Leitereigene Dreiklänge
Nachdem es auf den vorigen Seiten darum ging, was überhaupt ein Dreiklang ist, wie man bestimmte Akkorde aufbaut, umkehrt oder mit Vorhalten verziert geht es im Folgenden um die Einordnung in den tonalen Rahmen. Dabei wird es von einfach nach kompliziert, von weniger zu immer mehr Akkorden gehen. Zunächst aber werden alle leitereigenen Dreiklänge in der Durtonleiter vorgestellt.
Unten siehst du eine Tonleiter (die unteren, schwarzen Noten) mit jeweils zwei Noten darüber. Das sind die Dreiklänge, die aus der C-Dur-Tonleiter "einfach so" entstehen, wenn man über jeden Ton die leitereigene Terz und Quinte setzt.
Auf der ersten Stufe (I) der Tonleiter steht der Ton "c". Über diesem Ton steht der dritte Ton von c aus gerechnet, nämlich e, und der fünfte, das g. Die Töne dieses auf dem Grundton c aufgebauten Dreiklanges kommen also alle aus der C-Dur-Tonleiter, sie sind "leitereigen".
Dur- und Mollakkorde
Der Dreiklang auf der zweiten Stufe ist genauso aufgebaut, aber wenn du
c-e-g und d-f-a spielst und vergleichst, wirst
du einen Unterschied hören:
c - e -
g
ist ein Durdreiklang, während
d - f -
a
ein Molldreiklang ist. Das "Rahmenintervall", die Quinte, ist bei
beiden gleich groß, der mittlere Ton, der "Terz" genannt wird, ist aber vom Grundton
unterschiedlich weit entfernt:
c -
e
sind zwei Ganztonschritte,
d -
f
nur anderthalb Tonschritte. Den Abstand zwischen c und
e
nennt man eine große Terz, das andere ist eine
kleine Terz. Die großen Terzen habe ich
rot, die kleinen lila gefärbt.
Falls
du über große und kleine Terzen direkt mehr erfahren möchtest, lies erst mal hier bei den
Intervallen weiter!
Ein Durdreiklang besteht aus einem Grundton, einer großen Terz, und einer reinen Quinte; ein Molldreiklang aus einem Grundton, einer kleinen Terz und einer reinen Quinte.
Der verminderte Dreiklang
Zurück zur obigen Grafik! Auf den Stufe I, IV und V stehen Durdreiklänge, auf den Stufen II, III und VI findet sich jeweils ein Molldreiklang. Auf Stufe VII entsteht ein Dreiklang, der weder Dur noch Moll ist: seine Terz ist klein, aber da innerhalb der Quinte h - f zwei Halbtonschritte liegen (siehe hier und auch hier...), ist sie vermindert, der entstandene Dreiklang heißt "verminderter Dreiklang". Wie und wem man ihn zuordnen kann sehen wir später.
Übung:
Schreibe unter die Dreiklänge der beiden folgenden Reihen die richtigen Buchstaben, um Dur und Moll auseinander halten zu lernen: "C" bedeutet C-Dur, "c" meint C-Moll.
Schreibweisen für Akkorde
Die leitereigenen Dreiklänge des vorigen Abschnittes haben harmonisch miteinander zu tun, es gibt Zusammenhänge und Beziehungen, die man in der Analyse beschreiben können möchte. Dafür gibt es verschiedene Systeme.
Stufenlehre und Funktionsbezeichnungen sind Methoden, Akkorde
zu bezeichnen, ein Stück schriftlich zu kommentieren.
Die
Generalbassschrift, die im Frühbarock entstand und eine "Kurzschrift" für
improvisierte Begleitung ist, kommt direkt aus der Praxis des Musizierens.
Akkordsymbole
werden von Gitarristen und allgemein Pop- und Jazzmusikern als Grundlage für Improvisation und
improvisierte Begleitungen benutzt.
Stufentheorie
Diese ausgedachte Akkordfolge, die auch in den nächsten beiden Abschnitten steht, zeigt Akkorde in der Tonart C-Dur, hier nach der Stufentheorie beziffert, wobei man römische Zahlen verwendet.
Da der zweite Akkord Quinte und Sexte enthält, schreibt man eine 5 und 6 neben die Ziffer IV. Akkorde wie der erste in Takt 2 oder der vierte in Takt 3 bekommen eine "3 mit Kreuz" neben die Zahl.
Nicht so klar ist, wie man den dritten Akkord in Takt 2 bezeichnen soll. Es ist offenkundig ein D-Dur-Dreiklang mit kleiner Septime, die im Bass liegt. Schreibt man eine "II" für die zweite Stufe, eine "7" unter die Ziffer und "3♯" daneben, wie ich es gemacht habe? Oder schreibt man "I" unter den Akkord (schließlich steht er auf C) und "2, 4♯ und 6" daneben? Die erste Schreibweise lehnt sich ein bisschen an die Funktionslehre an, die zweite ist sehr vom Generalbass her gedacht. Die Stufentheorie ist hier etwas undogmatisch.
Zweck
Die Stufentheorie beschreibt einfach was da ist, jeden Klang bezogen auf die Stufe der gegebenen Tonleiter beziehend. Über Verwandtschaftsgrade sagt sie nicht viel aus.
Funktionstheorie
Hier stehen unter den Akkorden die Buchstaben der Funktionstheorie. Durakkorde werden mit großen, Mollakkorde mit kleinen Buchstaben bezeichnet. Bei Akkordumkehrungen, also wenn ein anderer als der Grundton im Bass liegt, schreibt man eine Ziffer unter die Funktionsbezeichnung.
Der zweite Akkord ist ganz klar eine Subdominante mit Sixte ajoutée, also stehen 5 und 6 daneben.
Den A-Dur-Akkord in Takt 2 und den E-Dur-Akkord am Ende von Takt 3 fasse ich als Zwischendominanten auf, also wird der Buchstabe "D" in Klammern gesetzt und mit einem Bogen mit dem Bezugsklang verbunden. Das macht ihre Funktion klarer (darum sollte es in der Funktionstheorie ja gehen), als wenn ich sie als "TP" und "DP" (Tonikadurparallele beziehungsweise Dominantdurparallele) benannt hätte.
Unter dem zweiten Akkord in Takt 2 steht "Sp". Der erste Buchstabe bezeichnet den Bezugsklang (hier die Subdominante), der zweite den tatsächlichen Klang (die Mollparallele der Subdominante).
Der dritte Akkord in Takt zwei ist natürlich eine Doppeldominante mit Septime im Bass. Da Dominanten Durakkorde sind, braucht bei diesen Klängen nicht "3♯" daneben zu stehen.
Den dritten Akkord in Takt 3 habe ich als Dominantseptnonakkord ohne Grundton (deshalb ist das "D" durchgestrichen) interpretiert, auch wenn er nicht zur Tonika weiterführt. Man könnte auch behaupten, er sei ein Molldominantseptakkord mit tiefalterierter Quinte (d7♭5) als Zwischendominante zum folgenden E-Dur-Akkord, aber da dieser selber eine Zwischendominante ist...
Zweck
Die Funktionslehre nutzt man, um harmonische Dinge zu analysieren, also wenn man wissen oder zeigen möchte, was an einer interessanten Stelle passiert.
Sie benennt die Akkorde mit Bezug auf ihr tonales Zentrum. Wenn dieses verlassen, also
moduliert wird, sollte man das
entsprechend darstellen.
Ein
A-Dur-Akkord in C-Dur ist die Dominante der Dominante der Dominante, die mittlere folgt oben
dann auch zunächst als Mollakkord, wird dann in einen Durakkord umgewandelt, damit zur
Doppeldominante... wunderbare Wortungetüme, vollgepackt mit Bedeutung und Beziehungskisten! Mit
der Funktionslehre kann man knallhart Stellung beziehen und sich trefflich irren!
Generalbass oder Basso Continuo
Über dieser Linie von Basstönen muss man sich die Akkorde der vorigen Beispiele vorstellen. Die Akkorde fehlen, schließlich ist die Generalbassschrift eine Improvisations - Kurzschrift, die sich um das Jahr 1600 entwickelte.
Die Ziffern beziehen sich immer auf den vorhandenen Ton und die vorgezeichnete Tonleiter.
Steht unter (oder über) einem Basston nichts, muss man die leitereigene Terz und Quinte ergänzen. Wenn man einen vierstimmigen Akkord spielen möchte, muss man überlegen: liegt der Grundton im Bass, verdoppelt man diesen (spielt ihn im Akkord noch einmal), aber wenn zum Beispiel eine Dur-Terz der Basston ist, verdoppelt man lieber den Grundton des Dreiklangs, da sonst Quintparallelen drohen. Auch kleine Septimen sollte man ja korrekt weiterführen und deshalb lieber nicht verdoppeln.
Unter dem f stehen 6 und 5, also heißt der komplette Akkord
f, a, c, d. Ein ♯ unter dem
A heißt: erhöhe die Terz! Stünde unter dem ersten Basston ein
♭ finge die Zeile mit einem C-Moll-Akkord an.
Beim
C in Takt 2 bedeutet 2 4♯, dass Sekunde, erhöhte
Quarte und Sexte (die nicht dasteht, aber man weiß ja, dass der
Sekundakkord so
aussieht) der Begleitakkord sind. Die "6" unter dem nächsten Bass heißt einfach "hier ist die
Terz im Bass, also eine Terz und Sexte darüber packen". Da es eine Durterz, sogar der Leitton
zur Tonika ist, verdoppelt man die Sexte g, den Grundton des Klanges.
Die Akkorde für die rechte Hand des Tasteninstrument-Spielers oder für den Lautenisten wurden im Barock nicht ausgeschrieben, und es war auch nicht vorgegeben, welche und wie viele Instrumente spielen sollen. Im Grunde kann alles mitwirken, was Akkorde über eine Basslinie spielen kann. Eine Ausführung mit Gitarre könnte zum Beispiel so aussehen:
Aus Treulicher Unterricht im General-Baß von David Kellner, 1737
Moderne Ausgaben enthalten in der Regel eine Bearbeitung des Basso Continuo oder B.C. für Tasteninstrument, aber die Töne für die rechte Hand existieren im Original nicht, d.h. man darf sie wirklich verändern, wenn man improvisieren kann, oder etwas Schöneres ausgetüftelt hat, oder den Satz ausdünnen, falls der Herausgeber eine "Klaviersonate mit Blockflötenbegleitung" erstellt hat. Der gebildete Musiker des Barock setzte die Akkorde im Kopf zusammen und improvisierte die Begleitung dann. Beispiele für die "fehlende Klavierstimme" sieht man hier bei der Methodischen Sonate von Telemann oder im Kapitel über ungewöhnliche Taktarten.
Zweck
Die Generalbassschrift wurde vom Frühbarock bis in Klassik und Romantik
genutzt, um einfach zu notieren, was im Zweifelsfall als akkordische Begleitung improvisiert
werden kann. Das hat zum Beispiel noch Mozart gemacht, wenn er vom Tasteninstrument aus
Instrumentalkonzerte oder seine Opern geleitet hat. Heute erlernt man sie, um diese Musik
auszuführen.
Viele Generalbassschulen des Barock enthalten im Titel auch das Wort
"Komposition", das heißt diese Bücher wollten den Leser allgemein in die Musiktheorie einführen.
Akkordsymbole
In meinem Beispiel für Akkordsymbole habe ich die Harmonien der obigen Beispiele ein bisschen verändert um mehr akkordfremde Töne unterzubringen.
Zunächst mal würden die Akkordbezeichnungen nicht über ausgeschriebenen Akkorden stehen, sondern über einer Melodie oder bei der Keyboard- oder Bassstimme. Und normalerweise wechseln die Harmonien natürlich nicht so häufig wie in meinem konstruierten Beispiel. Ein braver Popsong kann mit 4 Akkorden auskommen oder dreizehn verschiedene enthalten...
Manche Dinge sind schwer zu lesen: beim dritten Akkord steht G5♯7, beim vorletzten G♯59. Bezieht sich im ersten Fall das Kreuz auf die Quinte oder die Septime? (Aus den Noten geht hervor, dass ein dis gemeint ist.) Wie schreibt man das richtig? In der Grifftabelle des New Real Book werden weitere oder unklare Ziffern in Klammern gesetzt, in der Praxis konnte ich oft nicht erkennen, ob ich D♭9 oder D♭9 aus der Handschrift entziffern sollte, besonders wenn alle drei Zeichen auf einer Höhe nebeneinander standen.
Der durchgestrichene Kreis über Akkord drei in Takt 3 heißt B half-diminished oder H halbvermindert. Da die Welt des Jazz und der Popmusik englisch spricht, hat man als deutschsprachiger Mensch bei der Kommunikation ständig das Problem, ob man "b" (sprich [bi:]) oder "h" zur Note h sagt. Spätestens wenn B♭ (sprich: [bi: flat]) als Akkordbuchstabe auftritt, wird man daran erinnert, das die Note H auf englisch ja B heißt...
Ein Kreis neben einem Akkordbuchstaben bedeutet übrigens "verminderter Dreiklang" oder Septakkord, was auch mit "dim" angegeben wird, und die "♯7" wird auch mit "maj7" oder "mj7" bezeichnet.
Zweck
Buchstabensymbole für Akkorde habe ich schon als Teenager über Songtexte
gekritzelt. Heute gibt es tonnenweise Webseiten, auf denen man alle möglichen Songs mit Akkorden
über den Texten findet, natürlich inzwischen mit Links zu als "Pro" gekennzeichneten Seiten, für
deren genauere Instruktionen man bezahlen muss, oder mindestens Tooltips, die den Gitarrengriff
anzeigen, außerdem TABs als
Ergänzung für Intros oder spezielle Begleitmuster.
Im ursprünglichen Real Book (illegal, da
es sich nicht um Urheberrechte kümmerte), das handschriftlich in den Siebzigern entstand, waren
die mehr oder weniger komplizierten Jazzharmonien über der Melodie, dem Leadsheat zu finden.
Nach dieser Notation kann eine ganze Combo spielen.
Hauptfunktionen: Tonika, Subdominante, Dominante
Funktionslehre
Mich interessiert in den nächsten Abschnitten vor allem die Funktionslehre, weil durch sie deutlicher und wertender Beziehungen zwischen den Klängen kommentiert werden. Die Stufentheorie geistert schon allein deshalb im Hintergrund immer herum, weil man ja ständig Zuordnungen wie "die Subdominante steht auf der 4. Stufe einer Tonleiter" macht.
Du siehst hier nochmals das erste Notenbeispiel des Abschnittes "leitereigene
Dreiklänge", diesmal mit den Akkordbuchstaben und den Funktionsbezeichnungen. Sieben Dreiklänge
sind schon eine ganze Menge - in den folgenden Abschnitten möchte ich mit den wichtigsten
beginnen, um dann immer mehr hinzuzufügen.
Bezeichnungen der Funktionslehre für
Umkehrungen findest du
hier.
Tonalität oder tonale Musik sind Begriffe mit fließenden Grenzen. Tonal sehr
einfache Stücke kommen mit wenigen Tönen meist einer Tonleiter und dementsprechend mit wenigen
Akkorden aus. Am anderen Ende der Skala steht die Musik der Spätromantik, wo in den späten
Klavierstücken von Brahms die Harmonik nicht mehr weit vom frühen Schönberg entfernt ist, der
die Tonalität dann mit der Dodekaphonie bekanntlich auflösen wollte.
Dass man für
kompliziertere Stücke in der Praxis immer mehr Akkorde braucht, versuche ich auf einer Seite
über "wahrscheinliche" Akkorde
darzustellen.
Hauptfunktionen
In einer Tonart sind die Hauptakkorde die der ersten, fünften und vierten Stufe. Grund hierfür ist wieder die aus der Obertonreihe resultierende Quintverwandtschaft. Diese Hauptfunktionen einer Tonart bilden auch die Kadenz, die im nächsten Abschnitt besprochen wird.
Der Dreiklang der ersten Stufe heißt
Tonika, die 5. Stufe heißt Dominante, die 4. Stufe
Subdominante.
"Tonika" bedeutet "dem Grundton zugehörig", "dominieren"
bedeutet "beherrschen", und die Vorsilbe "sub-" heißt "unter". Die Dominante ist also der andere
wichtige Dreiklang einer Tonart, und die Subdominante hat ihren Namen von der Tatsache, dass sie
spiegelverkehrt zur Dominante fünf Tonschritte unter dem Grundton anzutreffen ist. Natürlich
liegt sie auch vier darüber, deshalb sagt man, sie stehe auf der 4. Stufe.
In diesen drei Akkorden sind alle Töne der Durtonleiter enthalten, Grundton und Quinte sogar doppelt. Damit kann man theoretisch jeden Ton der Tonleiter auch begleiten.
Im Tongeschlecht Moll ist die Dominante in der "normalen Kadenz" ein Durakkord. Natürlich kann auch eine Molldominante verwendet werden, und die Subdominante kann als Durakkord erscheinen - daraus resultieren die verschiedenen Molltonleitern rein, melodisch und harmonisch.
Für die Funktionsbezeichnungen gibt es Abkürzungen: T für Tonika (hier C-Dur), S für die Subdominante F-Dur und D für die Dominante G-Dur. Für Durakkorde schreibt man Großbuchstaben, Funktionen in Moll kürzt man mit kleinen Buchstaben ab. Die Hauptfunktionen in Moll heißen also t, s und D.
Mit Dominanten und ihrer Auflösung, sowie mit charakteristischen Subdominanten befassen sich eigene Seiten.
Aufgabe:
Nenne diese Funktionen als Akkordbuchstaben und Töne.
Zeige mit der Maus auf die Frage, um die Antwort zu sehen.
Großbuchstaben bedeuten Dur-, kleine Buchstaben Mollakkorde. Bei
s in h wird also nach der
(Moll-)Subdominante in H-Moll gesucht.
- t in e
- D in F
- D in d
- s in a
- T in G
- S in F
- S in B
- t in h
- D in h
- T in B
- s in g
- D in D
- D in A
- s in c
- T in Es
- t in fis
- S in Es
- D in c
- S in E
- D in Cis
- t in f
- s in cis
- D in As
- T in E
- D in H
- s in b
- T in H
- D in b
- t in gis
- S in Des
- S in Fis
- s in es
- T in Fis
- D in es
- t in dis
- D in Ges
Die Kadenz
Wenn man eine Tonart "harmonisch umreißen" will, also
möglichst kurz und zusammenfassend darstellen (durch Töne, nicht durch Zeichen oder Worte), dann
spielt man eine Kadenz. Man braucht nicht zu denken, dass sie ein "Kunstprodukt" sei - viele
einfache Stücke benutzen wirklich nur die drei Harmonien der Kadenz, und Schlüsse innerhalb und
von Stücken werden meist durch eine Kadenz gestaltet. Sie ist also tatsächlich eine Quintessenz
harmonischen Geschehens.
Hier gibt es einen Abschnitt zur Rolle der Kadenz in der
Gehörbildung.
Die typische Kadenz in Dur (es gibt natürlich verschiedene) besteht aus der Abfolge T - S - D - T, (in Moll: t - s - D - t), und wird üblicherweise auf eine bestimmte Art und Weise gespielt, aufgeschrieben und gehört:
- Die Dreiklänge werden vierstimmig notiert, wobei man den Grundton verdoppelt.
- Die Stimmen bewegen sich in möglichst kleinen Schritten; gleiche Töne bleiben liegen.
- Der Bass fällt zweimal eine Quinte nach unten - daher hat das Ding auch seinen Namen (cadere ist lateinisch und heißt "fallen").
- Quint- und Oktavparallelen darf man nicht schreiben, weil unser Ohr diese als Obertöne hört, und dadurch die Mehrtimmigkeit gestört wird.
Punkt 4 ist natürlich ein Gesetz, dass für bestimmte Epochen unserer abendländischen Musikkultur gilt, und nicht automatisch auf die Musik Indiens, europäische Musik des 13. Jahrhunderts oder Rockmusik angewendet werden kann.
Kadenzlagen
Man kann jeden der drei Töne der Tonika am Anfang in die Oberstimme legen. Beginnt man mit dem Grundton in der Oberstimme, spricht man von der Oktavlage, und bei Terz oder Quinte im Diskant jeweils von Terz- bzw. Quintlage. Jede Stimme bewegt sich aber in allen drei Lagen gleich. Das kann man sehr schön verfolgen, wenn man die Stimmen mit Buntstiften schreibt.
Hier steht eine Kadenz in C-Dur in der Reihenfolge Oktavlage, Terzlage, Quintlage und Oktavlage.
Hier die Kadenz in C-Moll.
Wer ernsthaft Klavier spielt, lernt die beiden Notenbeispiele oben irgendwann in allen Tonarten zu spielen, tendenziell auch auswendig. Erweiterte Kadenzen in Dur und Moll findet man weiter unten, nach dem Abschnitt über Parallelen.
Kadenz auf der Gitarre
Unten habe ich die Kadenz so aufgeschrieben, dass man sie
relativ leicht auf der Gitarre spielen kann. Unter der C-Dur-Kadenz steht die
der Paralleltonart A-Moll. Sie enthält natürlich die Durdominante E-Dur; oben in der
C-Moll-Kadenz tauchte ja neben den C- Moll- und F-Moll-Dreiklängen schon die Dominante G-Dur
auf.
Der Bass sollte typischerweise so gehen wie im Klaviersatz oben, aber das klappt
wegen des Tonumfanges auf der Gitarre nicht immer. In der Quintlage der Durkadenz und der
Oktavlage der Mollkadenz hat er aber diese typische Stimmführung.
Wenn man also Klavier spielt, oder fließig übt, weil man ein Melodieinstrument als
Hauptinstrument spielt, darf man irgendwann Kadenzen in allen Tonarten und Lagen üben. Und
natürlich sollte man auch schreiben!
Auf der Gitarre ist die Ausführung nicht so einfach, einige Tonarten und Lagen sind
schlicht nicht machbar, aber ein bisschen probieren darf man schon. Auf alle Fälle kann man als
Gitarrist die korrekte Stimmführung
missachtend
einfach Standardakkorde zu Kadenzen gruppiert üben, um seine Kenntnisse über Kadenzen und Griffe
allgemein zu vertiefen!
Drei Übungen mit Kadenzfolgen rund um den Quintenzirkel für Gitarristen gibt es
hier.
Übung:
Schreibe Kadenzen in Oktav-, Terz- und Quintlage in diesen Tonarten:
D-Dur - G-Moll - As-Dur - Cis-Moll - H-Dur - B-Moll.
Schreibe mit Vorzeichen direkt vor den Noten, also ohne Vorzeichen an den Anfang der Zeile zu setzen.
Die Parallelen der Hauptfunktionen in Dur und Moll
Für die Harmonisierung vieler Lieder und Stücke reichen die drei Akkorde der Kadenz aus. Wenn man es etwas ausgefeilter braucht oder haben möchte, nimmt man die Mollparallelen hinzu: Die Tonikaparallele, die Dominantparallele und die Subdominantparallele. Jede Parallele eines Durdreiklangs steht, wie bei den Tonleitern bereits beschrieben, eine kleine Terz unter dem Bezugsklang, und beide haben jeweils zwei gemeinsame Töne.
Die Abkürzungen für die Funktionsbezeichnungen der Parallelen sind Tp, Sp und Dp. Der Großbuchstabe steht für den Ausgangsklang, der Kleinbuchstabe für die Parallele, die ja ein Molldreiklang ist.
Damit haben wir - bis auf den verminderten Dreiklang auf h (VII. Stufe) alle leitereigenen Dreiklänge vom Anfang dieser Seite beisammen. Auf ihn wird bei den Septakkordumkehrungen näher eingegangen, und auf der Seite über den Dominantseptakkord.
Übung:
Schreibe die Akkorde des Notenbeispiels oben in folgenden Tonarten:
D - F - E - As - H.
Schreibe mit Vorzeichen direkt vor den Noten, und schreibe die Akkordbuchstaben unter
die Dreiklänge.
Diese Übung ist natürlich nur ein kleiner Test. Bitte auf Zugfahrten oder bei Einschlafschwierigkeiten in allen Tonarten repetieren - Risiken sind nicht bekannt, als Nebenwirkung ergibt sich wohl sichere Beherrschung der Kadenzen...
Parallelen in Moll
Während die Parallele eines Durdreiklanges eine leitereigene Terz (kleine Terz) unter dem Grundton des Bezugsklanges steht, ist es in Moll umgekehrt: die Parallele steht eine kleine Terz oberhalb des Ausgangsklanges. Unten in der Grafik siehst du die Hauptharmonien in A-Moll und ihre Parallelen.
Achtung: eine "richtige" Dominante in Moll ist ein Durdreiklang (in A-Moll E-Dur), der den Leitton (hier: das gis) ins Geschäft bringt.
Als Parallele zur Dominante bildet man allerdings nicht die Dp, also die Mollparallele zur Dur-Dominante! Das wäre nämlich ein Cis-Moll-Dreiklang, und der hat in A-Moll nichts zu suchen. Statt dessen nimmt man die Parallele der Molldominante dP, also des Molldreiklanges auf der 5. Stufe. Dieser Akkord, der auf der 7. Tonleiterstufe steht, wird auch durchaus benutzt, zum Beispiel bei Liedern wie "What shall we do with the drunken sailor?".
Übung:
Schreibe die Grundakkorde wie oben in folgenden Molltonarten: e - g - h - c - fis.
Schreibe mit Vorzeichen direkt vor den Noten, und schreibe die Akkordbuchstaben unter die Dreiklänge.
Diese Akkorde sind die Grundausstattung für die Harmonisierung von Melodien in einer Tonart in Dur und Moll. Sie sind die nächsten Verwandten eines tonalen Zentrums.
Liedbeispiel mit Parallelen
Ein Beispiel dafür, dass eine einfache Harmonisierung mit drei Akkorden ausreicht, der Einsatz von Parallelen die Sache aber interessanter macht: das Lied "Schlaf, Kindchen, schlaf" mit zwei Harmonisierungen. In der oberen Reihe Akkordbuchstaben habe ich nur Tonika, Subdominante und Dominante verwendet, in der Reihe darunter auch die Parallelen dieser Akkorde.
Übung zu Hauptfunktionen und Parallelen
Hier folgt als nächstes zu T, S, D und ihren Parallelen, sowie zu t, s, d und deren Parallelen eine kleine
Aufgabe:
Nenne die Hauptfunktionen und ihre Parallelen als Akkordbuchstaben und Töne.
Zeige mit der Maus auf die Frage, um die Antwort zu sehen.
Großbuchstaben bedeuten Dur-, kleine Buchstaben Mollakkorde. Bei
sP in h wird also nach der
Durparallele der Mollsubdominante in H-Moll gesucht.
- D in C
- T in F
- S in G
- Tp in C
- Dp in C
- Sp in F
- s in a
- tP in d
- D in e
- sP in a
- dP in e
- t in h
- sP in g
- D in h
- s in h
- dP in g
- tP in h
- t in g
- D in D
- Tp in B
- Sp in D
- S in B
- T in B
- Tp in D
- S in Es
- D in fis
- sP in c
- dP in fis
- Tp in A
- tP in c
- D in Es
- t in fis
- T in A
- Sp in Es
- Dp in A
- s in fis
- Sp in As
- dP in cis
- t in f
- D in f
- tP in cis
- s in f
- T in As
- D in E
- Tp in E
- sP in f
- S in E
- Dp in As
- s in gis
- T in Des
- D in gis
- Sp in Des
- t in b
- S in H
- Dp in H
- tP in b
- D in Des
- Tp in H
- dP in gis
- sP in b
- D in Ges
- t in es
- Dp in Fis
- sP in dis
- T in Ges
- Tp in Fis
- s in dis
- S in Ges
- dP in es
- D in dis
- Sp in Fis
- sP in es