Unsere allgemeine Notenschrift
Hier geht es um die Grundlagen unserer Technik, Musik aufzuschreiben und zu lesen.
Zum
Einstieg in das Notenlesen gibt es unten einen
Abschnitt; wie man Noten
lernt, wenn man Gitarre mit einer Gitarrenschule spielen lernt, versuche ich an
anderer Stelle zu beschreiben.
Die Idee einer Notenschrift
Wie kann man überhaupt Musik aufschreiben? Musik ist etwas sehr abstraktes, ungreifbares: man hört sie, und sie vergeht in der Zeit. Man kann sie weder anfassen noch sehen.
Wenn man für so etwas eine Schrift entwickeln möchte, sollte sie die Möglichkeit bieten, unterschiedliche Tonhöhen und verschiedene Tondauern darzustellen. Der Leser dieser Schrift, oder der Mensch, der sie wieder in Musik umsetzen soll, muss über die Fähigkeit verfügen, sich die Töne vorzustellen, oder wissen, was er mit einem Instrument machen muss, um die dargestellten Töne zu erzeugen.
Beginnen wir mit der allgemeinen Schrift, die für alle Instrumente und auch Sänger gilt.
Das Liniensystem und die Stammtöne
Unsere abstrakte Notenschrift ist eine geniale Erfindung für jeden Instrumentalisten oder Sänger. Sie macht es möglich, sowohl Tonhöhe als auch Tondauer in einem Zeichen darzustellen.
Wir schreiben Notenköpfe auf fünf Linien und in deren Zwischenräume. Ist der Notenkopf oben in den Linien, ist es ein hoher Ton. Die Köpfe können unterschiedlich aussehen, Hälse und Fähnchen haben - dadurch wird die Länge der Töne dargestellt, um die es auf den Seiten über Rhythmus geht.
5 Linien und 6 Zwischenräume, wenn man die beiden oberhalb und unterhalb mitzählt.
Man kann leicht abzählen: mit Hilfe der 5 Linien kann man 11 Töne darstellen. Damit man noch mehr Töne anzeigen kann, gibt es den Zusatztrick mit den "Hilfslinien" über und unter dem Notensystem, aber erst mal bleiben wir bei 11 Tönen.
Sieben Stammtöne
Unsere Musikkultur benutzt sieben Stammtöne, die auf deutsch c-d-e-f-g-a-h heißen. Nach dem h geht die Reihe wieder bei c los.
Die natürlichen Halbtonschritte
Die Stammtöne haben noch eine wichtige Eigenschaft: sie sind nicht gleich weit von einander entfernt. Zwischen ihnen liegt entweder ein Halbtonschritt oder ein Ganztonschritt, also zwei Halbtonschritte. Das kann man am Notensystem nicht ablesen - man muss es gelernt haben.
Um die Halb- und Ganztonschritte geht es auf der nächsten Seite, aber hier sei schon mal
verraten, dass zwischen e-f und h-c die
"natürlichen Halbtonschritte" liegen. In der folgenden Stammtonreihe von
c bis c habe ich sie unterstrichen:
c d e f g a h c.
Wenn man eine Tonleiter in Noten erklärt, macht man gerne eine Art
Dachsymbol über die Halbtonschritte.
Versuche, sie "im Kopf" irgendwie betont zu sprechen, um sie gleich zu lernen!
Stammtöne sind veränderbar
Jeden Stammton kann man durch ♯ und ♭ erhöhen oder erniedrigen. Für kompliziertere Musik, oder Stücke in verschiedenen Tonarten braucht man so etwas. Mit dieser Erweiterung kann man 33 verschiedene Tonhöhen in den fünf Notenlinien darstellen - das ist eine großartige Erfindung!
Man sieht an der Lage in den Linien sofort "Ton 2 ist höher als Ton 1", aber wie viel höher er genau ist, weiß man erst, wenn man die Halbtonschritte gelernt hat, oder es geht aus weiteren Zeichen hervor. Das klingt kompliziert, und das ist es auch - simpel ist Musik eben nicht!
Notenschlüssel
11 Noten, die aber noch nichts bedeuten: ein Notenschlüssel muss her!
Damit man das Liniensystem benutzen kann, braucht man noch einen Notenschlüssel. Er gibt an, wo ein bestimmter Stammton liegt. Die fünf Linien müssen entschlüsselt werden wie eine Geheimschrift. Es gibt verschiedene Notenschlüssel, solche für hohe und andere für tiefere Instrumente.
Der Violinschlüssel
Der Schlüssel, mit dem die meisten Menschen anfangs in Berührung kommen, der Violinschlüssel, legt fest, wo sich das eingestrichene g oder g' befindet. Die zweite Linie von unten wird von der Schnecke des Violinschlüssels umschlungen - dort ist das g'.
Der Violinschlüssel ist für hohe Instrumente wie Violine, Querflöte, Klarinette etc. da.
Übung:
Schreibe die Zeile unten ab, und setze dann unter die Noten die Stammtonnamen!
Noten in Textform
Wenn man Noten in Textform erwähnt, also als Buchstaben, wird jeder Oktavstreifen unterschiedlich dargestellt. Klickst du im Übungskasten auf "Lösung anzeigen", siehst du, dass die ersten Töne immer einen Strich neben dem Buchstaben haben, rechts vom h' haben sie zwei Striche. Mehr dazu hier:
Genauigkeit
Wenn du bisher noch keine Ahnung von Noten hattest, sollte dir inzwischen klar sein: die Notenschrift funktioniert grundsätzlich anders als unsere Buchstaben. Wenn ein Erstklässler in einem Wort einen Buchstaben nicht ganz richtig in den Linien platziert, oder ein Wrot komicsh schriebt, wird der Lehrer ihn ermahnen, aber man kann das Wort trotzdem noch erkennen. Wenn ich ein e' schreiben möchte, der Notenkopf aber im untersten Zwischenraum gelandet ist, ist das ein f' und damit absolut falsch!
Grundregeln fürs Notenschreiben:
Die Notenhälse werden bis zum zweiten Zwischenraum rechts am Notenkopf angesetzt und gehen nach
oben, ab der dritten Linie werden sie links am Kopf beginnend nach unten gezeichnet. Ihre Länge
ist nicht so wichtig, man muss nicht schreiben wie ein Computerprogramm!
Schreibe immer zuerst den Notenkopf, genau auf eine Linie oder in einen
Zwischenraum, und setze danach den Hals an, von oben an den Kopf oder vom Kopf nach unten. Wenn
man Kopf und Hals in einem Schwung macht, werden Noten schnell unleserlich.
Noten lesen lernen
Noten lesen zu lernen ist schon eine Fleißaufgabe. Wenn man ein Instrument spielen lernen will,
hat man die Motivation, den richtigen Klang herzustellen, aber einfach abstrakt Noten lesen
lernen - wie macht man das?
Außerdem können viele Menschen, die ein Instrument lernen, die Noten zwar spielen, kennen
also die Griffe, haben aber keine Ahnung, wie die Dinger heißen.
Ich schreibe auf, was du machen solltest, wenn du schnell zum Ziel kommen willst:
Übung:
Nimm ein Blatt Papier und schreibe dir die Stammtonreihe auf, von jedem Ton
zu jedem Ton und vorwärts und rückwärts:
c d e f g a h c -
c h a g f e d c
d e f g a h c d -
d c h a g f e d
etc, am besten alle sieben Möglichkeiten. Du kannst die Reihe auch zweimal hinter einander
schreiben und dann die Teile aufsagen:
c - d - e - f - g - a - h - c - d - e - f - g - a - h - c.
Sage die Reihen laut auf (laut sprechen wirkt schneller und gründlicher als denken im Kopf), bis du sie auswendig kannst. Laufe dabei im Zimmer herum! Die Stammtonreihe rückwärts zu können ist dabei sehr wichtig - bei der Frage "Wie heißt noch mal der Ton unter a?" brauchen alle länger als bei der Suche nach einem höheren Ton.
Wenn du schlau bist, sprichst du die natürlichen Halbtonschritte, die auf der nächsten Seite
genauer besprochen werden, irgendwie betont, damit du sie schon mitlernst:
c d e f g a h c
c h a g f e d c.
Nachdem du die Tonnamen selber geschrieben und eine Weile selber laut aufgesagt hast, brauchst du über die Reihenfolge der Notennamen nicht mehr viel nachzudenken. Als nächstes geht es daran, die Noten in den Notenlinien einordnen zu können.
Übung:
Male dir auf ein Blatt sehr große Notenlinien (natürlich ohne die Buchstaben, die du unten im Beispielbild siehst), zeige einfach mit dem Finger auf eine Linie oder einen Zwischenraum und nenne die Note, die dort liegt. Gehe die Abfolge der Noten durch, vorwärts und rückwärts, Töne überspringend, wie auch immer. Das g' liegt auf der zweiten Linie von unten, die anderen Töne übst du abzuzählen, und das klappt auch, weil du die Reihenfolge ja vorwärts und rückwärts kannst!
Eigentlich sollte das nicht schwierig sein, wenn du die Notennamen wirklich gelernt hast, und mit ein bisschen Mühe, die du dir jetzt gibst, hast du für den Rest des Lebens ein Wissen parat, das dich alle Stücke, die du übst, schneller lernen lässt, das dich in allen Musiktests in der Schule erfolgreich macht, und du kannst eine Geheimschrift, die nicht jeder kann!
Übung:
Mache die gleiche Übung wie eben, aber ohne Papier, dafür mit geschlossenen Augen!
Mach die Augen zu und stelle dir das d' unter der untersten Linie vor.
Dann stelle dir die Note darüber - auf der untersten Linie liegt das
e' - und die Note darüber, das f' im untersten
Zwischenraum vor.
Gehe eine Ton zurück, und mache mit den Tönen
e', f' und g' weiter, danach die anderen
Folgen aus drei Tönen.
Schwieriger vorzustellen sind abwärts gehende Linien: Visualisiere g'', f'', e'' oder den Dreiklang g'' - e'' - c'' - C-Dur abwärts.
Es folgen noch zwei kleine Übungen - falls du ein bisschen schreiben möchtest, um selber Übungen zu machen, aber gerade kein Notenpapier hast - hier gibt es Notenlinien in groß und in klein.
Übung:
Sage die Namen des folgenden Beispiels einige Male laut vor dich hin, gerne auch von hinten nach vorne, schreibe dann die Namen drunter und kontrolliere die Lösung.
Übung:
Schnell kommt man darauf, dass es sinnvoll sein könnte, sich die Noten in den Zwischenräumen und die auf den Linien einzeln vorzunehmen. Sprich dazu einen Ton lauter, den, den du überspringst leiser, dann ist es einfach.
Weitere Übungen zu den Noten im Violinschlüssel ohne Hilfslinien findest du hier.
Hilfslinien
Noch höhere oder tiefere Töne, als in die fünf Linien passen schreibt man mit Hilfslinien. Man zeichnet dann zuerst die Hilfslinie, etwa im gleichen Abstand wie die Notenlinien und etwas breiter als Notenköpfe, dann den Notenkopf, Hals und Balken oder Fähnchen.
In der Notenzeile oben siehst du wieder, dass die Noten in Textform unterschiedlich benannt werden. Unter dem ersten Ton, dem c', kommt das kleine h; über dem h'' folgt das c'''.
Das e''' ist schon ziemlich hoch; wenn man noch weiter hinauf möchte, setzt man über oder unter die Noten ein Oktavierungszeichen.
Noten mit Hilfslinien lesen üben
Hier siehst du die Notennamen vom e bis zum c'''. In Gitarrennoten mit der 8 unter dem Violinschlüssel wären es die Töne vom E bis zum c''
.Übung:
Male dir wieder auf ein Blatt sehr große Notenlinien mit drei Hilfslinien über und unter dem System und zeige einfach auf Linie, Zwischenraum oder Hilfslinie und nenne die Note, die dort liegt.
Übung:
Sage die Namen der Töne des folgenden Beispiels einige Male laut vor dich hin, gerne auch von hinten nach vorne, schreibe dann die Namen drunter und kontrolliere die Lösung.
Übung:
Noch eine weitere Runde Noten auf Hilfslinien.
Mehr Übungen für die Noten im Violinschlüssel mit Hilfslinien findest du hier.
Warum verwendet man nicht mehr Notenlinien statt der vielen Hilfslinien?
Es hat durchaus solche Versuche gegeben. In früher barocker Cembalomusik haben die Systeme manchmal mehr als fünf Linien, aber - es ist schrecklich fürs Auge!
In diesem Beispiel von G. Frescobaldi gibt es für die rechte Hand sechs, und für die linke acht Linien. Im unteren System stehen auch gleich zwei Schlüssel. Ob da Hilfslinien nicht doch die bessere Lösung sind?
Man muss die Informationsflut auch verarbeiten können, sonst ist die benutzte Schrift nicht praxistauglich, und Praxis heißt im Falle Musik nicht nur, dass ein Anfänger das erste Fünftonlied zusammenbuchstabiert, sondern auch, dass ein Orchestermusiker eine mehrstündige Oper unfallfrei spielen kann. Siehe auch diese Diskussion über Rhythmuszeichen.
Verschiedene Oktaven
In der Lösung zur Übung beim Violinschlüssel oben siehst du, dass die Töne ab dem h' mit zwei Strichen versehen sind. So unterscheidet man die unterschiedlichen Tonhöhen, wenn man sie in Textform benennen will.
Es gibt außer der eingestrichenen die zweigestrichene, dreigestrichene und viergestrichene Oktave (so heißt der Abstand von acht Tönen); darüber auf dem Klavier noch das fünfgestrichene c.
Die Oktave unterhalb der eingestrichenen heißt kleine Oktave und wird mit Kleinbuchstaben dargestellt. Für die große Oktave schreibt man dementsprechend Großbuchstaben, bei der Kontra-Oktave schreibt man einen Strich unten vor den Buchstaben: ,C. Das Subkontra - A sieht so aus: ,,A. Üblich ist auch, hochgestellte Zahlen hinter die Buchstaben oder tiefgestellte vor die Buchstaben zu setzen. Hier sieht man das Ganze in einer Grafik mit allen Tönen des Klaviers.
Es gibt natürlich noch tiefere und höhere Töne, aber die werden nicht im Zusammenhang mit Musik benutzt oder notiert. Unten beginnt recht bald der Infraschall, Geräusche, die unterhalb der menschlichen Hörfähigkeit liegen und mit denen zum Beispiel Elefanten kommunizieren; mit Ultraschall arbeiten Fledermäuse und medizinische Untersuchungsgeräte.
Oktavierende Notenschlüssel
Bei der Gitarre gilt die Besonderheit, dass sie im nach unten oktavierenden Violinschlüssel notiert wird. Das g, das aussieht wie das g' ist also in Wirklichkeit ein kleines g - alle Gitarrennoten sind eine Oktave tiefer zu lesen! Dieses Verfahren wird auch bei anderen Instrumenten eingesetzt, zum Beispiel bei Blockflöten.
Der tiefste Ton der Sopranblockflöte ist das c'', also ist es praktisch, den nach oben oktavierenden Violinschlüssel zu verwenden, sonst müsste man ständig bis zu fünf Hilfslinien entziffern.
In Chornoten wird der Tenor ebenfalls mit einer 8 unter dem
Violinschlüssel aufgeschrieben.
In vielen Notenausgaben fehlen diese Oktavierungszeichen.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Gitarre eine Oktave tiefer klingt, als ihre
Noten auf den ersten Blick scheinen lassen.
Wie sieht eigentlich eine Note aus?
Wenn du eine Note beschreiben sollst, gilt: Wichtig für das Erkennen der Tonhöhe ist alleine der Notenkopf!
Wie lang der Hals ist und in welche Richtung er zeigt, ist völlig egal, das hat nur damit zu tun, dass die Note einen bestimmten rhythmischen Wert hat und möglichst elegant aussehen oder einer Stimme zugeordnet werden soll. Was zählt, ist der Kopf, fertig.
Dementsprechend lautet die Antwort auf die Frage "Wie sieht die Note denn aus?" nicht "Man greift sie auf der dritten Saite..." oder "Sie ist rund..." sondern zum Beispiel so:
1: Die Note liegt auf der zweiten Linie.
2: Die Note liegt auf der dritten oder
mittleren Linie.
3: Die Note ist im zweiten Zwischenraum.
4: Die Note ist wieder auf der 3. Linie. Da
sie mit der vorigen per Achtelbalken verbunden ist, ist ihr Hals "verkehrt" herum, aber das ist
völlig uninteressant!
5: Diese Note ist
auf der ersten Hilfslinie unter dem System.
6: Diese Note steht
unter der 1. Hilfslinie unter dem System.
7: Der letzte Beispielton befindet sich
über der 2. Hilfslinie über dem System.
Die Halsrichtung
Für Gitarrenschüler, die diese Dinge noch nicht wirklich verinnerlicht haben ist die Halsrichtung oft verwirrend, wenn mit dem zweistimmigen Spiel begonnen wird:
Die Melodietöne der Takte 3 und 4 sind die gleichen wie in Takt 1 und 2, nur die Hälse sind "falsch herum", weil sich unter der Melodie jetzt eine zweite Stimme befindet. Wenn man sich angewöhnt hat, den Kopf einer Note als Erkennungsmerkmal zu nehmen, hat man keine Probleme.
Schreibkonventionen
Wenn man Noten mit der Hand schreibt, zeichnet man immer zuerst den Notenkopf und fügt dann Hals, Fähnchen oder Balken an. Die Lage des Kopfes entscheidet über die Tonhöhe; seine Form und der Hals mit Fähnchen oder Balken bezeichnen den Notenwert.
Der Hals geht im Violinschlüssel bis zum a' an der rechten Seite des Kopfes nach oben, ab dem h' ist er an der linken Seite nach unten zu zeichnen, damit die Hälse nicht zu weit aus den Notenlinien heraus ragen (Siehe Bild oben).
Wenn man Noten mit Balken verbindet, muss man sich für eine gemeinsame Halsrichtung entscheiden. Bei den ersten zwei Achteln im ersten Takt des Bildes hat das h' den Hals nach oben, bei der zweiten zeigt der Hals des g' nach unten. Beides ist ungewohnt, aber nicht falsch. Man muss beim Lesen der Tonhöhen lernen, nur auf den Notenkopf zu achten.
Mehrere Stimmen in einem System
Wenn mehrere Stimmen in einem System notiert werden, zeigen die Hälse der Oberstimme nach oben, die der unteren nach unten; Mittelstimmen werden dann je nach Höhe und Platz untergebracht.
Der zeitliche Beginn eines Tones richtet sich nicht nach den anderen Stimmen, sondern nach dem rhythmischen Verlauf der Stimme, in der der Ton liegt!
Im Bass steht am Taktanfang ein c als Halbe punktiert. Die Achtel in der
Oberstimme beginnen aber nicht nach einer punktierten Halben (also nach drei Schlägen), sondern
nach einer Viertel, weil in ihrer Stimme am Anfang eine Viertelpause steht. Würde man die Töne
der Oberstimme nach einer punktierten Halben beginnen, erhielte man einen 6/4-Takt.
Die
blau formatierte Mittelstimme beginnt nach einer halben Pause, also gleichzeitig mit dem zweiten
e' in der Oberstimme (obwohl die erste Note etwas versetzt notiert ist)
und eine Viertel vor den letzten Tönen des ersten Taktes in Oberstimme und Bass.
Man muss
lernen, ein dreistimmiges Stück als drei individuelle "Spuren" mit je eigenem zeitlichen Ablauf
zu lesen. Jede Note nimmt in ihrer Spur einen bestimmten Zeitraum ein, ähnlich wie ein
Kleinwagen, ein PKW mit Anhänger und ein großer LKW im Stau auf der Autobahn unterschiedlich
viel Raum einnehmen.
Umwege und Eselsbrücken
Selbstverständlich gibt es zum Notenlernen, besonders zu "systematischen Notenreihen" wie den Noten auf den Linien hübsche Eselsbrücken, aber bitte - wozu? Man kann doch wohl die Stammtonreihe aufsagen, und dabei einen Namen lauter sagen und denken, und den anderen "unter den Tisch fallen lassen": d - e - f - g - a - h - c...
An Eselsbrücken festzuhalten bedeutet für mich übersetzt: "Ich glaube nicht, dass ich in der
Lage bin, mir die Sache, die ich lernen will aufgrund ihres inneren Sinnes zu merken. Mir fehlt
das nötige Selbstvertrauen, ich schaffe das nicht."
Das ist eine Einstellung, die man schleunigst über Bord werfen sollte! Jeder
von uns hat viele Dinge gelernt und ist Fachmann in gewissen Bereichen. Jeder kann Neuland im
Bereich Wissen erobern!
Natürlich ergeben die Notennamen an sich keinen Sinn, aber sie sind die absolute Grundlage der gesamten Musiktheorie, und der darf man sich ruhig anders nähern als mit "Brötchen holenden Assessoren des Fisch essenden Beckenbauers" oder was auch immer...
Umweg über das Instrument
Es ist sehr wichtig, die Namen der Noten nicht nur über den Umweg "Ah, zweite Linie von oben, da muss ich auf der h-Saite im dritten Bund greifen, das ist also ein d..." zu lernen, sondern zu begreifen, dass Noten eine Schrift für alle Instrumente und Sänger sind, die man einfach als Schrift verstehen sollte.
Ich finde, dass das Schreiben beim Lernen auch enorm hilft: Noten sehen ja im Prinzip alle gleich aus, ganz anders als Buchstaben. Nur die Position in den Linien macht den Unterschied.
Beim ersten Spiel auf dem Instrument darf man gerne laut die Notennamen sagen. Da man bei den ersten Anfängerstücklein schnell auswendig lernt und dann nicht mehr wirklich Noten liest, kann man die Stücke auch mal rückwärts spielen.
Was man gar nicht machen sollte: die Notennamen unter die Töne schreiben. Damit verhindert man garantiert die Noten zu lernen, denn Buchstaben lesen kann man ja schon.
Konkrete Schriften für Instrumente
Die konkrete Umsetzung auf einem Instrument hat im Laufe der Geschichte verschiedene Griffschriften oder Tabulaturen entstehen lassen. Man kann für Saiteninstrumente Linien für die Saiten aufzeichnen, und auf diesen Linien durch Ziffern oder Buchstaben erklären, an welcher Stelle der Saite man greifen muss. Das geht sogar ohne Linien. Oder man reiht Griffbilder für Blasinstrumente aneinander, oder erfindet Buchstabensymbole, die einzelne Töne oder Griffkombinationen bedeuten.
Nachteile
Diese "konkreten Musikschriften", auch die im Internet allgegenwärtigen "TABs" für Gitarre, haben verschiedene Nachteile. Das Hauptproblem ist, dass sie nicht allgemein verständlich sind. Ein Saxophonist kann nicht direkt aus einer Tabulatur für Gitarre spielen, und was soll ein Cellist mit Griffbildern für Tin Whistle?
Außerdem bedeuten die Zeichen einer Lautentabulatur nur bedingt bestimmte Töne. Wenn man ein Stück für drei verschieden gestimmte Lauten vor sich hat, bedeutet eine "2" auf der Linie für die oberste Saite für die auf a gestimmte Laute ein h, für die auf g gestimmte Laute ein a, und bei der Basslaute auf d würde ein e erklingen.
Vorteile
Das ist gleichzeitig ein Beispiel für den größten Vorteil dieser Notation: die Spieler können Instrument und Stimme tauschen, ohne wissen zu müssen, welche Töne sie tatsächlich spielen. Auch wenn jemand, der aus einer Tabulatur spielt nicht unbedingt weiß, was er spielt, erzeugt er die richtigen Töne.
Der größte Nachteil neben der Unverständlichkeit für Menschen, die das betreffende Instrument nicht beherrschen, ist die Tatsache, dass man bei mehrstimmiger Musik der Rhythmus nicht für jede einzelne Stimme angegeben wird. Er steht quasi als Summe des rhythmischen Geschehens aller Stimmen oben drüber. Wie lang eine Bassnote oder ein Ton in der Mittelstimme klingen soll, wird nicht dargestellt. Das muss man sich selber erschließen, und insofern setzt Tabulatur eigentlich auch Kenntnisse in Harmonielehre voraus, oder gutes Gehör und Kunstverstand.
Merkwürdige Mischformen
Manchmal gibt es in normalen Noten auch merkwürdige Mischungen zwischen Noten und "Quasi-Tabulatur". So ist die 5. Suite für Violoncello von Bach für ein Cello geschrieben, dessen erste Saite einen Ganzton tiefer gestimmt wird, also von a nach g. Alle Noten, die auf dieser Saite zu spielen sind, sind aber so aufgeschrieben, als sei die Saite normal gestimmt. Wenn der Spieler also da greift, wo normalerweise ein c erklänge, kommt ein b heraus. Das ist sozusagen eine halbe Tabulatur!
Gitarristen machen das anders: sie stimmen die tiefe E-Saite häufig auf D, aber die Töne werden dann normal notiert - man muss eben lernen, dass das F dann nicht im ersten, sondern im dritten Bund ist.