Gitarre und Musiklehre, U. Meyer

Transponieren

Transponieren heißt ein Stück Musik auf eine andere Tonhöhe umschreiben. Man braucht es ständig: Beethoven beim Komponieren von Sonaten, weil die Themen in der Reprise in anderen Tonarten als in der Exposition stehen, Klavierbegleiter, wenn die Sängerin indisponiert ist und einen Halbton tiefer singen möchte, oder wenn man eine Blockflötensonate auf dem Sopran statt auf dem Alt spielt.

Man braucht dafür natürlich einige Vorkenntnisse, über Tonleitern, den Quintenzirkel und Intervalle; trotzdem habe ich das Thema hier eingeordnet, weil transponieren zu den grundlegenden Dingen gehört, die man mit einer Melodie, einem Akkord, einem was-auch-immer in der Musik machen kann.

Versetzungszeichen für einzelne Töne, oder neue Vorzeichen?

Normalerweise ändert man dabei die Vorzeichen, da mit den Noten ja das ganze "Umfeld" verändert wird. Auch wenn ich eine einstimmige Melodie transponiere, müsste sie in der transponierten Form mit anderen Akkorden begleitet werden als bisher, und das wird ja durch eine Tonartvorzeichnung angedeutet.

Transposition mit Versetzungszeichen oder Vorzeichen
Transponieren

Hier sieht man die Tonfolge c, d, e, f, die um eine übermäßige Quarte nach oben transponiert wird - Ton für Ton. Jede transponierte Note bekommen ihr neues Vorzeichen, und wenn man das ein ganzes Stück lang durchhielte, müsste man die ganze Zeit Akzidentien lesen.

Wenn du überhaupt nicht verstehst, warum ich von c nach fis und von d nach gis usw. komme, darfst du wahrscheinlich die Seiten über Intervalle durchackern. Wie schon gesagt: ohne Grundkenntnisse kommt man beim Transponieren nicht weit.

Transponieren 2

Hier sieht man die gleiche Transposition der Töne c, d, e, f, aber diesmal habe ich sie durchgeführt, indem ich die Vorzeichnung von Fis-Dur - eine übermäßige Quarte höher als die Ausgangstonart C-Dur - notiert habe. Sieht erst mal spektakulär aus, spart aber schnell viele Versetzungszeichen, weil die Vorzeichen ja für eine ganze Zeile gelten. Außerdem assoziert man andere Akkorde.

Falls dir die Geschichte mit den anderen Vorzeichen nichts sagt, gehe eventuell zur Seite über Tonleitern.

Transposition von Akkorden mit Versetzungszeichen oder Vorzeichen

Unten das Ganze noch einmal, aber mit leitereigenen Dreiklängen - hier wird noch deutlicher, dass die Methode "neue Vorzeichen für die neue Tonart" viel einfacher ist:

Transponieren Akkorde

Vier Takte Kuckuck

Behandeln wir also nach der Methode mit der neuen Vorzeichnung die ersten vier Takte von "Kuckuck". Am Zeilenanfang sind sie in C-Dur aufgeschrieben, und dann wird jede Note eine reine Quinte nach oben transponiert.

Kuckuck von C-Dur nach G-Dur

Überprüfen

Dieses einfache Beispiel wirft gleich mehrere Fragen auf:

1. Habe ich wirklich jeden Ton um eine reine Quinte versetzt?

Natürlich! Dass eine der Quinten zwischen Stammtönen nicht rein, sondern vermindert ist bleibt zwar wahr, wirkt sich beim Transponieren aber nicht aus, solange ich keine Fehler mache. Wenn zwischen zwei aufeinander folgenden Tönen eine verminderte Quinte liegt, wird diese ja auch so übertragen wenn ich die neuen Vorzeichen gesetzt habe, da jeder Ton für sich um das gleiche Intervall versetzt wird. Man überträgt Ton für Ton um die gleiche Entfernung, dadurch bleiben die Entfernungen (Intervalle) zwischen den Noten der Melodie gleich.

2. Woher weiß ich, welches Vorzeichen ich setzen muss?

Ehrlich gesagt - das ist nicht so einfach! Wie oben bereits steht, braucht man für das Transponieren einige Begriffe, die hier nicht erklärt werden. Für die Antwort auf diese Frage musst du eigentlich die zum Quintenzirkel gehörenden "Vorkapitel" durcharbeiten.

In diesem Beispiel gilt, dass eine Quinte aufwärts zu transponieren zur Folge hat, dass du im Quintenzirkel eine Stufe in der "Kreuzrichtung" vorwärts gehst. In diesem Falle von C-Dur (null Kreuze) nach G-Dur (ein ♯, nämlich fis).

3. Warum muss man das Kreuz für das fis denn notieren - es kommt doch gar kein f oder fis vor?

Das Lied Kuckuck kommt tatsächlich mit den fünf ersten Stufen einer Durtonleiter aus. In C-Dur kommt das h, die siebte Stufe, nicht vor, und damit logischerweise in G-Dur das fis auch nicht.
Doch sobald jemand eine Begleitung mit Akkorden spielt oder eine zweite Stimme erfindet wird diese ziemlich falsch klingen, wenn an allen Stellen, an denen die siebte Stufe der Tonleiter steht ein f erklingt. Also informiert der Tonsetzer die Umwelt höflicherweise darüber, dass das Stück in G-Dur steht und entsprechende Akkorde und sonstige Noten (eben fis) enthalten sollte. Der erfahrene Musiker weiß dann sofort, welche Akkorde er zum Begleiten wahrscheinlich brauchen wird.
Häufig steht in Unterrichtswerken für Anfänger ein Lied wie "Kuckuck" in G-Dur ohne das Kreuz für die siebte Stufe. Dann muss man nicht erklären, was das ist. Aber eigentlich ist das nicht richtig, und kann später zu Fragen führen.

4. Kann ich die Melodie einfach nach Tonleiterstufen transponieren, statt jeden Ton einzeln "auszurechnen"?

Aber natürlich! Bei einer einfachen Transpositionsaufgabe kann eigentlich nichts passieren, solange man keine Flüchtigkeitsfehler macht. Erst wenn vermehrt Versetzungszeichen oder komplizierte Akkorde auftauchen muss man verschärft aufpassen. "Kuckuck" zu transponieren ist nicht schwierig: die Melodie beginnt mit den Tonleiterstufen "5 - 3 - 5 - 3 - 2 - 1 - 2 - 1", und das sind in C-Dur und in G-Dur eben die Noten, die oben im Beispiel zu sehen sind.

Beispiel mit kleiner Modulation

Ein etwas komplizierteres Beispiel wäre die mittlere Melodiezeile von "Au clair de la lune". Hier gibt es eine kleine Ausweichung in die Tonart der Dominante mit sofortiger Rückmodulation zur Tonika. Mein zweistimmiger Satz steht in D-Dur, die zweite Zeile beginnt mit der Doppeldominante E-Dur. In der zweiten Stimme taucht die Note gis auf, die erhöhte 4. Stufe. Im letzten Takt des Beispiels habe ich vor das g ein Auflösungszeichen gesetzt, was nur eine freundliche Erinnerung ist. Eigentlich hat der Taktstrich das Kreuz vor dem g bereits aufgehoben.

Als Begleitakkorde hätte ich gerne die Doppeldominante E-Dur, dann E-Dur als Septakkord, dann A-Dur und schließlich A7, den Dominantseptakkord von D-Dur. Die nächste Zeile wird dann mit der Tonika D-Dur beginnen. Da gibt es einiges zu bedenken!

Au clair de la lune in D-Dur

Größere Entfernung im Quintenzirkel

Die vier Takte möchte ich um eine übermäßige Quarte abwärts von D-Dur in die Tonart As-Dur transponieren. Also aus einer Tonart mit zwei Kreuzen in eine mit vier bs. Erstens ist eine Transposition um eine übermäßige Quarte schon schwierig, weil man ja ein relativ großes Intervall abzählen muss, und zweitens wird aus Stammtönen plötzlich ein tiefalterierter Ton und aus Noten mit Kreuz davor ein Stammton.

Au clair de la lune nach As-Dur

Der erste Ton e wird zum b, das gis am Anfang der zweiten Stimme wird zu einem d. Die erhöhte vierte Stufe braucht in As-Dur also kein Kreuz, sondern ein Auflösungszeichen. Aus der vierten Stufe in D-Dur, dem g, wird nach der Transposition nach As-Dur ein des, während der Ton mit Kreuz davor, die erhöhte 4. Stufe gis in der neuen Tonart dann "nur" ein Auflösungszeichen braucht und d heißt.

Vorüberlegungen

In D-Dur (zwei Kreuze bedeuten, dass das Stück in D-dur steht) beginnt die zweite Zeile mit e in der ersten Stimme - das ist die 2. Stufe der Tonleiter. Um eine übermäßige Quarte nach unten versetzt gibt das ein b, die 2. Stufe der Zieltonart. Eine große Sekunde unter b liegt der Grundton as (nicht gis!), also brauche ich die Vorzeichen von As-Dur: b, es, as, des. Und dann übertrage ich nach Stufen. Wenn man sich ein bisschen auskennt, ist es also halb so schlimm.
Die Begleitakkorde ermittele ich auf die gleiche Weise.

Transponierende Instrumente

Partitur mit transponierenden Instrumenten

Wissen um transponieren braucht man ständig - je nachdem, welches Instrument man spielt. Rechts siehst du eine Stelle aus einer Orchesterpartitur, der Fünften von Beethoven in C-Moll. Die Vorzeichen vor den meisten Instrumente sind b, es und as.
Die dritte Zeile heißt "2 Clarinetti in B" und hat nur ein als Vorzeichen.

Klarinetten sind sogenannte "transponierende Instrumente". Das heißt: man schreibt die Noten für eine Klarinette in B anders auf, als sie klingen. Steht in solchen Noten ein c, kommt in Wirklichkeit ein b heraus. Die Klavierbegleitung zu einem Klarinettenstück steht in einer anderen Tonart als die Solostimme - das kann zu Problemen bei der Kommunikation führen. Sagt der Pianist "Können wir nochmal in Takt 12 anfangen, bei deinem a" oder doch lieber "beim g", weil das schließlich der Ton ist, der wirklich erklingt? Sehr kompliziert!

Diesen Trick wendet man bei einigen Instrumenten an, wahrscheinlich damit die Spieler einfacher zwischen den unterschiedlichen Typen wechseln können. Auf einer Klarinette in A nutzt man dieselben Griffe wie auf einer B-Klarinette - das Instrument sorgt dafür, dass andere Töne heraus kommen.

Bei Blockflöten z.B. ist es anders: auf C- und F-Flöten braucht man unterschiedliche Griffe für unterschiedliche Töne, da muss der Spieler das Transponieren erledigen. Man hat eben eine Grifftabelle für jede Stimmung im Kopf! Wenn man dann auch noch eine "Flûte de Voix" auf d besitzt...

Die Hörner (2 Corni in Es) sind ohne Vorzeichen notiert - da sie in Es stehen, kommen die drei s automatisch. Weshalb die Trompeten in C gleichfalls keine Vorzeichen haben ist mir nicht klar, vielleicht weil die Töne mit Versetzungszeichen gar nicht vorkommen?

Klarinetten gibt es in B und in A, Trompeten meist in C oder B, und die Saxophonfamilie steht auf den Tonhöhen B oder Es. Auf allen spielt man einfach, und die transponierende Notation sorgt dafür, dass die richtigen Töne herauskommen. Dann und wann muss man überlegen, was man gerade spielt oder liest.
Mitglieder von Posaunenchören spielen aus "normalen" Noten - das Gehirn des Bläsers muss transponieren!

Dirigenten müssen natürlich Partituren so lesen können, dass sie jederzeit wissen, wer was spielt, weil sie das Ergebnis ja "in Echtzeit per Ohr überwachen". Studenten dieses Faches haben denn auch Unterricht in Partiturspiel, d.h. die üben Orchesterpartituren vom Blatt zu spielen inklusive aller transponierenden Klarinetten, Trompeten und Co.

Transposition um eine Oktave

Bass, Notation und Klang
Gitarre, Notation und Klang

Die einfachsten transponierenden Instrumente sind Gitarre, Bass und fast alle Blockflöten: sie transponieren um eine Oktave. Die Noten für Bass werden zum Beispiel eine Oktave zu hoch aufgeschrieben, und es wird vorausgesetzt, dass man weiß, dass eigentlich eine "8" unter den Notenschlüssel gehört.

In gedruckten Ausgaben kommt es häufig vor, dass die Oktavierungszeichen bei Gitarre, Blockflöte oder Chor-Tenor fehlen.

Erst wenn man Stücke schreibt oder arrangiert fängt man an, verschärft zu überlegen "Ist das hohe h im 7. Bund der e-Saite der Gitarre jetzt eigentlich genauso hoch, eine Oktave höher, oder tiefer als das h, das auf der Violine auf der a-Saite mit dem ersten Finger gegriffen wird?!" Oder "Ist die tiefe C-Saite der Bratsche so hoch wie das c auf der A-Saite der Gitarre?"

Transponieren im Alltag

Man braucht das Transponieren natürlich im ganz normalen Alltag. Man möchte mit einer Gruppe ein Lied singen, das aber zu hoch oder tief gesetzt ist. Also überlegt man, wie man es transponieren kann.

Alle Vögel sind in C

Wegen der F-Barrégriffe gefällt mir die Tonart sowiewo nicht, und außerdem ist das c' ein eher tiefer Ton, also setze ich das Lied um nach D-Dur. Zwei Kreuze statt null, jeden Ton einen Ganztonschritt höher, die Griffe ebenfalls - fertig:

Alle Vögel sind in D

Oder ich wende den ultimativen Gitarristentrick an (für Klavierspieler nur auf Digitalpianos mit der Transpositionsfunktion zu imitieren): Ich nehme einen Kapodaster, platziere ihn auf dem zweiten Bund und erhalte so die gewünschte Transposition nach D-Dur per technischer Hilfe.

Hier findest du einige Beispiele für Transposition auf der Gitarre in andere Tonarten:

Übungen zum Transponieren

Es folgen ein paar bösartige Übungen. Sie übersteigen an Komplexität die anderen Sachen auf den Grundlagen-Seiten ein bisschen - ich habe versucht, Stellen mit vielen Akzidentien auszusuchen. Als Ausgangsmaterial dienen (wegen der ewigen Copyright-Frage) ein Volkslied, Ausschnitte aus eigenen Stücken, sowie aus zwei Sarabanden aus den Cellosuiten von Bach, die ich bearbeitet habe. Bei diesen transponierst du in die Originaltonart und in den Bassschlüssel. Dann kannst du einen Blick in die Cellonoten werfen und kontrollieren, wie ich den originalen Notentext für Gitarre verändert habe. Zum Abschluss ein paar Takte aus der F-Moll-Fuge aus dem Wohltemperierten Klavier, Band 1.

Aufgabe a)

Schreibe die folgende zweistimmige Zeile eine kleine Sexte höher.

Nun will der Lenz
Lösung 19 Grundlagen
Aufgabe b)

Schreibe obige Zeile eine große Terz höher.

Lösung 20 Grundlagen
Aufgabe c)

Transponiere diese 3 Takte eine kleine Terz nach oben.

Ausschnitt Blues 1
Lösung 21 Grundlagen
Aufgabe d)

Versetze um eine übermäßige Quarte nach unten.

Ausschnitt Blues 2
Lösung 22 Grundlagen
Aufgabe e)

Versetze um eine große Sekunde nach oben.

Ausschnitt Stück 1
Lösung 23 Grundlagen
Aufgabe f)

Schreibe in den Bassschlüssel und transponiere eine Quinte nach unten. Achtung: der Violinschlüssel ist nach unten oktaviert, es sind Gitarrennoten! Der erste Ton der Oberstimme ist in Wirklichkeit ein e'! In der Lösung stehen einige Töne, die für ein Violoncello zu tief sind, weil ich in der Bearbeitung für Gitarre Töne hinzugefügt habe!

Ausschnitt Sarabande 2
Lösung 24 Grundlagen
Aufgabe g)

Schreibe in den Bassschlüssel und transponiere eine große None nach unten. Die Bearbeitung steht eigentlich nicht in D-Dur, sondern eine Quarte tiefer, was die Aufgabe aber langweilig gemacht hätte...

Ausschnitt Sarabande 3
Lösung 25 Grundlagen
Aufgabe h)

Transponiere um eine kleine Terz nach unten.

Ausschnitt Fuga F-Moll
Lösung 26 Grundlagen