibt
chromatische Bewegungen, die fürs Auge neu sind, deren Struktur man begreifen muss, aber dann
sind es anspruchsvollere, aber flockige Stücke.
"Sagen und Landschaften" ist
ein Band mit fantasievollen Folkstücken. Da die beschriebenen Wesen teilweise boshaft sind,
klingen die Stücke auch so, es gibt Takwechsel und überhaupt mal einen 7/8-Takt.
Linnemanns "Suite for Lovers" wechselt zwischen romantischen und fast
rockigen Klängen, Akkorde, Mehrstimmigkeit, Überbindungen sind Standard und machen das Heft eher
schwierig.
Mittelschwere Sammlungen
Die Hefte von Cees Hartog, zum Beispiel
"Titbits for young Guitarists", sind schon länger auf dem Markt und setzen direkt
auf einem anderen Schwierigkeitsgrad an. Gegriffene Bässe sind die Regel, mehrstimmige Akkorde
auch; die Stücke sind zwar kurz, aber nicht immer einfach.
"¡toca Guitarra!"
von 1981 wie auch "Tapas de España" von 1995 sind zwei schöne Hefte mit spanischen
Stücken in mittlerem Schwierigkeitsgrad; hier wäre auch
"Canciones populares" von Hansjoachim Kaps zu nennen. Diese Stücke im spanischen
Stil sind immer gut, um Akkordkenntnisse und Zerlegungstechniken zu verbessern.
Ebenfalls seit 1985 gibt es "Zeit für Träume" von Klaus Schindler, ein Heft, das
gleich im ersten Stück mit gegriffenen Bässen loslegt und von Seite zu Seite schwieriger wird.
H. J. Teschners "Spielbuch für Gitarre" beginnt sehr einfach und schließt quasi an
seine Gitarrenschule "Fridolin"an, steigert sich dann aber doch im Anspruch und
enthält neben folkigem Material auch Stücke aus Renaissance, Barock und Klassik. Es eröffnet
also Horizonte, die Schüler müssen aber größere Sprünge verdauen als etwa bei Wanders.
"Supermix 2 Take it Easy" von Ferdinand Neges ist in Abschnitte unterteilt, die
jeweils eigene technische Themen behandeln. Auch hier gibt es Stücke vom Autor und aus anderen
Epochen; man nutzt das Heft besser mit älteren Schülern, die schon mehrere Probleme auf einmal
vertragen können.
Eigentlich einfache Stücke, die dennoch über dem Niveau der leichten Hefte von Wanders liegen,
enthalten zum Beispiel "Gut drauf" von J. M. Borner,
"Things for Strings" von Horst Großnick oder
Rainer Falks "Traumlandschaften". Phantasievolle kurze Stücke, die vorraussetzen,
dass man sich vor gegriffenen Bässen, mehrstimmigen Akkorden und Zerlegungen nicht mehr gruselt.
Bei vielen der Stücke in solchen Heften denke ich als Lehrer, dass für den Autor eher die Idee
zu einem interessanten Stück im Vordergrund stand als Gedanken wie "Was kann ich Lernenden auf
diesem Niveau ungefähr zumuten? Kann ich das so schreiben, oder pfeffern sie das Heft dann in
die Ecke?"
In diesem Sinne schreibt Joep Wanders immer ziemlich konsequent in einem
Schwierigkeitsgrad und mutet dem Leser in einem Band selten zuviel zu.
Ansatz "Neue Musik"
Bei Heften für Anfänger findet man eher selten wirklich experimentelle Stücke, die dem Begriff
"Neue Musik" wirklich zuzuordnen wären. Dennoch gibt es Publikationen, die sich in diesem Sinne
deutlich von den bisher besprochenen abheben:
"24 Estampas" von Jaime Zenamon sind nicht alle einfach, enthalten ansatzweise
grafische Notation, bieten damit also Gelegenheit, Dinge auszuprobieren, die normalerweise nicht
verlangt werden.
Konventionell notiert, aber doch voll schräger Klänge sind die
"24 Präludien" von Carlo Domeniconi.
Die vier Serien
"Études Simples" von Léo Brouwer behandeln tatsächlich spieltechnische Themen und
sind eher etwas für Schüler, die stark interessiert sind.
Ansatz Popmusik
Ach, könnte man, dürfte man...!
Na ja, man kann schon Stücke aus dem Bereich populäre
Musik bearbeiten, die Hefte sind aber immer etwas teurer, weil die Komponisten der Stücke noch
leben und man Bearbeitungen nicht ohne Tantiemen machen darf. Dann ist es schwierig,
brandaktuell zu sein, weshalb eigentlich alle Hefte mit Popmusik immer Stücke von 1950 bis kurz
vor jetzt enthalten, und die Stücke sind immer sehr
vereinfacht, denn eine
Rockband mal eben für eine kleine Gitarre setzen, und dann noch so, dass es klingt... kein
einfacher Job! Und da jeder Hit länger ist, als eine Seite in einem Gitarrenheft, sind diese
Bearbeitungen eigentlich immer erst mit fortgeschritteneren Schülern zu machen.
"PopSongs for Classical Guitar" heißt eine Serie von Cees Hartog. Band 3 enthält
zum Beispiel Stücke von 1964 bis 1993. Und eins ist mal klar, wer "Every breath you take" von
Sting vielleicht cool findet, kennt "Love is blue" oder "And I love you so" möglicherweise nicht
mal.
Von Rainer Vollmanns stammt die Serie "Song time", in der neben
Versionen für Gitarre solo auch Melodie mit ausgeschriebener Begleitung für Gitarre, so wie
Akkorde und Anschlagsmuster gegeben werden. In Band 2 geht es mit einem Spiritual los und dann
bis zu "Wind of change". Fünfziger Jahre, Beatles, Stones in Band 4, die Schwierigkeit steigt
mit den angewandten Akkorden.
Michael Langers Serie "Acoustic Popguitar Solos" ist aufwändiger gestaltet,
verfolgt aber das gleiche Prinzip: mit "Mighty Quinn" sind die Sechziger vertreten, es gibt zwei
Beatles-Songs, zweimal Sting, und so weiter. Zu jedem Stück gibt es Text und Akkorde, eine
Bearbeitung für Gitarre und separat eine Tabulatur - viele Seiten pro Song.
Man kann sich also auch mit Popmusik weiterbilden, aber die Stückauswahl scheint mir manchmal
fragwürdig, überschneidet sich in vielen Publikationen, und der Nutzen fürs Weiterkommen
funktioniert nach dem Prinzip "Viel hilft (hoffentlich) viel".
Schwierigere Hefte
So arbeitet man sich mit den Schülern also durch Hefte für Anfänger und kann dabei dosieren: je
nach Motivation der Gruppe oder des Einzelnen wählt man sobald es geht Hefte, die fordernder
sind.
Ob man die Lernenden überfordert merkt man dann erst beim Durcharbeiten; das ist mir
schon mit "Fridolin 2" oder "Comme des Chansons 1" passiert, und das
heißt nicht unbedingt, dass man den Schüler oder die Gruppe völlig falsch eingeschätzt hat: auch
ein Schulwechsel oder Veränderungen im häuslichen Umfeld können dazu führen, dass ein zwei Bünde
höher verschobener C7 - Griff wochenlang nicht begriffen wird.
In der Serie "Folk-Jazz Ballads" von Fabian Payr geht es nicht so sehr in die Lage,
aber die schönen Stücke sind wegen der angewandten Techniken, der Rhythmik und der geforderten
Tempi anspruchsvoll. Ähnlich ist es in "Guitarra Fiësta" von Joep Wanders - diese
Stücke sind nicht ohne!
"Gigbag" von Ulrich Uhland Warnecke enthält (vor allem rhythmisch) anspruchsvolle
Stücke; bei einem ist neben den Noten auch Tabulatur angegeben, damit man alle links- und
rechtshändigen Aufschläge und Abzüge voreinander hat.
In "Caledonian Summer" von Horst Großnick oder
"Por los campos" von Friedrich Herweg stößt man plötzlich auf Stücke, die ziemlich
rücksichtslos die hohen Lagen und Barrégriffe nutzen. Bis dahin muss der Schüler das Griffbrett
so weit beherrschen, dass er sich Dinge zusammenreimen kann, die er vielleicht seit dem letzten
Unterricht vergessen hat, und besser wäre es, wenn die schwierigen Dinge gut erklärt wurden und
der Lernende fleißig genug ist.
Die Autoren der weiterführenden Hefte, die ich hier genannt habe, nutzen Stile wie Folk, Jazz,
Blues, Picking, Fingerstyle etc. Sieht man irgendwann etwas von Tárrega, Villa-Lobos,
Barrios-Mangore oder Lauro und denkt sich "Das würde ich gerne mal können!" hat man aber doch
noch einiges dazu zu lernen. Deshalb auch hier noch mal die Bemerkung, dass Sammlungen mit
Gitarrenmusik aus der Klassik, besonders zum Beispiel Etüden wie
"Matteo Carcassi, 25 Etüden Opus 60" hier sehr hilfreich sind. Man muss sich durch
einige Stücke durchbeißen, die Akkorde auf dem gesamten Griffbrett nutzen und lernt dabei dieses
hoffentlich gründlich kennen.
Hier steht etwas über Hefte, die ich in diesem Sinne
besonders gerne einsetze.
Pädagogische Literatur und "richtige" Literatur
Pädagogische Literatur nenne ich generell Hefte und Bücher, die Stücke enthalten, die dem
Lernenden auf dem Weg zur "richtigen Literatur" nutzen. Wo aber beginnt die "richtige"
Literatur?
Das ist eine schwierige Frage. Wenn man ein Konzert besucht, erwartet man von einem Pianisten
nicht, dass er Stücke von Einaudi oder Yiruma spielt, es sei denn, er ist selber diese Person.
Tatsächlich habe ich schon mal in einem Gitarrenkonzert ein Stück aus dem Heft
"Meister des Barock" von Heinz Teuchert gehört, allerdings könnte man
argumentieren, dass Stücke von Logy oder de Visée ja nicht als pädagogische Literatur konzipiert
waren, sondern der Unterhaltung von Königen und Fürsten dienten.
Beginnt ernst zu nehmende Literatur also mit einem bestimmten Schwierigkeitsgrad, und wie legt
man den fest?
In den "8 dreamscapes" von Andrew York kann man Stücke wie
"hejira" oder "watercolor" durchaus spielen, während man sich bei
"quicksilver" die Finger bricht...
Sicherlich sind die vielen "Etüden" der Klaviervirtuosen der Romantik keine pädagogische
Literatur, während die zwei- und dreistimmigen Inventionen von J.S. Bach zum Lernen verfasst
wurden.
Letztendlich kann einem diese Diskussion aber auch egal sein: viele Stücke, die man im Konzert
eines anerkannten Virtuosen nicht hören würde, klingen toll, machen riesigen Spaß beim Lernen
und wenn man sie beherrscht. Man übt, man spielt die Stücke seines Repertoires und freut sich
daran, dass man etwas mit seinen eigenen Händen macht.
Wichtig ist, dass auf den Wegen, auf denen man sich zu immer fortgeschritteneren Stücken voran
arbeitet, nicht zu viele Teilstücke oder Brücken fehlen, damit man mit fundierten Kenntnissen
ankommt. Und dann findet man auch von selbst immer neue Ziele, und hat neben Instagram und Co
noch andere interessante Dinge im Leben.
Lieblingshefte
Die Konzertgitarre hat eine lange Tradition mit der Musik aus Renaissance, Barock, Klassik und
Romantik für Gitarren- und Lauteninstrumente. Einige Hefte mit Stücksammlungen aus diesen
Bereichen möchte ich hier aufzählen, weil sie für mich eine Möglichkeit darstellen, sich in die
Tradition unserer Spieltechniken, Stückstrukturen und instrumentenspezifisch kompositorischen
Finessen einzufühlen. Abgesehen davon gibt es
so viel schöne Musik zu entdecken!
Ich setze diese Hefte sehr gerne im Unterricht ein, obwohl "schlecht funktionierende" Stücke
auch hier vorkommen. Wenn Schüler sich
darauf einlassen, haben sie hinterher womöglich mehr Ahnung, mehr
Hintergrundwissen, mehr Stilgefühl und etwas Bildung vermittelt bekommen, was
heutzutage ja nicht mehr gang und gäbe ist.
Solche Sammlungen gibt es natürlich aus vielen
Verlagen und von vielen Herausgebern. Insofern sind die Hefte, die ich hier nenne
nur als Beispiele zu verstehen.
Der Fluch der "ersten Stücke"
Eine
Kritik muss ich hier allerdings vorab loswerden: Die Zahl der Hefte und
Sammlungen, die im Titel das Adjektiv "leicht" führen ist Legion! "Leichte
Stücke aus Italien", "Meine ersten Meister des Barock", "Easy Pieces from..." und so weiter: es
ist einfach unglaublich, wie leicht alles ist! Jahrelang sind die Leute am Üben, und dann müssen
sie wieder und wieder Noten akzeptieren, die "leicht" sein sollen... Also wirklich!
Meistens stimmt das schlicht nicht. In vielen Heften finden sich vorne einige einfachere Stücke,
und dann steigt der Schwierigkeitsgrad mal sanft, mal steiler an. Die letzten Stücke sind
nachweislich (dafür kann man Kriterien finden) nicht mehr einfach. Das Ganze ist ein
Verkaufstrick, sonst nichts.
Renaissance
Musik der
Renaissance kommt fast aus einer anderen Welt. Die Tänze sind noch am besten
verdaulich, Tanz und Nachtanz oder Allemande und Galliarde sind die Keimzelle der barocken
Suite. Die kontrapunktischen Stücke wie Fantasie und Ricercar sind oft schwer zu verstehen und
viele einfache Werke dieser Art gibt es nicht. Richtig cool sind die Variationen über Tenores
wie Folia oder Passemezzo - daran kann man
improvisieren üben wie heutzutage
über einen Blues, und das haben die Musiker in der Renaissance auch getan.
Von
Heinz Teuchert gibt es eine Serie mit dem unvermeidlichen Titel
"Meine ersten Gitarrenstücke". Das Heft 3 heißt
"Meister der Renaissance" und enthält sehr schöne Stücke unterschiedlichen
Charakters. Die letzten vier sind so viel schwieriger, dass ich sie erst nach einer längeren
Pause durchnehme - siehe die Kritik oben.
Karl Scheits
"Leichte Stücke aus Shakespeares Zeit" durfte ich selbst als Schüler durcharbeiten
und halte es immer noch für sehr gut.
In Scheits
"Die leichtesten Solostücke berühmter Lauten- und Gitarrenmeister" finden sich im
ersten Teil Stücke der Renaissance; die zweite Hälfte ist der Klassik gewidmet.
Fortgeschrittenen Schülern stelle ich irgendwann immer ein Heft von
Emilio Pujol namens "Hispanae Citharae Ars Viva" vor, das einige sehr
schöne und sehr schwierige Stücke enthält, die man absolut kennen darf.
Wer diese Musik
mag, sollte nach Komponisten wie
Luys Milan, Francesco da Milano und Thomas Robinson forschen.
"El Maestro", das einzige Werk von Milan, erscheint 1536 als erste Publikation für
Vihuela und hat ein erstaunliches Niveau. Es enthält schlicht keine einfachen Stücke. Die frühe
deutsche Musik ist eher etwas für Hartgesottene; gleiches gilt für polnische Renaissancestücke.
Barock
Die musikalische Sprache des
Barock ist uns schon vertrauter. Sie ist von der Technik des Generalbasses
geprägt. Die Gleichberechtigung der Stimmen der polyphonen Werke der Renaissance wird aufgegeben
zugunsten einer neuen Struktur: die Oberstimme führt, die Basslinie ist der Kontrapunkt, die
Begleitung wird nach dem bezifferten Bass improvisiert. Das ist vom Konzept her so ähnlich wie
eine Rockband; die harmonische Sprache ist natürlich eine andere.
Mein Lieblings - Einführungsheft ist wieder vom Herausgeber Teuchert,
"Meister des Barock".
Karl Scheit hat eine ganze Reihe von Komponisten und
anonymen Sammlungen herausgegeben,
"Leichte vergnügliche Originalstücke aus dem 18. Jahrhundert" (was für ein Titel!)
enhält schöne, einfache Stücke, die Suiten von Logy sind schon ganz schön anstrengend, und bei
de Visée braucht man
ordentlich Biss.
Überhaupt hat man mit gezupfter Barockmusik ja ein ständiges Problem: die Gitarre der Zeit
unterschreitet den Tonumfang der heutigen Gitarre erheblich, und die Lauten haben viel mehr
Umfang im Bass.
Abgesehen davon, dass Doppelsaiten und geringere Saitenspannung einen anderen Klang erzeugen,
muss man die Stücke sehr stark bearbeiten. Große Teile der Literatur für barocke
Lauteninstrumente sind dadurch auch noch gar nicht großartig berücksichtigt worden. Italienische
Musik für Arciliuto oder Stücke für Chitarrone sieht man selten in Bearbeitungen, Gleiches gilt
für französische Lautenmusik.
Von Sylvius Leopold Weiss gibt es einige
Einzelsätze und ganze Suiten, die aber definitiv für Fortgeschrittene sind. Die Lautenwerke des
Herrn Bach sind ein ganz anderes Problem...
Eine lohnenswerte Entdeckung sind die
Partiten für Colascione von Brescianello, die Ruggero Chiesa publiziert
hat. Wenn man positive Klischees zu italienischer Musik bestätigt haben möchte: bitte sehr,
hier!
Klassik
Die
Klassik ist eine besondere Epoche für uns Gitarristen: die Gitarre erhält ihre
heutige Bauform (im Prinzip) und Stimmung, die Stücke kann man eins zu eins spielen. Und die
Gitarre erobert den Salon - deshalb gibt es viel Meterware, also Musik, die qualitativ einige
Etagen unter der der Säulenheiligen Haydn, Mozart und Beethoven rangiert. Es gilt, die Perlen zu
entdecken, und viele Stücke werden zu guter Musik dadurch, dass sie jemand wirklich gut spielt!
Die Klassik ist auch die Zeit der
Zerlegungen und der Etüden!
Akkordisch aufgebaute Stücke, die durch immer neue Anschlagsmuster virtuos wirken und "typisch
gitarristisch" sind, Stücke, bei denen sich hinter dem Titel "Übungsstück" wunderbare Musik
verbirgt!
Von etlichen Komponisten gibt es Hefte mit 12 oder 24 Etüden pro Opuszahl, die
man sicher nicht alle gespielt haben muss...
Und Werke für zwei Gitarren haben die
Komponisten auch fleißig komponiert, darunter Material für Anfänger und richtig schwierige
Sachen.
Im
"Gitarren-Archiv" des Schott Verlages sind viele Werke der Klassik und
Romantik erschienen. Mein Einstiegs-Favorit ist "Carulli-Brevier Band 1" in der
Kreidler-Ausgabe. Das Heft ist nicht so dünn wie manches andere, und wenn einem ein Stück nicht
so gefällt, hat man es immerhin als Blattspielmaterial mit dabei. Es beginnt einfach und endet
mit den flotten Rondos aus Carullis Gitarrenschule, die in vielen Sammlungen zu finden sind.
Jeder fortgeschrittene Schüler wird bei mir irgendwann mit
"Matteo Carcassi, 25 Etüden Opus 60" in der Teuchert-Ausgabe konfrontiert. Das ist
ein Heft, das groß und stark und schlau macht! Wenn auch einige der Stücke vorwiegend
Fleißarbeit zur sicheren Griffbrettkenntnis zu sein scheinen, so werden doch viele sehr
grundlegende Techniken behandelt, die man meiner Ansicht nach studiert haben
sollte, bevor man sich Tárrega, Turina, oder Villa-Lobos nähert. Diese Funktion
hat bei anderen Lehrern vielleicht Sor, Opus 35 oder was immer, aber jeder Gitarrenschüler
sollte sich irgendwann mit so einem Paket Schwarzbrot auseinander setzen!
Ein Tipp für Vielspieler: Unter dem Serientitel
"Klassiker der Gitarre" gibt es bei
"Deutscher Verlag für Musik, Leipzig" mehrere dicke Bücher von 120 bis 200 Seiten, die
endlos Material aus Klassik und Romantik enthalten. Banales neben guten Sachen, kleine Etüden
neben 20 minütigen, schwierigen und guten Sonaten von Carulli; die Bände sind nach Schwierigkeit
geordnet, die Ausgaben sehr glaubwürdig und der Preis nicht so hoch (Je dicker das Buch, desto
niedriger der Preis pro Seite.).
Romantik
In der
Romantik sinkt die Popularität der Gitarre wieder etwas: die Stücke von
Coste, Mertz, Marschner und Kollegen sind nicht mehr so bekannt wie die der Virtuosen
der Generation davor, die vielfach im Laufe ihres Lebens von Madrid über Neapel, Wien, Moskau
und Petersburg nach Paris tourten (mit Pferdestärken).
Cano, Damas, Ferrer und Arcas sind spanische Namen, die man kaum präsent hat, und schon
kommt die Schlussfolgerung: wir spielen alle zu wenig Tárrega!
Von
Wolf Moser gibt es ein Heft namens "Leichte Gitarrenstücke aus Spanien",
das ich gerne einsetze, aber... "leicht" ist auch hier untertrieben.
Von
Francisco Tárrega gibt es bei Chanterelle Faksimile - Ausgaben, die
Originale und Bearbeitungen enthalten, darunter langsame Sätze aus Beethoven-Klaviersonaten oder
Fragmente aus Wagner-Opern. Schwere Kost! Der Verlag Berbén hat ein Heft mit
"23 composizioni originali" herausgebracht, das ich sehr schön finde. Das
technische Niveau ist hoch, aber das Bemühen um Tárrega lohnt allemal! Allein wie er das
Lagenspiel aus klanglichen Gründen einsetzt ist bewusstseinserweiternd...
Populäre Musik
Populäre Musik - Rock, Pop, Blues, Jazz, Metal, Filmusik, was auch immer - IST COOL! Das ist mal
klar! Warum lässt der brave Gitarrenlehrer seine Schüler nicht mehr davon spielen?
Nehmen wir mal an, er sei guten Willens, möchte erfolgreich arbeiten und wünscht sich, dass
seine Schüler gut Gitarre spielen lernen. Was sind wirklich die Gründe dafür, dass er immer
wieder abblockt, wenn die Frage nach bekannten Stücken kommt?
Ich versuche Antworten zu geben, die von
"der Lehrer hat Schuld" über
"die Musik ist schuld" bis hin zu
"die Schüler sind schuld" Gründe aufzählen. Leider gibt es die meisten
Punkte in blau; das liegt teilweise an Gruppendynamik und sicher
daran, dass ich wie immer nur durch meine Brille schauen kann...
Der Lehrer...
1. Der Lehrer kennt die Musik nicht.
Ich gebe zu: ich höre kaum Radio. Weder beim Arbeiten, noch beim Autofahren, noch beim
Joggen. Ich bin über die meistgespielten Songs im Radio nicht mehr informiert, und das ist ja
auch korrekt so, schließlich ist Popmusik seit Rock'n Roll die Musik der Jugend und der
Rebellion.
Gegenmittel: Wir leben im Zeitalter des Internet! Wenn mir ein
Schüler einen youtube - link schickt, höre ich mir das an, überlege, ob man das nutzen
könnte, und ich kann auch durchaus im Netz nach Songtexten mit Akkorden suchen. Man sollte als
Schüler also nicht nur den Kopf schütteln über meine Radio-Jingle-Allergie, sondern lieber
handeln und schauen, ob ich dann drauf anspringe...
2. Der Lehrer kann das nicht bearbeiten.
Dieser Grund kann verschiedene Teilursachen haben: entweder der Lehrer kann es wirklich
nicht oder hat keine Lust dazu, oder es erscheint unsinnig, weil das Stück
ungeeignet ist (das allseits
beliebte Klavierstück passt eben nicht für Gitarre) - dazu später mehr.
Zwei weitere
wichtige Ursachen: der Schutz geistigen Eigentums - darf man selber bearbeiten, oder MUSS man
kaufen - und die Menge an Arbeit: gerade eine spielbare, aber trotzdem noch halbwegs korrekt
klingende Bearbeitung zu erstellen dauert Stunden und Stunden. Welcher Musikschullehrer kennt
das nicht: ein halbes Wochenende mit der Bearbeitung eines Elton-John-Songs verbraten, und dann
spielt das ein einziger Schüler, nicht mal wirklich motiviert, weil es doch schwer zu spielen
ist, und das war's. Toll!
Gegenmittel: Da weiß ich keines. Bearbeitungen schreiben kann
großen Spaß machen, einen mit Stolz erfüllen, und der Lohn sind manchmal viele Nutzungen über
die Jahre, vielleicht mal ein kleines Lob. Geld verdienen darf man damit nicht!
Allerdings
sind viele Wiederaufnahmen oft eine Illusion, denn Popmusik hat ein kurzes
Verfallsdatum. Und statt Lob gibt es häufig nur Kommentare wie "Warum können wir nicht mal öfter
sowas machen, statt immer nur Klassik zu spielen...".
Die Musik...
3. Die Stücke sind ungeeignet.
Viele Songs beziehen ihren großen Charme daraus, dass jemand singt und eine Geschichte
erzählt, sind aber bei näherer Betrachtung unglaublich simpel gestrickt, bestehen über weite
Strecken aus wenigen Tönen und sind ausgesprochen langweilig, wenn man sie instrumental umsetzt.
Daran mag auch liegen, dass man in den Heften, die man kaufen kann, immer wieder dieselben Songs
findet.
Und Popmusik ist rhythmisch unheimlich
vertrackt. Rhythmisch
korrekt spielen zu lernen ist DAS GROSSE THEMA jeglichen Musikunterrichts, und ich hoffe, man
darf als Lehrer ein bisschen frustriert sein, wenn Schüler, die noch Schwierigkeiten mit
punktierten Vierteln haben verlangen, R & B-Hits zu spielen. Die bekannten
Interpreten sind vielleicht schon als Baby mit Mama in die Kirche gegangen, wo nicht nach dem
Gotteslob, sondern Gospels mit Band und Klatschen auf dem Off-Beat gesungen wurden und
können das einfach.
Viele Stücke sind insgesamt durchaus schwierig. Sehr viele Musiker der internationalen
Popmusikszene welcher Stilrichtung auch immer sind wirklich große Könner! Ein bisschen Respekt,
bitte! Auch eine Filmmusik für Orchester ist als Bearbeitung für Gitarre nicht immer einfach!
Gegenmittel: Geduld. Fleiß. Realistische Ziele.
Kein
Geigenschüler, der gerade das erste Menuettchen kratzt, erwartet, nächste Woche Brahms'
Violinkonzert als Hausaufgabe zu bekommen. Gitarrenschüler stöhnen, weil in dem zweistimmigen
Stück nicht nur die zweite Lage, sondern auch noch ein gegriffener Basston verlangt wird. Aber
sie halten ihren Lehrer für borniert, weil er Metallica-Hits verweigert, von denen er weiß, dass
sie noch zu schwierig sind!
4. Die Stücke sind nicht verfügbar.
Ein komplexes Thema. Die Gema und freundliche Anwälte wachen darüber, dass niemand
geistiges Eigentum klaut, und das ist auch in Ordnung. Es gibt große Mengen Noten kostenlos im
Netz, Originalausgaben und Facsimiles, deren Copyright abgelaufen ist, und Abschriften in
Notenschreibprogrammen, aber dabei ist garantiert keine populäre Musik oder auch
sogenannte E-Musik von Komponisten, die davon noch ihr Butterbrot bezahlen wollen. Ich kann hier
- siehe unten - eine Courante von Robert de Visée publizieren, aber wenn ich eine Bearbeitung
von "Yesterday" hier hinterlege, kommen die Anwälte von Paul McCartney und verklagen mich.
Es gibt im Bereich Lehrbücher für Jazz eine ganze Menge Bücher, in denen Stücke
beinahe original stehen, aber eben so weit abgewandelt, dass die Anwälte keinen Erfolg haben.
Und die Titel sind dann auch geändert - "My funny Valentine" heißt dann eben "My Valentine", und
fertig.
Man kann sehr wohl vieles als Songbooks oder in Bearbeitungen kaufen. Aber wer gibt schon 29
Euro wegen eines Songs aus?
Es gibt geschickte Vermarktungstrategien, die bei Bearbeitungen von Popmusik immer
wieder angewendet werden: jedes Heft mit den "größten Hits für..." enhält immer einen oder zwei
mehr oder weniger aktuelle Hits, zwei oder drei weitere, die schon 20 Jahre auf dem Buckel
haben, und dann noch Stücke aus dem Bereich Folklore (dafür muss man dann nichts bezahlen), die
man schon aus 20 anderen Publikationen kennt. Das war schon im "Liederbuch Student für Europa"
mit den Folgebänden "Liederkarren, Liedersonne, Liederbaum etc." so: 5 Hits, 10 Songs für
Folkies, Kinderlieder, Volkslieder, und das in jedem Heft. Diese Behauptungen lassen sich durch
Internetrecherche leicht überprüfen. Inhaltsverzeichnisse lesen, Kundenkommentare lesen, so
erfährt man: die wirklich bekannten und beliebten Stücke (die damit noch lange nicht gut
geeignet sind) sind vorhanden, aber brav so verstreut, dass man viel, viel kaufen muss. Wir
leben in der freien Marktwirtschaft!
Die Schüler...
5. Das Stück passt dem Schüler doch nicht.
Die Gründe dafür, dass es nicht klappt mit dem fröhlichen Üben von populären Stücken sind
oft sehr banal. Der Lehrer sagt "Das kann man nicht bearbeiten, das wird zu schwierig!" aber
Schüler und oft auch die Eltern glauben ihm nicht. Tatsächlich kann ein erfahrener Lehrer meist
sehr gut einschätzen, was seine Schüler schon zu leisten im Stande sind.
Wer kurze zweistimmige Stücke auf der Gitarre spielen kann, ist in der Regel mit 3 Minuten
langen Songs, die rhythmisch sehr komplex sind, vom Tonumfang Lagenspiel erfordern und von der
Harmonik eben nicht mit leeren Bässen zu machen sind garantiert überfordert. Die anfängliche
Begeisterung ist schnell dahin, und jeder merkt irgendwann, dass minutenlang einstimmig
pentatonische Vierton-Phrasen zu dudeln langweilig ist.
Genauso ist es mit der Songbegleitung: es gibt extrem wenige attraktive Songs, die ohne
Barrégriffe auskommen. Die sind aber schwierig, und schon die Standardakkorde wechseln zu üben
braucht eine gewisse Motivation.
Gegenmittel: siehe oben: Blood, Sweat & Tears. Realistische
Einschätzung des bisherigen Könnens, und Begreifen, dass man mit neun vielleicht noch nicht
kann, was gestandene erwachsene bühnenerfahrende Musiker auch nicht aus dem Ärmel schütteln.
Aber wenn man sich anstrengt und Fortschritte erkämpft, statt zu denken, die Gitarre sei eine
Art Tablet, geht doch etwas. Nach den Akkorden 1-4 lernt man die nächsten fünf, und irgendwann
fragt man sich, warum man sich jemals vor F-Dur gefürchtet hat.
6. Es gibt keinen Gruppenkonsens.
Als Gitarrenlehrer habe ich viel Erfahrung mit Gruppenunterricht. In einer Gruppe muss man
sich einigen. Bei etwas älteren Schülern verlange ich zu diesem Thema auch etwas Einsatz: auf
die Frage "Können wir mal was Bekanntes mit Akkorden spielen?" erwarte ich, dass Links zum
Beurteilen von Stücken, die in Frage kommen herausgesucht, herumgeschickt, angehört und
bewertet, also in der Gruppe diskutiert werden. Man kommt nicht wirklich vom Fleck, wenn die
Hälfte der Mannschaft mit "nö, das finde ich aber doof" die Aktion boykottiert.
Gegenmittel: sind hier extrem simpel, aber ebenso schwierig zu
erreichen: ALLE müssen mitmachen. Man muss seinem eigenen Anspruch gerecht werden. Die
Einbeziehung des Internet setzt voraus, dass alle Familien einen Anschluss haben und bereit
sind, Dinge zu lernen. Kinder, die ältere Geschwister haben, gehen oft sehr selbstverständlich
mit diesem Thema um.
7. Unser Drucker ist kaputt.
Wie bereits gesagt: ich setze ein bisschen etwas voraus, aber der geneigte Leser glaubt
gar nicht, wie lange es in einer Fünfergruppe dauern kann, bis alle das Material dabei haben.
"Unser Drucker ging nicht", "Meine Eltern rufen nicht immer Mails ab" (ich hatte doch gesagt,
dass ich eine schicken werde...) und "Noten vergessen" sind die häufigsten Entschuldigungen, die
die Arbeit wirklich wochenlang aufhalten können. Minutenlanges Gegacker von Teenagern, weil beim
Dritten die Blätter auf den Boden segeln, die lose im Heft liegen ist auch nicht ewig lustig.
Gegenmittel: Druckerfarbe kaufen, eine Mail mit der Bitte um
Ausdrucken schreiben, die "losen Zettel" in eine Mappe packen, wichtig nehmen und mitbringen.
8. Wir wollen aber nicht singen.
In der Realität sieht es so aus, dass man als Lehrer regelrecht Vorwürfe gemacht bekommt,
weil man keine populären Stücke im Unterricht nutzt, und alle oben angeführten Gründe "zu
schwierig, musikalisch ungeeignet, zu schwierige Akkorde" werden abgelehnt. Stimmt alles nicht,
man muss doch einen Rap für Gitarre solo bearbeiten können!
Dann hat man sich endlich auf etwas geeinigt, der Lehrer hat die Akkorde in eine Tonart
transponiert, die möglichst wenige schwierige Griffe nötig macht, eventuell kommt ein Kapo zum
Einsatz, und dann weigern sich alle zu singen und wollen minutenlang fünf Akkorde wechseln, von
denen drei nicht geübt wurden. Da ich das nicht gut aushalte, brummele ich ein bisschen von der
Melodie und werde ausgelacht, weil ich nicht gut singe. Na großartig, so sind Beyoncé Knowles
und Samu Haber auch zu Stars geworden!
Gegenmittel: Teenager fühlen sich angeguckt und beurteilt.
Ständig. Alles, was ich mache beurteilen die Altersgenossen als cool oder nicht. Also mache ich
möglichst - nichts. Dann kann mir nichts passieren. Ich verstehe das, ich kann mich gut
erinnern, meine Akne war so ausgeprägt, dass ich ein tolles Spottziel abgab.
Wenn man aber
Lieder mit Akkorden begleiten lernen will, muss man schon ein bisschen singen und sich von dem
Gefühl "alle finden mich komisch" befreien.
Ich muss in diesem Zusammenhang immer an eine
Austauschschülergruppe aus Polen denken, die mal hier gastierte, und die mit ihrem Lehrer
schockierend toll und natürlich gesungen haben. Ein bisschen geziert haben die sich auch,
aber... wahrscheinlich konnte der Lehrer sie besser motivieren.
Wenn man "deutsche Eigenschaften" beschreiben will muss "Ein durchschnittliches deutsches Kind
singt nicht." unbedingt dabei sein. Wir beneiden alle Länder um uns herum um ihre tollen
Folksongs, wir besuchen irische und afrikanische Trommelkurse, aber selber singen, und sei es in
einer Gruppe von fünf Leutchen, mit denen wir seit Jahren zusammen Gitarre spielen lernen -
igitt, no way!
Zusammenfassung:
Doch, die Filmmusik zu den Piraten der Mikrobik macht mir auch Spaß! Und es gibt immer wieder
Songs, auch Chart-Erfolge (die wirklichen Perlen werden oft nicht so bekannt), die sowas von gut
sind...
Das große "ABER" setzt sich aus der Machbarkeit, die viel mit dem Alter der betreffenden Schüler
zu tun hat, und aus der tatsächlichen Bereitschaft mitzumachen zusammen. Niemand wird groß und
kann etwas ganz tolles, weil er es sich wünscht. Es steht ein bisschen Arbeit davor. Genau das
ist das phantastische an Musik: musizieren geht nicht auf Knopfdruck. Es ist immer ein
Lernprozess, den man durchlaufen darf, egal, ob man eine Beethovensonate spielen, oder Carltons
"A thousand miles" spielen UND singen will.
Der durchschnittliche Gitarrenlehrer, der versucht, seinen Schülern etwas beizubringen, sucht
immer nach Wegen, die funktionieren, die Können und Wissen erzeugen und festigen, und auf denen
man aufbauen kann. Man kann durch Schaumschlägerei, Vereinfachung und gute Werbung in der
Öffentlichkeit ein Bild erzeugen, dass suggeriert, dass man hier ganz einfach, ohne große Mühe
phantastische Sachen lernt und in kürzester Zeit die großen Bühnen rockt - die Diskussion über
die Auswirkungen der Castingshows findet öffentlich genug statt.
Tatsächlich kann man den Uralt-Sprüchen wie "Übung macht den Meister" immer noch nicht viel
hinzufügen. Selbst Leute, die auf einer Zugfahrt eine Beethovensonate durchlesen, und sie dann
hinterher ohne in die Noten zu schauen spielen können, müssen sie
immerhin lesen. Wer über etwas weniger Genialität verfügt, den zieren Bescheidenheit
und Eifer, auch im Zeitalter des Internet. Und auch die "fabelhafte Welt der Amélie" klingt erst
fabelhaft, wenn man ganz konkret übt.
Positives Resümee:
Wenn im Unterricht Popmusik gespielt wird und die Schüler alt genug sind und sich wirklich an
der Materie abarbeiten, kann das großartige Fortschritte geben! Da hier oft gänzlich
andere, eher schwierigere
rhythmische Probleme vorliegen als bei klassischer Musik, ist dieses Lernen besonders wichtig.
Ich glaube allerdings, dass wirkliches Nachdenken über Rhythmus, also
Zählen beim Spielen und überhaupt das Begreifen von Punktierungen und Überbindungen,
erst ab dem "Bruchrechenalter" möglich ist. Vorher können Kinder das entweder aufgrund ihrer
Begabung, oder eben nicht. Das ist aber eine Schlüsselfrage bei dieser Thematik.
Wenn man zum Beispiel die Bearbeitungen von Michael Langer im Dux Verlag, oder die "Pop Hits"
von Ansorge/Szordikowski (Schott) anschaut, wird sofort klar: man muss gegriffene Bässe,
Zerlegungen und drei- und vierstimmigen Anschlag beherrschen. Während Folksongs wie "Amazing
Grace" oder "Aura Lee" 16 respektive 12 Takte umfassen, braucht man für die "Titanic" etwas
längeren Atem, und "Over the Rainbow" verlangt auch mal den 10. Bund.
Aber mit Geduld und Fleiß lernt man ja irgendwann, wie die Noten über dem Regenbogen
heißen...
Werktreue oder freie Bearbeitung
Durch die Geschichte der Bearbeitung von Stücken für Lauten, Vihuela oder Barockgitarre für die
moderne Konzertgitarre zieht sich immer wieder die Frage nach der Genauigkeit der Übertragung.
Dabei gab es verschiedene Ansätze:
-
Jeder Ton in einer Tabulatur wird nur als bis zum nächsten erklingenden Ton dauernd notiert.
Alle Noten sind also als kurze Töne aufgeschrieben, nichts wird gehalten, Lauten haben sowieso
keine lang klingenden Töne.
Dies ist eine nüchtern-wissenschaftliche Betrachtungsweise,
die bei den frühen Übertragungen angewandt wurde.
-
Die Töne werden so übertragen, wie die Dauer im harmonisch / melodischen Gefüge sinnvoll wäre.
Hier sind Töne manchmal länger, als sie klingen würden und als sie technisch möglich wären.
Diese Herangehensweise beinhaltet mehr "musikalische Meinung".
-
Die musikalisch sinnvolle Länge der Töne wird angegeben, aber bezüglich der technischen
Möglichkeiten korrigiert. Wenn eine Note nicht gehalten werden kann, wird sie als kürzer
notiert. Der Herausgeber braucht wirkliches genaues Wissen über Instrument und Spieltechnik,
Möglichkeiten von Fingersatz etc.
Aus heutiger Sicht sind die frühen Auseinandersetzungen über die Übertragung zum Beispiel der
Werke von Luys Milan schon irgendwie komisch, aber irgendwie musste die Entdeckungsreise ja
anfangen...
Karl Scheits Bearbeitungen von Barockmusik
Karl Scheit, der große Gitarrenpädagoge und Herausgeber, hat die D-Moll Suite von de
Visée 1944 in der Universal Edition (Nr. 11322) veröffentlicht. Er ist mit der
Barockgitarrentabulatur insofern sehr frei umgegangen, als er den Tonumfang der modernen Gitarre
reichlich ausgenutzt hat. Die Barockgitarre dürfte für diese Stücke bestenfalls ein
tiefes d auf dem vierten Chor haben; der fünfte Chor, das
a, wurde für Solostücke unisono hoch gestimmt. Scheit hat munter nach
unten oktaviert und die 5. und 6. Saite der Konzertgitarre genutzt. Außerdem hat er
durchzustreichende Akkorde durch Einzelnoten ersetzt, ausgedünnt oder jedenfalls nicht als in
Rasguado-Manier zu spielen gekennzeichnet. Schließlich hat er die Passacaille nicht mit
übertragen, weil er sie für musikalisch minderwertig hielt.
In den siebziger Jahren befasste sich Scheit mit Ausgaben der Werke
Ludovico Roncallis. Im Vorwort der 1977 bei U.E. publizierten Suite G-Dur gibt er als
Originalstimmung der Barockgitarre bei Roncalli zwei hohe d und zwei
hohe a auf den Chören 4 und 5 an, sodass die G-Saite der tiefste Ton des
Instrumentes ist. Scheit nutzt denn auch in der Ausgabe selten Töne auf der 4. Saite und kaum
einmal das C auf der A-Saite und das G auf der
tiefen E-Saite. Außerdem gibt er hier sogar bei Auftakten durchzustreichende Akkorde mit
Fingersatz für die Anschlagshand. Seine Herangehensweise hat sich also radikal geändert.
Mittlerweile gibt es mit der Nummer
UE 34480 eine Neuausgabe der D-Moll-Suite de Visées unter dem Serientitel
"New Scheit Edition". Hier wird genauer nach den Quellen gearbeitet, der Umfang im
Bass ist reduziert, die Rasguados werden übertragen, und die von Karl Scheit selbst für
musikalisch zu schwach gehaltene Passacaille, die tatsächlich harmonisch das interessanteste
Stück der Suite ist, wurde in das Heft aufgenommen.
Courante von de Visée für 11chörige Laute
Eine Seite aus der Saizenay - Handschrift: die Courante aus der bekannten Suite in D-Moll von
Robert de Visée in einer zeitgenössischen Bearbeitung für 11chörige Laute. Unten meine
Übertragung in Gitarrennotation.
Diese Bearbeitung für elfchörige Laute eines der Sätze der genannten D-Moll-Suite aus dem
Saizenay-Manuskript ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Einmal sieht man, dass man diese Tabulatur
nicht einfach so auf einer Gitarre spielen kann, obwohl sie für ein Manuskript sehr sauber
geschrieben ist - die Spielsaiten sind nämlich auf
f'-d'-a-f-d-A gestimmt. Diese etwas engere Lage der Intervalle zwischen
den Saiten macht auf der
Barocklaute Akkorde möglich,
die in Gitarrenstimmung kaum zu realisieren sind. Ein harmloses Beispiel ist der Schlussakkord -
heftigere Griffe bekommt man bei S. L. Weiss ständig geboten.
(Zum Vergleich: Diese Seite
aus dem Capirola - Lautenbuch
kann man nach dem Umstimmen der g-Saite auf fis einfach abspielen.)
Die Bearbeitung ist nun für mich insofern interessant, als die Barocklaute wie die moderne
Gitarre einen viel größeren Tonumfang hat als die fünfchörige Gitarre (in welcher Besaitung auch
immer). Und was macht der barocke Bearbeiter? Tiefe Bässe die Menge einfügen, die Akkorddichte
etwas ausdünnen - im Prinzip etwas sehr ähnliches wie K. Scheit anno 1944. Eine hübsche
Überraschung, und eine Quelle, die zusätzlichen Stoff zum Nachdenken gibt zur Frage "Lohnt es,
Stücke für 5chörige Gitarre auf der modernen Konzertgitarre möglichst imitierend zu bearbeiten
und zu spielen, lässt man ganz die Finger davon oder geht man unter der Prämisse "das ist ein
völlig anderes Instrument" an die Sache heran...
Grundprobleme bei Bearbeitungen für Gitarre
Was sind eigentlich die Vorüberlegungen, die man anstellt, wenn man ein Stück für Gitarre
bearbeiten möchte, das eigentlich nicht für Gitarre gedacht ist?
Manche Stücke sind aus verschiedenen Gründen wenig zum Bearbeiten
geeignet, textlastige Popsongs,
oder Orchesterstücke, weil ein Orchester doch etwas mehr Sound macht als eine kleine Gitarre und
die nur eine Stimme spielenden Orchesterinstrumente wirklich viel schneller spielen können als
der Gitarrenanfänger. Trotzdem möchte man ein Stück bearbeiten. Wie geht man die Sache an?
Mein Beispiel sei die Titelmusik der Piraten der Karibik von Klaus Badelt, die alle
spielen wollen, und ich hoffe, dass ich mit kurzen Ausschnitten keine Copyright-Verletzung
begehe. Es geht hier nicht darum, das Stück komplett zu zeigen, sondern Kriterien für
unterschiedliche Möglichkeiten darzustellen.
Der Schwierigkeitsgrad
Ein Stück für ein ausgewachsenes Sinfonieorchester hat keinen Schwierigkeitsgrad für Gitarre -
den macht der Bearbeiter. Wenn man die "Piraten für Gitarre" googelt, findet man Ausgaben für
Gitarre auf den einschlägigen Seiten, und es ist interessant, vorhandene Kundenbewertungen zu
studieren, die teilweise ziemlich genau formulieren, ob das gekaufte Heft schwieriger ist als
erwartet, oder die Stücke so einfach gemacht wurden, dass sie nicht mehr wirklich nach dem
Original klingen.
Wie komplex man seine Bearbeitung tatsächlich macht, ist von vielen Faktoren abhängig, aber der
des kommerziellen Erfolges ist sicher wichtig. Es gibt natürlich gelungene Mischungen zwischen
künstlerischen und pädagogischen Aspekten, wie zum Beispiel die Publikationen von
Michael Langer oder Peter Ansorge/Bruno Szordikowski zeigen.
Etwas anders ist es, wenn man etwa ein
Klavierstück für Gitarre
bearbeitet. Da das Klavier einen viel größeren Umfang hat als die Gitarre, und man auf ihm mehr
Töne gleichzeitig spielen kann, wird eine anspruchsvolle Bearbeitung immer viel schwieriger sein
als das Stück auf dem Originalinstrument. Aber ein Klavier ist noch kein Orchester: einfache
Klavierstücke bekommt man auch als Gitarrenbearbeitung ganz gut hin. Man kann zum Beispiel die
Klavierbegleitung des Wiegenlied op. 49,4 von Johannes Brahms tatsächlich mit fast
allen Tönen (der Schlussakkord!) auf der Gitarre mit auf
D herabgestimmter E-Saite spielen. Man turnt dabei zwar in den obersten
Lagen herum, aber es ist nicht unendlich schwer.
Der Umfang der Melodie
Dies ist das erste Kriterium bei der Vorbereitung:
aus welchen Tönen besteht die Melodie? Den fünftönigen Kuckuck kann man in
vielen Tonarten aus dem Wald rufen lassen, die Piraten aber räubern in einer kleinen Dezime.
Fängt man zu hoch an, muss man ständig in die hohen Lagen, startet man zu tief, passt nichts
mehr unter die Melodie an Basstönen und Begleitung. Konkrete Beispiele:
-
In A-Moll geht die Melodie von e bis g', vom
2. Bund der d-Saite bis zum 3. Bund der hohen e-Saite,
-
in D-Moll von a bis c'', also vom 2. Bund der
g-Saite bis zum 8. Bund der e-Saite,
-
und in E-Moll vom h bis zum d'', also von der
h-Saite bis zum 10. Bund der e-Saite.
Die tiefsten und höchsten Töne der Melodie sollten erreichbar sein, aber nicht zu tief liegen.
Wenn man eine Version plant, bei der die Melodie bis in die oberen Lagen geht, wird es
garantiert nichts für Anfänger.
Akkorde und Basstöne
Ein Stück hat in der Begleitung bestimmte Akkorde, die irgendwie in die Bearbeitung integriert
werden wollen. Um einen A7♭9 zu repräsentieren,
kann man natürlich a, cis, e, g, b spielen, es reicht aber aus, die
Noten cis und b zu setzen: damit hat man die
große Terz, den wichtigsten Ton von A-Dur, und die kleine None, die die Septime quasi mit
einschließt.
Die sparsamste Möglichkeit, einen Akkord zu bringen, ist seinen Grundton in
den Bass zu setzen.
Ein nächstes wichtiges Kriterium für eine Bearbeitung ist also,
wie bequem die benutzten Akkorde zu greifen sind, wo die Basstöne liegen und
welche von ihnen auf leeren Saiten spielbar sind. Die Grundtöne der benutzten
Harmonien sieht man in der folgenden Tabelle.
Die leeren Basssaiten habe ich in der
Tabelle grün gefärbt. Je mehr grün in einer Reihe, desto bequemer ist
wahrscheinlich die Tonart.
Tonart |
t |
s |
d |
D |
tP |
sP |
dP |
Umfang |
Am-Moll |
Am |
Dm |
Em |
E |
C |
F |
G |
e-g' |
H-Moll |
Hm |
Em |
Fism |
Fis |
D |
G |
A |
h-d'' |
C-Moll |
Cm |
Fm |
Gm |
G |
Es |
As |
B |
g-b'' |
Cis-Moll |
Cism |
Fism |
Gism |
Gis |
E |
A |
H |
gis-h'' |
D-Moll |
Dm |
Gm |
Am |
A |
F |
B |
C |
a-c'' |
E-Moll |
Em |
Am |
Hm |
H |
G |
C |
D |
h-d'' |
Die leere g-Saite habe ich dabei als Basston nicht berücksichtigt. Es wird nur
selten vorkommen, dass ich das leere g neben vielen tieferen Basstönen
als Grundton benutze. Wenn ich in C-Moll eine Dominante mit Grundbass haben möchte, dann mit
einem tiefen G, sonst klingt sie einfach nicht dominant genug.
Wenn man die "grünen" Akkordbuchstaben einfach zählt, sehen einige
Tonarten ziemlich gleichberechtigt aus. Es ist aber ein großer Unterschied, ob, wie in A-Moll
oder D-Moll die Hauptakkorde Tonika, Subdominante und Dominante leere Basstöne haben, oder wie
in H-Moll die Subdominante, und die Parallelen von Tonika und Molldominante, denn die
Hauptakkorde kommen deutlich häufiger vor: wenn man locker zählt, hat man 50 halbe Takte, die
mit den Hauptharmonien begleitet werden, und knapp 20 mal eine der Parallelen.
In einer Bearbeitung in H-Moll müsste man ständig H und
Fis im zweiten Bund der A- und E-Saiten greifen, und hätte
wahrscheinlich sehr viele Barrégriffe in dieser Position, während man in A-Moll für Tonika und
Dominante immer einen leeren Bass zur Verfügung hätte. Also könnte man über die Tabelle noch
sagen:
je mehr grün in der linken Hälfte, desto sympatischer.
Wenn man ein bisschen Gitarre spielen kann weiß man aber auch so: ein Stück in A-Moll
wird wahrscheinlich "bequemer liegen" als eines in Cis-Moll, auch wenn dort tP (Tonikaparallele)
und sP (Subdominantparallele) E-Dur und A-Dur heißen.
Die Tonartwahl
So kommt man also über den Tonumfang der Melodie und die begleitenden Harmonien dazu, eine
passende Tonart auszusuchen. Wenn man hier sinnvoll vorgearbeitet hat, kann es sein, dass das
Urteil über die Bearbeitung hinterher Prädikate wie "sehr gitarristisch gemacht" oder "liegt
gut" enthält.
Unter den vielen Werken von Sylvius Leopold Weiss, des wichtigen Komponisten für die
Barocklaute, werden zur Bearbeitung häufig solche ausgewählt, die man in
"gitarrenfreundliche" Tonarten transkribieren kann, und man macht die
Bearbeitung gerne so, dass die tiefe E-Saite auf D
umgestimmt wird. Damit hat man fast den
Tonumfang der 11chörigen
Barocklaute. Weiss hat aber
durchaus nicht nur in "bequemen" Tonarten geschrieben, allerdings werden für Tonarten wie F-Moll
oder A-Dur die meist leer gespielten (je nach Instrumententyp kann man bis zum 9. Chor auch noch
greifen) Bässe entsprechend auf As, B, C, D, Es, F, G oder auf
A, H, Cis, D, E, Fis, Gis gestimmt, und das ist auf der Gitarre nun mal
nicht möglich. Also hängt die Tonart wenig vom Original oder gar von
Tonartencharakteristik ab,
sondern schlicht von der Frage "Wie unspielbar hätten Sie's denn gerne?".
Nach dem, was ich bisher geschrieben habe, wären also A-Moll, D-Moll oder E-Moll die
Tonarten der Wahl. Wenn man sich noch mal den Tonumfang vergegenwärtigt, könnte man zusätzlich
noch sagen: in A-Moll gibt es eine relativ tief liegende Bearbeitung, die einfacher zu spielen
sein wird, aber eben nicht so viel hermacht, in der Höhe nicht so strahlt.
Rhythmus
Das Stück steht im 12/8 Takt, hat in der Oberstimme meist 3/4 oder 6/4 Taktstrukturen, während
im Bass/Schlagzeug manchmal ein 6/8 Gegenrhythmus gesetzt wird. Diese quasi
Hemiolen können innerhalb des
12/8 Taktes einfach notiert werden.
Der ständige Wechsel zwischen langen und kurzen Notenwerten und zwischen den "inneren
Taktstrukturen" 3/4 und 6/8 macht das Stück nicht gerade einfach.
Notenbeispiele
Es folgen Beispiele aus vier denkbaren Bearbeitungen:
- eine möglichste einfache Bearbeitung in A-Moll
- eine Version in A-Moll, die mit "dickeren" Akkorden aufgefüllt wird
-
in D-Moll bekommt der Pirat eine tiefe D-Saite, das E wird herunter
gestimmt
- E-Moll ist die Tonart, in der es am höchsten hinauf geht
Die beiden letzten Bearbeitungen sind grundsätzlich schwieriger, weil sie höher auf dem
Griffbrett liegen. Hier habe ich auch mehr Akkordtöne und im Bass viele Gegenrhythmen eingebaut,
da ich mit einem fortgeschritteneren Spieler rechne.
Wenn man die folgenden Aussagen über Schwierigkeiten einer bestimmten Version bewerten will, und
sich einen Eindruck davon verschaffen will, wie die Fassungen im Vergleich sind, muss man die
Beispiele ein paar Mal durchspielen.
Stückanfang
Die einfache Version in A-Moll enthält im Bass das Nötige, ist aber trotzdem durch die
gegriffenen Bässe f, c, und F nichts mehr für
Anfänger.
In der schwierigen Fassung in A-Moll sind zu den Basstönen Akkordtöne mit eingefügt. Der Satz
ist nicht konsequent dreistimmig geschreiben, sonst müsste über dem E im
zweiten Takt eine Pause stehen. So bleibt das Notenbild übersichtlicher - gängige Praxis in
Noten für Gitarre. Man braucht hier aber schon mehr Griffsicherheit als in der leichten Version.
In der D-Moll-Version liegt die Melodie eine Quarte höher - das ist schön - aber man bekommt es
gleich mit B-Dur-Barrégriffen und F-Dur im ersten Bund zu tun. Das tiefe
F auf der 6. Saite ist jetzt natürlich im 3. Bund - wer noch keine
Gelegenheit hatte, sich an so etwas zu gewöhnen, schluckt vielleicht erstmal.
In E-Moll ist die 6. Saite wieder normal gestimmt, aber es gibt gleich einen C-Dur-Barré in der
dritten Lage, und die Molldominante H-Moll fordert auch einen Barré. Im letzten Takt wird
zunächst ein G-Dur-Akkord mit den Fingern 3 und 4 gegriffen, direkt danach muss man aber die
beiden gs mit den Fingern 1 und 2 greifen, um das
a' auf der e-Saite zu erreichen. Das wird kein Ponyhof!
Höhere Töne in der Melodie
Mein Kommentar beginnt hier bei den Fassungen in D- und in E-Moll:
Nach dem Taktstrich ist
immerhin fast der Spitzenton der Melodie erreicht - die Melodie geht häufig bis zum
b, der Sexte der Tonleiter. Hier wird mit der Subdominante harmonisiert,
man braucht also in D-Moll einen G-Moll-Akkord. Ein Barré über drei Saiten reicht aus für die
Melodie samt folgenden Tönen und Mittelstimme, aber ich muss das tiefe G - ungewohnt - im 5.
Bund der 6. Saite greifen. Am Ende des Taktes geht es dann wieder in die erste Lage, um den
B-Dur-Akkord im neuen Takt dort greifen zu können.
In E-Moll hat man für die Subdominante ein schönes leeres A im Bass,
aber das mittlere e in der Taktmitte wird im 7. Bund der A-Saite
gegriffen. Das fis vorm Taktstrich muss man dann auch noch auf der
h-Saite greifen, um dann auf dem 4. Finger zum e' im C-Dur-Akkord zu
rutschen - das ist nicht so einfach!
Die gleiche Stelle ist in den A-Moll-Bearbeitungen vergleichsweise unspektakulär: der höchste
Ton ist ein f' im ersten Bund der e-Saite - das ist weiter keine
Schwierigkeit. Wenn hier überhaupt etwas schwierig ist, dann das gegriffene
f auf der d-Saite, oder das Springen in die Akkorde nach den
Taktstrichen in der Fassung rechts.
Zweiter Teil
Diese Stelle zu Beginn des zweiten Teiles fordert einen schnellen Lagenwechsel nach dem ersten
ungewohnten D-Moll-Akkord mit Quinte im Bass, und danach wieder einen Sprung zur Subdominante in
der 3. Lage mit dem tiefen G im 5. Bund. Dann muss der kleine Finger
treffsicher umgestellt werden.
In E-Moll ist der erste Akkord schwierig wegen des H im 7. Bund der
E-Saite, man muss sofort den kleinen Finger umstellen und darf dann in die 5. Lage springen.
In diesen beiden Fassungen und der schwierigeren in A-Moll habe ich versucht, ein bisschen
"Percussion" im Bass am Ende des ersten Taktes und entsprechenden Stellen einzubauen.
In den A-Moll-Bearbeitungen ist ein Problem, dass unter den letzen Melodieton der gezeigten
Phrase kein Basston mehr passt. Natürlich könnte man das d auf dem 5.
Bund der A-Saite unter das f setzen, aber das wäre eine Schwierigkeit,
die sehr viele Spieler ausschlösse, die das Stück ansonsten wohl schaffen würden. In der Version
rechts sieht man, dass ich das d einfach nachschlagen lasse - ein
typischer Bearbeitungs-Kompromiss.
Schnelle Griffwechsel in der Lage
Diese Stelle ist sowohl in D-Moll als auch in E-Moll schwierig: der 2. Finger muss von der
h-Saite auf die e-Saite gesetzt werden, und der 4. Finger auf die h-Saite, um den Wechsel
zwischen D-Moll und G-Moll bzw. E-Moll und A-Moll zu bewerkstelligen. Danach geht es hinunter in
die tiefen Lagen.
In E-Moll hat man zusätzlich einen Barrégriff, was die Sache nie einfacher macht. Außerdem
braucht man im zweiten gezeigten Takt wie in D-Moll einen "Klappbarré", aber danach sofort einen
Barrégriff in der 2. Lage. Die entsprechende Stelle in A-Moll hat kaum Schwierigkeiten und ist
deshalb weniger zeigenswert.
Dieser schnelle Wechsel zwischen den Barrégriffen vom "Typ A-Moll" und "Typ D-Moll" kommt im
Stück häufiger vor.
Griffwechsel in der Paralleltonart
Die folgende Stelle bringt in D-Moll zunächst einen F-Dur-Akkord in der 1. Lage, danach einen
von D-Dur abgeleiteten Griff in der 3.
Lage, dann springt man in einen C-Dur-Barré im dritten Bund, "holt" sich dabei ein
f auf der h-Saite mit dem 4. Finger, und darauf folgt wieder F-Dur in
der 3. Lage, diesmal über sechs Saiten.
Die Stelle in E-Moll ist sehr ähnlich, nur hat man hier den Vorteil der leeren d-Saite unter der
Dominante zu G-Dur. Dafür ist der letzte Griff, bei dem ich gerne ein tiefes
G im dritten Bund der E-Saite, aber auch ein
h' im siebten Bund der hohen e-Saite und ein
d' auf der h-Saite dazwischen hätte eine üble Überstreckung. Dieser
schöne Griff kommt natürlich häufiger vor - man gönnt sich ja sonst nichts.
In beiden A-Moll-Fassungen ist die Stelle wieder viel einfacher, da kein Lagenspiel stattfindet.
Nur die gegriffenen Basstöne C und G sorgen für
Probleme, wenn man sich zu früh an das Stück herantraut.
Der Spitzenton
Die Stelle mit dem ominösen höchsten Ton der Melodie, die ja wichtig für die Auswahl der Tonart
ist, ist in den A-Moll-Bearbeitungen nicht weiter schwierig. Die kleine Septime der Tonleiter,
das g, liegt ganz bequem im 3. Bund der hohen e-Saite. Das Stück liegt
damit insgesamt nicht besonders hoch.
In D- und E-Moll muss man sich an dieser Stelle nochmals besonders anstrengen.
Dass man
bis in den 8. bzw. 10. Bund muss ist an sich nicht das Problem, dies besteht in dem schnellen
Lagenwechsel dorthin. In D-Moll habe ich die Erleichterung, dass auf der vierten Achtel ein
leeres d im Bass kommt, in E-Moll heißt es einfach "treffen!".
Und
dann muss man ja in D-Moll wieder zurück in einen Barré in der dritten Lage, während ich in
E-Moll den Akkord auf der Taktmitte ausgedünnt habe, und hier eine leere d-Saite für den Bass da
ist.
In D-Moll könnte man die Stelle verändern, indem man zum F-Dur-Barré in die 8. Lage geht und
dort dann f im Bass in der ersten Takthälfte lässt (wie in den
A-Moll-Versionen). Dann muss man allerdings das tiefe C auf der 6. Saite
im 10. Bund greifen, und der vorher vorhandene Quartsextvorhalt auf
C wäre da oben extrem unbequem. Im Bild biete ich als Lösung statt
dessen nur einen Vorhalt von der Sexte zur Quinte an, greife also das
e auf der g-Saite schon mit dem Grundton. Man könnte auch in die 3. Lage
springen und dort den gleichen Akkord wie im Notenbeispiel oben spielen.
In E-Moll bietet sich als Vereinfachung an, auf der 4. Achtel ein leeres
g im Bass zu spielen. Der Lagenwechsel zum Spitzenton wird dadurch
erleichtert.
Vergleich der Versionen
Mit den obigen Notenbeispielen möchte ich zeigen:
-
Man kann ein Stück für Orchester für eine kleine Gitarre so bearbeiten, dass es ein guter
Schüler spielen kann, der seine Anfängerschule und die ersten Solostücke gut überstanden hat
und sich zutraut, etwas im gleichen Schwierigkeitsgrad aber in der vierfachen Länge zu üben
und dabei nicht die Lust zu verlieren.
-
Man kann eine Version erstellen, die komplexere Griffe enthält, aber im Prinzip keine wirklich
neuen Probleme wie Lagenspiel oder Barrégriffe.
-
Man kann eine Fassung schreiben, die den Umfang der Gitarre mehr ausnutzt, sprich in die Lage
geht, dabei natürlich Barrégriffe erfordert, und damit an Spieler gerichtet ist, die viel
weiter auf dem Instrument sind. So eine Bearbeitung ist automatisch viel fordernder, man kann
beim (Vor)Spielen glorios scheitern, aber sie macht mehr her und mehr Spaß.
-
Man könnte zu den höheren Fassungen eine zweite Gitarrenstimme schreiben, die für mehr Sound,
Rhythmus, Entlastung bei schwierigen Griffen zuständig ist.
-
Man könnte eine einfache Version auch mittels Kapo eine Quarte oder Quinte transponieren, um
dann eine zweite Gitarrenstimme dazu zu spielen.
-
Ob dieses Stück ein dankbare Aufgabe für eine Version für Ensemble, also zum Beispiel vier
Gitarren wäre, bezweifele ich. Da das Stück sehr auf die Melodie zentriert angelegt ist und
wenig polyphones Material enthält, müssten die drei unteren Stimmen Füllstimmen und Rhythmus
liefern. Dazu müssen die Spieler sicher sein und vor allem motiviert.
Ich hoffe vor allem, dass es mir gelungen ist ein bisschen zu erklären, warum Gitarrenlehrer oft
seufzen, wenn gitarristische Dreikäsehochs oder deren Eltern fragen "Warum können wir nicht mal
'He's a pirate' spielen?". Ich kann natürlich immer antworten "Ok, ich bestelle diese Ausgabe
für X Euro (es sind noch andere Stücke oder die ganze Filmmusik drin), und wir spielen das!" und
mich dann freuen, wenn ich hinterher sagen kann "Seht ihr, ich hatte doch Recht!".
Es geht nicht darum, Recht zu haben, sondern verantwortlichen Unterricht zu machen, der dem
Lernstand der Schüler angepasst ist, und vielleicht langfristig das Ziel hat, die Piraten der
Mikrobik toll spielen zu können, wenn man so weit ist.
Bearbeitung aus künstlerischer Sicht
Francisco Tárrega zum Beispiel hat viele Stücke bearbeitet, aber dabei nicht so auf "mögliche
Kunden" Rücksicht genommen, sondern vermutlich so geschrieben, wie er selber spielen wollte und
konnte. Bei ihm finden sich Sonatensätze von Beethoven, Charakterstücke von Schuman, Präludien
oder Mazurken von Chopin oder Ausschnitte aus dem Tannhäuser von Wagner, und nichts davon ist
einfach zu spielen.
Sehr schön ist seine Bearbeitung der Träumerei von Robert Schumann, bei der er das
Stück von F-Dur nach D-Dur transponiert, und den Umfang von der auf
D gestimmten 6. Saite bis zum g'' im 15. Bund
der e-Saite ausnutzt. Der Satz enthält dabei viele dichte Akkorde in den obersten Lagen. Das
Klavierstück aus den Kinderszenen Op. 15 ist zwar kein Anfängerstück mehr, aber
doch nicht wirklich zum Fürchtenmachen, aber Tárregas Version hat es schon in sich.
F. Tárrega transponiert nach E-Dur, und beim ihm sieht das Stück so aus:
Schon die zweite Note wird auf der h-Saite im 5. Bund gegriffen, statt die leere e-Saite zu
nehmen und erstmal in der 1. Lage zu bleiben. Nein, Tárrega geht es um Klang, er geht gleich in
die 5. und dann die 6. Lage, auf der Drei des 3. Taktes erreicht man das
a' nur mit einer Überstreckung. Typisch ist das leere
e am Ende des dritten und zu Anfang des vierten Taktes, um die Finger in
Ruhe umplatzieren zu können. Aber die Melodie wird munter weiter in der Lage auf h- und g-Saite
gespielt, sodass man den dickeren Klang und die Möglichkeit des Vibrato zur Verfügung hat, das
in den höheren Lagen besser funktioniert.
Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, dass sich Bearbeitungen einerseits schon immer großer
Beliebtheit erfreuten, dass aber andererseits mit den Publikationen durchaus auf einen kleineren
Kreis von guten Amateuren und Liebhabern gezielt wurde. Man konnte in der Vergangenheit
anscheinend darauf setzen, dass "Kunden" wussten, dass man erst Mal ein bestimmtes Niveau haben
muss, bevor man den Stars mit Erfolg nacheifern kann. Das ist heute nicht immer so.