Lernen Sie Gitarre spielen!
Ja! Lernen ist etwas Positives, Gitarre sowieso, und spielen...
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wir noch einmal
Friedrich Schiller:
Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da
ganz Mensch, wo er spielt.
Abgesehen von der Tätigkeit, die der Mensch ausübt, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, sollte
er in seiner Freizeit auch
lernen und spielen. Und ich schlage vor: Lernen Sie Gitarre spielen!
O.K., wir alle bewegen uns zu wenig. Wir arbeiten oft im Sitzen, wir fahren mit dem Auto zur
Arbeit, was uns fehlt ist Sport. Vielleicht sind wir etwas hektisch und Yoga oder
Tai Chi täte uns gut. Joggen kann wie
Feldenkrais-Übungen
sehr meditativ sein, aber der Mensch braucht auch intellektuelle und künstlerische
Herausforderungen!
Sie spielen am Computer oder einer Spielkonsole? Ich muss zugeben: damit habe ich wenig
Erfahrungen. Die Hop and Run - Spiele, die ich mit meinen Kindern um die Wette gespielt habe
machen mich inzwischen nur noch nervös, und Sokoban habe ich auch ewig nicht mehr gespielt
(obwohl das ein tolles Denkspiel ist!). Rollen- oder Strategiespiele oder allgemein das, was die
Jugendlichen mit "zocken" meinen kann ich wirklich nicht beurteilen.
Ich kann nur Vermutungen dazu anstellen: entwickelt sich wirklich
strategisches Denken? Es gibt sicher Übeprozesse? Häuft man nützliches Wissen
an? Erwirbt man soziale Kompetenzen? Projeziert man auf seinen Avatar Eigenschaften,
die man in der Realität gerne hätte? Tut man diese Art Dinge wirklich
mit Liebe über Jahrzehnte?
Wir alle sind
heute
gefangen in einer Welt, die uns permanent mit elektronischer Ablenkung bombardiert. Wir alle
haben Schwierigkeiten, uns zu motivieren selbst etwas zu tun. Vor allem etwas, das
Konzentration erfordert statt Zerstreuung. Etwas Anstrengendes... dabei möchte
unser Gehirn benutzt werden!
Gitarre spielen lernen ist ein weites Feld, und stellt viele Anforderungen an den, der es
unternimmt. Das ist mal ein Ansatz! Raus aus den gewohnten Bahnen!
Entdecken Sie das Instrument
Sie brauchen eine Gitarre - da gibt es viel zu entdecken!
Eine Gitarre ist etwas Wert-volles! Sie ist ziemlich
ökologisch, sie verbraucht kein Benzin, sie veraltet nicht wie ein PC oder seine Software. Sie begleitet
ihren Besitzer, spielt sich ein, wird mit der Zeit besser, sie ist anders als die Dinge, die
Ihnen sonst gehören! Sie kann von der Stange und hochglanzlackiert sein, oder sie besteht aus
ausgewählten Hölzern, die nur noch mit Zertifikat gehandelt werden dürfen und sieht etwas
eigener aus, und sie ist eine Mahnung für nachhaltigen Umgang mit der Natur, denn gutes Tonholz
ist immer schlechter zu bekommen.
Eine gute Gitarre ist etwas, was für jahrhundertelangen Gebrauch gedacht ist, kaufen Sie kein
billiges und schlechtes Instrument!
①
Wenn Sie eine Zeit erfolgreich unterwegs waren mit dem Projekt, machen Sie sich irgendwann sogar
auf und lernen Gitarrenbauer kennen und kaufen ein individuell gefertigtes Instrument.
Entdecken Sie die Musik
Musik ist wirklich etwas Merkwürdiges! Man kann sie hören, sie vergeht in der Zeit, und wenn sie
vorbei ist, ist sie weg! Man kann sie mit den eigenen Händen erzeugen, aber nicht anfassen. Man
kann versuchen, seine Fähigkeiten zu perfektionieren, aber man kann ein gespieltes Stück nicht
perfektionieren (außer nachträglich im Tonstudio) - wenn es erklingt, muss man mit dem leben,
was man hört.
Musik passiert "in Echtzeit". Der Einfluss des Spielenden findet nur in Echtzeit statt. Man kann
nicht nachbessern wie bei einem Bild.
Das, was man an Einfluss auf das eigene Spiel hat, kommt unmittelbar aus dem Gehirn über
den Körper ins Ohr und wieder ins Gehirn des Hörenden.
Mit Meditation kann man musizieren auch nicht wirklich vergleichen, denn dabei versucht man den
Strom der Gedanken zu reduzieren, während der aktive Musiker versucht, seine Gedanken zu
fokussieren und zusammen zu halten. Oder durch Übung so vorbereitet zu sein, dass er "im Flow"
die Dinge geschehen lässt...
Entdecken Sie die Notenschrift
Noten sind die angemessene schriftliche
Form unserer musikalischen Kultur. Die Schrift ist einfach strukturiert und dabei in der Lage,
hoch komplexe Dinge auszudrücken. Wenn das nicht spannend ist!
Während die Tonhöhen und damit die Handlungsanweisungen "drücke dort auf diese Saite und
schlage sie an" durch die
Position der Notenköpfe im Liniensystem angegeben werden, das auch noch unterschiedlich
verschlüsselt
werden kann, wird der Rhythmus durch die Form der Noten angezeigt.
Jede Anweisung ist einfach zu erklären und ermöglicht es trotzdem, Informationen von großer
Tiefe zu transportieren. Dazu kommt, dass im Wesen unserer Musik liegt, dass sie über quasi
unendlich viele Nuancen, Stilmöglichkeiten und Farben verfügt. Ein Computer wird eine Notendatei
via Midi immer gleich spielen - ein Mensch interpretiert die Zeichen immer wieder anders.
Und - diese Sprache ist international! Wer sie gelernt hat, versteht sie, egal von welcher
Ecke dieser blauen Kugel er stammt...
Im Zusammenhang mit der Gitarre wird die Notenschrift durch zusätzliche
Zeichen ergänzt, damit man genauer weiß, was
man zu tun hat: die Töne f und f' kann man
gleichzeitig an sechs verschiedenen Stellen des Griffbrettes greifen! Es gibt so viel zu
entdecken an der Gitarre - und an sich selbst!
Das kleine und das eingestrichene f kann man auf e- und d-Saite, auf h- und d-Saite, auf h-
und A-Saite, auf g- und A-Saite, auf g- und E-Saite und auf d- und E-Saite greifen!
Entdecken Sie ihren Körper und ihr Gehirn
Falls Sie noch nie selbst Musik gemacht haben, werden Sie staunen! Womöglich werden Sie anfangs
über Probleme bei der Steuerung der Hände, bei der Koordination, bei der Konzentration und bei
der intellektuellen Verarbeitung staunen.
Aber Sie werden lernen! Präzise Befehle vom Gehirn an einzelne Finger, die sich unabhängig von
einander bewegen sollen oder eben nicht funktionieren immer besser, die Bedeutung der Noten wird
immer klarer, die Fähigkeit, im Takt zu bleiben wächst unentwegt.
Vielleicht können Sie mit 10 Fingern blind auf der Computertastatur schreiben, aber einen Finger
woanders hinschieben, dabei in Kontakt mit einer Saite bleiben, und gleichzeitig mit zwei
anderen zwei weitere Punkte auf dem Griffbrett ansteuern und dann 3 Saiten gleichzeitig
anschlagen - das ist ein ganz anderes Abenteuer!
Um einige Fragen von oben zu wiederholen: entwickelt sich dabei strategisches Denken? Aber
hallo! Gibt es Übeprozesse? Definitiv! Häuft man nützliches Wissen an? Na, der ökonomische
Nutzen ist nicht unbedingt da, außer bei Leuten, die Musik zum Beruf machen, aber wenn
mehr Wissen das Gegenteil von Dummheit ist, darf man trotzdem mit "Ja!" antworten.
Bessere Koordination und erhöhte Aktivität in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns kann man
doch als Gewinn sehen!
Projeziert man auf seinen Avatar... nein, ich spiele ja selbst
Gitarre, und ich erfahre mich im Erfolgsfall dabei als lernfähiges Wesen! Tut man diese Art
Dinge mit Liebe über Jahrzehnte? Ja, wenn man die Liebe zur Musik dabei entdeckt, wird das
passieren, und es wird Auswirkungen auf die Person und ihr Denken haben.
Vielleicht lernen Sie sogar, sich selbst nicht immer nur übertrieben ernst und wichtig zu
nehmen. Wer ein Instrument spielen lernt, verspielt sich. Er macht Fehler. Er lernt aus den
Fehlern, aber er lebt mit dem Wissen "Ich bin nie perfekt, arbeite aber daran, mich zu
verbessern. Der Weg ist das Ziel.
Entdecken Sie die Macht regelmäßigen Übens
Ok, Sie sind im besten Alter, beruflich eingespannt, Sie haben wenig Zeit, Sie trauen sich das
nicht zu.
Ihre Kinder sind noch klein, das Studium ist noch nicht beendet, der Hausbau noch nicht
fertig.
Sie würden gerne Gitarre spielen lernen, das Instrument vielleicht in ihrer
pädagogischen Arbeit einsetzen, aber Sie fürchten, nicht schnell genug voran oder nicht weit
genug zu kommen.
Es gibt etwas Tolles, was in unserer Gesellschaft immer mehr an den Rand des Bewusstseins und
sogar in Vergessenheit gerät:
Üben.
Regelmäßig und kontinuierlich.
In kleinen Portionen.
Das Wundermittel für jemanden, der ein Ziel erreichen möchte, ist
wiederholen, und dabei entspannt und interessiert beobachten, was passiert. Kritisch.
War es gut? Nochmal! Langsam!
So viele Menschen machen den Fehler, etwas mit Macht erreichen zu wollen, das Ziel in großen
Sprüngen zu erreichen, am Wochenende stundenlang an einer Sache zu sitzen...
Dann setzt sich nichts! Lieber erstmal jeden Tag fünf
Minuten, viel wiederholen, und wenn
die ersten kleinen Stücke laufen, kommt das nächste dazu, und das, was man davor gelernt hat
kommt auf die Warmhalteplatte: Repertoirepflege! Ein Stück längere Zeit immer wieder mal
spielen. Dann mal eine Zeit lang nicht, dann wird es wieder hervorgekramt, und dann staunt man,
wie viel noch da ist, wie schnell es wieder gut läuft, und wie viel besser es inzwischen läuft,
weil man ja inzwischen schon schwierigere Stücke gelernt hat.
Üben ist eine großartige Kulturtechnik! Konjugationen fremdsprachlicher Verben, Vorhand-Topspin
beim Tischtennis, Tonleitern - dabei erwerbe ich Fähigkeiten!
Klar, ich kann in einen Laden gehen und mir schöne Kleidung kaufen, aber - erwerbe ich
dabei etwas, was Teil von mir ist?
Entdecken Sie den Dialog mit einem Lehrer
Suchen Sie sich einen Lehrer,
dem Sie vertrauen, gerne jemanden, der studiert hat um Instrumentalunterricht zu geben und das
auch gerne tut.
Dieser Mensch verdient im besten Fall sein Geld damit, zu unterrichten und
bemüht sich um Qualität.
Er ist vielleicht ein eher merkwürdiger Mensch in Ihrem Bekanntenkreis. Er verkauft Ihnen keine
Versicherung. Er repariert nichts in Ihrem Haushalt. Er bringt Ihnen etwas bei, was Ihnen
(ökonomisch) nichts bringt. Aber er hilft Ihnen, eine Welt zu entdecken, die ohne Hilfe nicht so
einfach zugänglich ist, und in der man viele Irrwege einschlagen kann, wenn man Dinge zwar
schnell und leicht versteht, aber nicht über Kritikfähigkeit und Wachheit verfügt, was
gute Bewegungsabläufe angeht.
Viele Menschen versuchen, alleine mit Büchern, Webseiten und Online-Videos einen Weg in diesen
Dschungel zu finden - der Gitarrenlehrer ist da, um kritisch zu begleiten und zu helfen. Im
Dialog mit jemandem kann das Ganze viel mehr Spaß machen!
Lernen Sie Gitarre spielen!
Entdecken Sie, wieviel Freude es machen kann, sich mit der Gitarre, der Musik, Ihrem Gehirn und
Ihrem Körper auseinander zu setzen! Es ist auf alle Fälle interessant, und mit Glück kann es
sehr beglückend sein!
Es ist nicht ihre Arbeit, es ist nicht der dreiwöchige Surfurlaub, es ist nicht der x-te
skandinavische Krimi, den sie lesen. Es ist etwas, was sie kontinuierlich tun.
Es ist immer wieder schwierig. Es fordert Sie heraus. Es verschaltet neue Synapsen und
Nervenbahnen in ihrem Gehirn. Es macht einfach Spaß!
Tipps zum Unterrichtsbeginn in Stichworten
Hier kommt ein Versuch, stichwortartige Tipps zum Unterrichtsbeginn zu geben!
Trotz des Vorsatzes, nicht zu weitschweifig zu schreiben steht hier hoffentlich doch so einiges,
denn es gibt viel zu bedenken, wenn man beginnt, ein Instrument zu erlernen! Also: Die
Sommerferien gehen zu Ende, Ihr Kind ist zum Gruppenunterricht angemeldet - was können
Sie für einen guten Start tun?
Kontakt zum Lehrer halten
-
Der Lehrer hofft, dass sich die neuen Schüler und die Eltern für das Projekt "Gitarre
lernen" interessieren!
- Rufen Sie ihn an, wenn Sie Fragen haben!
- Melden Sie sich, wenn Ihr Kind fehlt (wie in der Schule).
-
Fragen Sie nach den Hausaufgaben, wenn Ihr Kind gefehlt hat. Vielleicht gibt es Kontakt per
E-Mail.
-
Falls der Lehrer eine Hausaufgabe schickt, geben Sie sie an Ihr Kind weiter, am besten gleich
im Buch markieren. Sonst war die Rückmeldung vergebens.
-
Begreifen Sie eine Unterrichtsgruppe als Interessengemeinschaft! Gemeinsam verfolgt sie ein
Ziel!
-
Wenn die Schüler einer Gruppe "umschichtig" fehlen, kann der Fortschritt sehr leiden. Deshalb
möchte der Lehrer, dass alle Kontakt und Anschluss halten.
Das Instrument
-
Tipps zur Auswahl einer Gitarre gibt es
hier.
- Sprechen Sie mit dem Lehrer, bevor Sie eine Gitarre kaufen.
-
Am wichtigsten: die
richtige Größe für Ihr Kind.
Der Verkäufer sieht Sie einmal; der Lehrer sieht Ihr Kind wöchentlich und hoffentlich lange.
-
Besprechen Sie mit Ihrem Kind, dass man sowohl mit einer eigenen, als auch mit einer
Leihgitarre vorsichtig umgehen
sollte.
-
Man sollte nicht zum Spaß an den Stimmwirbeln herumdrehen. Wenn die Saiten sehr gelockert
werden, halten sie hinterher die Stimmung lange Zeit nicht, wenn man sie überspannt ebenso,
und sie können reißen. Wenn man sie alle gleichmäßig hochdreht, löst sich womöglich der Steg
von der Decke.
- Kleine Geschwister sollten das Instrument als "Nicht-Spielzeug" respektieren!
Das häusliche Üben
-
In der ersten Stunde - besonders bei Gruppen - wird viel verteilt, erklärt, und man lernt sich
kennen. Das gibt keine umfangreiche Hausaufgabe. Das ändert sich aber bald!
- Wenn die Töne 2 und 3 durchgenommen wurden, muss man anfangen, sich Dinge zu merken.
-
"Üben" heißt wiederholen, also mehrmals die Woche etwas tun. Einmal lange zu
üben ist wenig sinnvoll. Kleine Portionen möglichst oft - das wirkt!
- Der beste Tag zum Üben: kurz nach dem Unterricht. Dann ist die Erinnerung noch frisch!
- Interessieren Sie sich für das, was Ihr Kind lernt, das ist positives Feedback!
-
Beobachten Sie, ob Ihr Kind "mitkommt". Der schnellste in der Gruppe braucht keinen Stress!
-
Wenn die Gitarre griffbereit ist, wird
sie häufiger benutzt!
Das Lernbuch
-
Schauen Sie das Buch mit Ihrem Kind zu Hause an! Es gibt darin Grafiken und Tonerklärungen,
Übungsstücke und andere Erläuterungen.
- Wenn die Schüler noch nicht sicher lesen, ist gemeinsames Anschauen auch "Vorlesezeit".
-
Jedes Buch zum Lernen eines Instruments ist auch zum Nachschlagen da. Ein Ton wurde vergessen?
Man findet ihn im Buch!
-
Noten lernen ist eine neue
Aufgabe! Wenn man Buchstaben unter die Noten schreibt, wird sie umgangen. Buchstaben kann Ihr
Kind schon.
-
Schreiben Sie den Namen Ihres Kindes ins Buch (und unter die Fußbank, und...)! Menschen lassen
Dinge liegen...
Sie haben keine Ahnung?
-
Keine Angst: die Grafik, die das c auf der h-Saite erklärt ist einfach
zu verstehen!
-
Fragen Sie Ihr Kind! Das Kind nimmt sich plötzlich als Fachmann wahr, es hat Gelegenheit,
Ihnen zu vermitteln, was der Lehrer erklärt hat.
-
Noten sind einfach nur Zeichen, die angeben, wie man auf einem Instrument einen Ton herstellt.
Sie sind einer Grafik mit dem Griffbild zugeordnet.
- Richtig im Takt zu spielen ist etwas anderes...
Zuhören
-
Oder auch nicht... wenn Ihr Kind mag, dass Sie zuhören und es loben ist das gut, wenn es
lieber in Ruhe übt auch.
- Gelegentlich sich etwas vorspielen zu lassen ist sicher nicht schlecht.
- Wenn Ihr Kind von sich aus kommt und möchte, dass Sie zuhören: noch besser!
Vorspiele
-
Bei den ersten kleinen Vorspielen können Sie beobachten, wo ihr Kind in seiner Gruppe steht
und wie es sich entwickelt.
-
Vielleicht nicht nur die eigene Gruppe anhören und dann gehen - gerade die Schüler, die
etwas weiter sind, können für Jüngere motivierend sein.
-
Vorspiele sind auch eine Gelegenheit für soziales Lernen: man erlernt höfliche Konventionen:
zuhören, still sein, wenn andere spielen, nur zwischen den Stücken klatschen und reden etc.
Gitarristen
Jedes Instrument hat Charaktereigenschaften, die zu solchen seiner Spieler passen. Abgesehen von
der Attraktivität der Gitarre durch die Popmusik fühlen sich bestimmte Menschen zu ihr
hingezogen. Der direkte Kontakt zwischen Fingern und Saiten, die vielfältigen klanglichen
Möglichkeiten machen die Gitarre einfach liebenswert für viele Menschen. Man kann
Gitarrenspieler als introvertierte Menschen oder Tüftler charakterisieren; die Gitarre ist auf
alle Fälle auch eine intellektuelle Herausforderung!
Auf jeder Saite kann man immer höhere Töne spielen, und dadurch viele Töne mehrfach an
unterschiedlichen Stellen des
Griffbretts erzeugen.
Das ist auch auf Streichinstrumenten so, aber da man auf der Gitarre viel häufiger und deutlich
früher im Lernprozess mehrstimmig spielt, ist das Finden möglicher und guter
Fingersatzkombinationen ein ständiges Thema. Wer weit auf der Gitarre kommen will, sollte Denken
und Überlegen nicht scheuen!
Die Greifhand wird ständig vor
"gymnastische" Probleme gestellt. Ein Ton muss gehalten werden, während neue dazukommen oder
losgelassen werden. Und die Akkorde, die im Fernsehen immer so leicht aussehen, wollen erst mal
gelernt und dann die Griffwechsel geübt werden.
Schließlich ist die Arbeit der Anschlagshand ein Feld für sensibles und durchdachtes Anwenden
unterschiedlichster Techniken.
Unterrichtsverlauf
Die Gitarre gehört zu den Instrumenten, die viele Leute "irgendwie so nebenbei" zu spielen
erlernen. Oft merken sie dann später, dass sie manches nicht wirklich richtig können, dass ihnen
Grundlagen fehlen, und dass Umlernen eine schwierige Sache ist.
Guter Unterricht sollte sich dadurch auszeichnen, dass der
Lehrende einen Plan hat, und dass Wege nicht verbaut, sondern offen gehalten
werden. Besonders Spieltechnik und Haltung sollten so vermittelt werden, dass der Lernende
möglichst weit kommen kann. Wenn der Lehrer viel
Unterrichtsmaterial kennt, und nicht nur
die Stücke vermittelt, nach denen er selbst (meist eher flott) gelernt hat, sind die Chancen
höher, dass seine Eleven nicht im Dickicht zu schwierigen Materials frustriert stecken bleiben.
Hier zeigt sich der Wert eines ordentlichen Studiums und der Bereitschaft, immer weiter neue
Literatur kennen zu lernen und
sinnvoll einzusetzen. Ein fleißiger Schüler, der aufnimmt, was der Lehrer anzubieten hat, kann
selber irgendwann Musik studieren oder professionell ausüben.
Jeder Lehrer unterrichtet anders, jeder verwendet unterschiedliche Materialien. Nicht jeder
Schüler möchte das machen, was der Lehrer gerne hätte. Wenn jemand partout nicht nach Noten
spielen möchte, aber musikalisch begabt ist und Dinge anders lernt, sollte man sich als Lehrer
darauf einstellen können. Wenn aber ein neuer Schüler zu mir kommt, mir erst mal vertraut und
den Weg zu gehen versucht, den ich für gut halte, passiert in groben Zügen
Folgendes:
- Vor dem Unterricht lade ich Interessenten gerne ein, bei ähnlich alten Schülern vorab mal
zuzuschauen. Und einige Fragen sind vor Unterrichtsbeginn abzuklären: wie alt ist der
Interessent, was für Vorerfahrungen mit Gitarre oder allgemein Musikinstrumenten gibt es, welche
Vorstellungen bezüglich des Unterrichts haben der Schüler und die Eltern, ist er vielleicht
Linkshänder...
- Mit einer passenden Konzertgitarre (Gitarren mit Stahlsaiten sind anfangs
sehr gewöhnungsbedürftig; siehe
Kindergitarren) und
Gruppenpartnern, die idealer
Weise gleich alt und interessiert sind geht es los, die richtige Haltung wird besprochen.
- Alles beginnt mit einstimmigem Spiel nach Noten. Die Notenschrift ist einfach
zu verstehen und zu erlernen, wobei man einige Dinge auswendig lernen muss. Mit Daumenanschlag
und angelegtem Wechselschlag lernt man einfache Melodien mit den Stammtönen spielen.
- Die Versetzungszeichen - ♯ zum Erhöhen und
♭ zum Erniedrigen der Stammtöne - werden eingeführt.
- Wie bei anderen Instrumenten ist es sinnvoll, möglichst bald mit
mehrstimmigem Spiel zu beginnen. Im Gruppenunterricht lernt man dieses
besonders gut, weil einer die bekannte Melodie eines Liedes spielen kann, und der andere eine
Begleitstimme übernimmt. Diese ist oft schwieriger, aber man macht dabei die größten
Fortschritte im Bereich "Notenwerte, Takt halten, Rhythmus".
- Zweistimmiges Spiel auf einer Gitarre ist der nächste Lernbereich. Der Weg
führt über Melodien, die mit den leeren Basssaiten begleitet werden können.
- Der nächste große Lernschritt: wenn gegriffene Bässe zur Melodie dazukommen,
wird die Arbeit der
Greifhand schwieriger.
- Parallel dazu führe ich gerne die ersten Akkorde ein.
Griffwechsel - mehrere
Finger müssen gleichzeitig umgesetzt werden - sind nicht einfach, und die Anschlagshand soll
plötzlich mehrere Saiten anschlagen, wie wird aber nicht genau aufgeschrieben. Kreativität und
Rhythmusgefühl sind gefragt. Wer nicht nur Akkorde schlägt, sondern
dabei singt, lernt wesentlich schneller in Sachen Rhythmusgefühl. Eine
Begleitung, die nichts begleitet ist ja auch komisch. Schüler, die an der Liedbegleitung Spaß
haben, machen oft große Fortschritte in Sachen Griffsicherheit und damit auch bei den
Solostücken!
- Im Prinzip beginnt jetzt der Weg in die Gitarrenliteratur. Man kann alles
spielen! Der Name "Konzertgitarre" oder "klassische Gitarre" heißt ja nicht, dass man nur
klassische Musik auf dem Instrument spielen kann oder darf.
- Populäre Musik zu spielen ist
oft schwieriger, da rhythmisch mehr verlangt wird. Off-Beats, Synkopen,
Überbindungen sind schwierig zu zählen und korrekt zu spielen.
- Ich versuche immer, fortgeschrittenen Schülern nahe zu bringen, dass die
verschiedenen Epochen der Musikgeschichte sehr viel, unterschiedliche und
wunderbare Musik für unser Instrument hervorgebracht haben. Man muss vielleicht nicht wissen,
was ein Musikstück des Barock von einem aus der Renaissance unterscheidet, aber ein bisschen
Bildung schadet auch nicht.
- Der Schwierigkeitsgrad von Solostücken steigt auf vielfache Weise. Komplexe Griffe,
ausgedehntes Lagenspiel, schwierige Rhythmik bei modernen oder südamerikanischen Stücken,
komplizierte Zerlegungen, lange und mehrsätzige Werke - es gibt viele Aspekte an Musik, die den
Ausführenden fordern!
- Solostücke, Duos, Zusammenspiel mit anderen Instrumenten, Mitspielen im Gitarrenensemble,
Westerngitarren, Gitarren mit Stromanschluss - viele Wege führen in viele Richtungen!
Ziele und Wege im Gitarrenunterricht
Die weitaus meisten der Schüler, die in den letzten Jahrzehnten angefangen haben, bei mir
Gitarre zu lernen, waren Teil einer Gruppe, die häufig in der Betreuungszeit einer Grundschule
lief und eher groß war. Da sind Ziele - was will ich irgendwann auf dem Instrument können - erst
mal nicht so im Fokus, sondern eher die Veranstaltung als solche: in der Schule wird
Gitarrenunterricht angeboten, man muss deswegen nicht mehr extra nachmittags los, ein Kind
beschäftigt sich mit einem Instrument und profitiert hoffentlich allgemein davon.
Ältere Kinder oder gar Jugendliche, die bereits eigene Vorstellungen haben, sind selten im
Anfangsunterricht; bei den Zweitklässlergruppen gebe ich die Ziele vor, indem ich ein Lernbuch
auswähle, und für mich im Kopf habe, wo die Reise idealerweise hingehen soll.
Bisweilen kollidieren diffuse Wunschträume der Kinder mit meinen Vorstellungen: "Rockgitarre"
heißt das Zauberwort, man möchte möglichst bald Stücke spielen können, die im Radio laufen, und
dann biegen die Schüler ab und lernen woanders einige Akkorde oder Powerchords, und ob das
erfolgreich läuft und einen echten Weg in gekonntes Gitarrenspiel eröffnet bekomme ich nicht
mehr mit. Oft sind die Hörgewohnheiten von Eltern da im Hintergrund: "Highway to hell" ist ja
auch inzwischen einigermaßen antik.
Ziel Selbstständigkeit
Eigentlich ist das Ziel jedes Instrumentalunterrichts, ein Instrument zu beherrschen und den
Schüler so selbstständig zu machen, dass er sich Stücke, die er lernen möchte, selber erarbeiten
kann. Damit sind natürlich Stücke gemeint, die für einen Anfänger absolut unspielbar aussehen:
zu vielstimmig, zu schnelle Noten, rücksichtslose Nutzung des gesamten Griffbrettes - eben
alles, was das Gitarrenspiel interessant aussehen lässt, und das muss sich nicht nur auf
"klassische" Musik beziehen. Die ewige Frage bleibt: wie kommt man da hin?
Man muss sich halt durch die Berge ums Schlaraffenland durchbeißen: die "Fabelhafte Welt der
Amelie" ist noch nicht die fabelhafte Welt des Wohltemperierten Klaviers, und von den ersten
Weihnachtsliedern auf der Geige ist es noch ein Stück Wegs bis zum ersten Streichquartett.
Einfache weiterführende Hefte
Nach dem gewissenhaften Durcharbeiten der Gitarrenschule, dem Beherrschen der Töne in den
unteren Lagen des Griffbrettes inklusive fis und
ges gibt es viele Hefte auf dem Markt, die einen weiterführen. Dabei
gibt es einfachere und anspruchsvollere Sachen.
Joep Wanders
Joep Wanders ist ein holländischer Autor vieler weiterführender Hefte, die Schüler recht
behutsam begleiten. Er nutzt Folkstücke, spanisch Anmutendes und auch Rock und Blues, schreibt
sehr eingängig und formal sehr übersichtlich: Wiederholungen, auch ausgeschriebene, machen die
Stücke einfacher und schulen das Formgefühl. Natürlich bleibt auch er aktuelle Hits schuldig:
der neueste Ed Sheeran ist erstens nach dem Heft erschienen, und zweitens darf man den ja nicht
einfach so verwursten.
Grundsätzlich gibt es innerhalb der Hefte immer eine relativ flach ansteigende
"Schwierigkeitskurve", es wird viel in Tonarten gearbeitet, die leere Basssaiten nutzbar machen,
gegriffene Bässe werden behutsam eingestreut. Aber es gibt auch mehrstimmige Stellen, es wird
mal (auf den oberen Saiten) in die Lage gerutscht, und Flageoletttöne kommen vor. Nutzt man nach
einem Heft das nächste und dann wieder das nächste, bekommen die Schüler selten einen größeren
Schock: es geht eher friedlich voran.
In den Heften Go for Guitar 1 & 2 und La Guitarra Española kommen
häufig ähnliche Verbindungen mit gegriffenen Bässen, sodass Standard-Fingersätze gut eingeübt
werden - das hilft auf dem Weg.
Thierry Tisserand
Von Thierry Tisserand kenne ich vor allem die Serie "Comme des chansons", deren
Stücke schon im ersten Heft viel beunruhigender sind: auch hier findet das meiste in den unteren
Lagen statt, das Idiom ist Folk, Blues, Jazz und Verwandtes, aber Tisserand streut immer wieder
"gitarrentypische" Dinge ein, Akkorde, die in höhere Lagen verschoben
werden, höhere Töne auf
tieferen Saiten, Dinge halt, bei denen man erst mal stutzt und sagt "Wie soll das denn gehen?!",
weil so etwas noch nie vorkam und man also etwas radikal Neues lernen muss.
Außerdem
begegnet einem zum Beispiel mal die Vorzeichnung von G-Moll, aber das Stück ist so geschickt
geschrieben, dass man konstatieren muss: wenn man es begriffen hat, ist es sehr gut spielbar,
und die eher unvertraute Tonart geht doch gut! Bei Tisserand kommt also Ungewohntes, und man
darf denken.
Maria Linnemann
Auch die pädagogische Literatur von Maria Linnemann ist unbequemer. Das Heft
"Leichte Folklorestücke" sieht zunächst brav aus, kommt aber bald mit
unterschiedlichen Techniken, Picking, Abzügen und Aufschlägen, eingestreuten Akkorden, und der
Folgeband ist definitiv schwieriger. Auch bei ihr werden Griffe in die Lage verschoben, es gibt
chromatische Bewegungen, die fürs Auge neu sind, deren Struktur man begreifen muss, aber dann
sind es anspruchsvollere, aber flockige Stücke.
"Sagen und Landschaften" ist
ein Band mit fantasievollen Folkstücken. Da die beschriebenen Wesen teilweise boshaft sind,
klingen die Stücke auch so, es gibt Takwechsel und überhaupt mal einen 7/8-Takt.
Linnemanns "Suite for Lovers" wechselt zwischen romantischen und fast
rockigen Klängen, Akkorde, Mehrstimmigkeit, Überbindungen sind Standard und machen das Heft eher
schwierig.
Mittelschwere Sammlungen
Die Hefte von Cees Hartog, zum Beispiel
"Titbits for young Guitarists", sind schon länger auf dem Markt und setzen direkt
auf einem anderen Schwierigkeitsgrad an. Gegriffene Bässe sind die Regel, mehrstimmige Akkorde
auch; die Stücke sind zwar kurz, aber nicht immer einfach.
"¡toca Guitarra!"
von 1981 wie auch "Tapas de España" von 1995 sind zwei schöne Hefte mit spanischen
Stücken in mittlerem Schwierigkeitsgrad; hier wäre auch
"Canciones populares" von Hansjoachim Kaps zu nennen. Diese Stücke im spanischen
Stil sind immer gut, um Akkordkenntnisse und Zerlegungstechniken zu verbessern.
Ebenfalls seit 1985 gibt es "Zeit für Träume" von Klaus Schindler, ein Heft, das
gleich im ersten Stück mit gegriffenen Bässen loslegt und von Seite zu Seite schwieriger wird.
H. J. Teschners "Spielbuch für Gitarre" beginnt sehr einfach und schließt quasi an
seine Gitarrenschule "Fridolin"an, steigert sich dann aber doch im Anspruch und
enthält neben folkigem Material auch Stücke aus Renaissance, Barock und Klassik. Es eröffnet
also Horizonte, die Schüler müssen aber größere Sprünge verdauen als etwa bei Wanders.
"Supermix 2 Take it Easy" von Ferdinand Neges ist in Abschnitte unterteilt, die
jeweils eigene technische Themen behandeln. Auch hier gibt es Stücke vom Autor, aber auch aus
anderen Epochen, und man nutzt das Heft besser mit älteren Schülern, die schon mehrere Probleme
auf einmal vertragen können.
Eigentlich einfache Stücke, die dennoch über dem Niveau der leichten Hefte von Wanders liegen,
enthalten zum Beispiel "Gut drauf" von J. M. Borner,
"Things for Strings" von Horst Großnick oder
Rainer Falks "Traumlandschaften". Phantasievolle kurze Stücke, die aber
vorraussetzen, dass man sich vor gegriffenen Bässen, mehrstimmigen Akkorden und Zerlegungen
nicht mehr gruselt.
Bei vielen der Stücke in solchen Heften denke ich als Lehrer, dass für den Autor eher die Idee
zu einem interessanten Stück im Vordergrund stand als Gedanken wie "Was kann ich Lernenden auf
diesem Niveau ungefähr zumuten? Kann ich das so schreiben, oder pfeffern sie das Heft dann in
die Ecke?"
In diesem Sinne schreibt Joep Wanders immer ziemlich konsequent in einem
Schwierigkeitsgrad und mutet dem Leser in einem Band selten zuviel zu.
Ansatz "Neue Musik"
Bei Heften für Anfänger findet man eher selten wirklich experimentelle Stücke, die dem Begriff
"Neue Musik" wirklich zuzuordnen wären. Dennoch gibt es Publikationen, die sich in diesem Sinne
deutlich von den bisher besprochenen abheben:
"24 Estampas" von Jaime Zenamon sind nicht alle einfach, enthalten ansatzweise
grafische Notation, bieten damit also Gelegenheit, Dinge auszuprobieren, die normalerweise nicht
verlangt werden.
Konventionell notiert, aber doch voll schräger Klänge sind die
"24 Präludien" von Carlo Domeniconi.
Die vier Serien
"Études Simples" von Léo Brouwer behandeln tatsächlich spieltechnische Themen und
sind eher etwas für Schüler, die stark interessiert sind.
Ansatz Popmusik
Ach, könnte man, dürfte man...!
Na ja, man kann schon Stücke aus dem Bereich populäre
Musik bearbeiten, die Hefte sind aber immer etwas teurer, weil die eigentlichen Autoren der
Stücke noch leben und man Bearbeitungen nicht ohne Tantiemen machen darf. Dann ist es schwierig,
brandaktuell zu sein, weshalb eigentlich alle Hefte mit Popmusik immer Stücke von 1950 bis kurz
vor jetzt enthalten, und die Stücke sind immer sehr
vereinfacht, denn eine
Rockband mal eben für eine kleine Gitarre setzen, und dann noch so, dass es klingt... kein
einfacher Job! Und da jeder Hit länger ist, als eine Seite in einem Gitarrenheft, sind diese
Bearbeitungen eigentlich immer erst mit fortgeschritteneren Schülern zu machen.
"PopSongs for Classical Guitar" heißt eine Serie von Cees Hartog. Band 3 enthält
zum Beispiel Stücke von 1964 bis 1993. Und eins ist mal klar, wer "Every breath you take" von
Sting vielleicht cool findet, kennt "Love is blue" oder "And I love you so" möglicherweise nicht
mal.
Von Rainer Vollmanns stammt die Serie "Song time", in der neben
Versionen für Gitarre solo auch Melodie mit ausgeschriebener Begleitung für Gitarre, so wie
Akkorde und Anschlagsmuster gegeben werden. In Band 2 geht es mit einem Spiritual los und dann
bis zu "Wind of change". Fünfziger Jahre, Beatles, Stones in Band 4, die Schwierigkeit steigt
mit den angewandten Akkorden.
Michael Langers Serie "Acoustic Popguitar Solos" ist aufwändiger gestaltet,
verfolgt aber das gleiche Prinzip: mit "Mighty Quinn" sind die Sechziger vertreten, es gibt zwei
Beatles-Songs, zweimal Sting, und so weiter. Zu jedem Stück gibt es Text und Akkorde, eine
Bearbeitung für Gitarre und separat eine Tabulatur - viele Seiten pro Song.
Man kann sich also auch mit Popmusik weiterbilden, aber die Stückauswahl scheint mir manchmal
fragwürdig, überschneidet sich in vielen Publikationen, und der Nutzen fürs Weiterkommen
funktioniert nach dem Prinzip "Viel hilft (hoffentlich) viel".
Schwierigere Hefte
So arbeitet man sich mit den Schülern also durch Hefte für Anfänger und kann dabei dosieren: je
nach Motivation der Gruppe oder des Einzelnen wählt man sobald es geht Hefte, die fordernder
sind.
Ob man die Lernenden überfordert merkt man dann erst beim Durcharbeiten; das ist mir
schon mit "Fridolin 2" oder "Comme des Chansons 1" passiert, und das
heißt nicht unbedingt, dass man den Schüler oder die Gruppe völlig falsch eingeschätzt hat: auch
ein Schulwechsel oder Veränderungen im häuslichen Umfeld können dazu führen, dass ein zwei Bünde
höher verschobener C7 - Griff wochenlang nicht begriffen wird.
In der Serie "Folk-Jazz Ballads" von Fabian Payr geht es nicht so sehr in die Lage,
aber die schönen Stücke sind wegen der angewandten Techniken, der Rhythmik und der geforderten
Tempi anspruchsvoll. Ähnlich ist es in "Guitarra Fiësta" von Joep Wanders - diese
Stücke sind nicht ohne!
"Gigbag" von Ulrich Uhland Warnecke enthält (vor allem rhythmisch) anspruchsvolle
Stücke; bei einem ist neben den Noten auch Tabulatur angegeben, damit man alle links- und
rechtshändigen Aufschläge und Abzüge voreinander hat.
In "Caledonian Summer" von Horst Großnick oder
"Por los campos" von Friedrich Herweg stößt man plötzlich auf Stücke, die ziemlich
rücksichtslos die hohen Lagen und Barrégriffe nutzen. Bis dahin muss der Schüler das Griffbrett
so weit beherrschen, dass er sich Dinge zusammen reimen kann, die er vielleicht seit dem letzten
Unterricht vergessen hat, und besser wäre es, wenn die schwierigen Dinge gut erklärt wurden und
der Lernende fleißig genug ist.
Die Autoren weiterführender Hefte, die ich hier genannt habe, sind alle Zeitgenossen und nutzen
Stile wie Folk, Jazz, Blues, Picking, Fingerstyle etc. Sieht man irgendwann etwas von Tárrega,
Villa-Lobos, Barrios-Mangore oder Lauro und denkt sich "Das würde ich gerne mal können!" hat man
aber doch noch einiges dazu zu lernen. Deshalb auch hier noch mal die Bemerkung, dass Sammlungen
mit Gitarrenmusik aus der Klassik, besonders zum Beispiel Etüden wie
"Matteo Carcassi, 25 Etüden Opus 60" hier sehr hilfreich sind. Man muss sich durch
einige Stücke durchbeißen, die Akkorde auf dem gesamten Griffbrett bringen und lernt dabei
dieses hoffentlich gründlich kennen.
Pädagogische Literatur und "richtige" Literatur
Pädagogische Literatur nenne ich generell Hefte und Bücher, die Stücke enthalten, die dem
Lernenden auf dem Weg zur "richtigen Literatur" nutzen. Wo aber beginnt die "richtige"
Literatur?
Das ist eine schwierige Frage. Wenn man ein Konzert besucht, erwartet man von einem Pianisten
nicht, dass er Stücke von Einaudi oder Yiruma spielt, es sei denn, er ist selber diese Person.
Tatsächlich habe ich schon mal in einem Gitarrenkonzert ein Stück aus dem Heft
"Meister des Barock" von Heinz Teuchert gehört, allerdings könnte man
argumentieren, dass Stücke von Logy oder de Visée ja nicht als pädagogische Literatur konzipiert
waren, sondern der Unterhaltung von Königen und Fürsten dienten.
Beginnt ernst zu nehmende Literatur also mit einem bestimmten Schwierigkeitsgrad, und wie legt
man den fest?
In den "8 dreamscapes" von Andrew York kann man Stücke wie
"hejira" oder "watercolor" durchaus spielen, während man sich bei
"quicksilver" die Finger bricht...
Sicherlich sind die vielen "Etüden" der Klaviervirtuosen der Romantik keine pädagogische
Literatur, während die zwei- und dreistimmigen Inventionen von J.S. Bach zum Lernen verfasst
wurden.
Letztendlich kann einem diese Diskussion aber auch egal sein: viele Stücke, die man im Konzert
eines anerkannten Virtuosen nicht hören würde, klingen toll, machen riesigen Spaß beim Lernen
und wenn man sie beherrscht. Man übt, man spielt die Stücke seines Repertoires und freut sich
daran, dass man etwas mit seinen eigenen Händen macht. Wenn man durch eine Stadt läuft, sieht
man kaum jemanden, der nicht Kopfhörer aufhat und irgendwelche Musik hört.
Selber musizieren hingegen ist selten geworden.
Wichtig ist, dass auf den Wegen, auf denen man sich zu immer fortgeschritteneren Stücken voran
arbeitet, nicht zu viele Teilstücke oder Brücken fehlen, damit man mit fundierten Kenntnissen
ankommt. Und dann findet man auch von selbst immer neue Ziele, und hat neben Instagram und Co
noch andere interessante Dinge im Leben.